Es ist für den Bundesfinanzhof nicht klärungsbedürftig, dass § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bei richtlinienkonformer Auslegung keinen zu Freizeitzwecken erteilten Tennisunterricht erfasst.

Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist1. Ist zu einer Rechtsfrage bereits Rechtsprechung vorhanden, hat sich der Beschwerdeführer damit auseinanderzusetzen und zu erörtern, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf2. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung können grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen3.
Im hier entschiedenen Fall genügt die Beschwerdebegründung diesen Darlegungsanforderungen nicht. Der Tennislehrer hat schon keine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt, der grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll. Mit seinem Beschwerdevorbringen, dass Reichweite und Grenzen des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht“ noch nicht geklärt seien und es auch um die Frage der Reichweite richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gehe, legt er keine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage dar. Das gilt gleichermaßen, soweit der Tennislehrer geltend macht, dass die Möglichkeit der richtlinienkonformen Auslegung nach wie vor höchstrichterlich ungeklärt und zweifelhaft sei, und es ferner für klärungsbedürftig hält, ob die vom Finanzgericht vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG tragfähig sei. Auch seiner weiteren Stellungnahme läßt sich keine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage entnehmen.
Außerdem setzt sich der Tennislehrer mit seinem Beschwerdevorbringen nicht hinreichend damit auseinander, dass der Gerichtshof der Europäischen Union gesetzlicher Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für die Auslegung des Unionsrechts ist4, und aus dem Grundsatz der Unionstreue die Verpflichtung der nationalen Gerichte folgt, in den Grenzen des nach der innerstaatlichen Rechtsordnung methodisch Erlaubten diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer Richtlinie in der vom EuGH entschiedenen Auslegung entspricht5.
In dem zum Schwimmunterricht einer Schwimmschule ergangenen EuGH-Urteil Dubrovin & Tröger – Aquatics6 hat der EuGH entschieden, dass der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht“ i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), der unionsrechtlichen Grundlage für § 4 Nr. 21 Buchst. a und b UStG, nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasst, da dieser -wie es ebenso auf den vom Tennislehrer erteilten Tennisunterricht zutrifft- ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht ist, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt7. Der Tennislehrer, der zwar der Ansicht ist, dass Tennisunterricht etwas anderes als Schul- und Hochschulunterricht sei und entgegenstehende „Begrifflichkeiten“ einer richtlinienkonformen Auslegung entgegenstünden, legt jedoch nicht hinreichend dar, aus welchen Gründen bei der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nicht der vom EuGH getroffenen Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL zu folgen wäre, soweit das Tatbestandsmerkmal „unmittelbar dem Schulzweck dienenden Leistungen“ betroffen ist.
Ob im Lichte der Rechtsprechung des EuGH eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG dazu führt, dass zwar eine allgemeinbildende Einrichtung der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen dienen muss, dies für eine berufsbildende Einrichtung jedoch nicht gilt, ist eine bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage8. Diese wäre, hätte sie der Tennislehrer im Rahmen seines Beschwerdevorbringens aufgeworfen, vorliegend in einem Revisionsverfahren jedoch nicht klärbar. Zwar liegen im Streitfall für die Streitjahre entsprechende Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörden i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vor, so dass der Tennislehrer möglicherweise als berufsbildende Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sein könnte. Nach den i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befassten Finanzgerichts Berlin-Brandenburg9 gab es in den Streitjahren jedoch keine Kursteilnehmer, die der Tennislehrer tatsächlich im Hinblick auf berufliche Ambitionen (Profisportler, Lehrtätigkeit) ausgebildet hat. Außerdem hat das Finanzgericht festgestellt, dass der Tennisunterricht des Tennislehrers nach der Art der erbrachten Leistung nicht die Zielsetzung gehabt habe, zum Profitennisspieler auszubilden.
Die Revision ist nicht zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
Da das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung ist, kommt die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts aus denselben Gründen nicht in Frage10.
Die Revision ist weder wegen Divergenz noch wegen eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers des Finanzgerichts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.
Eine Divergenzrüge hat der Tennislehrer mit seiner Beschwerde nicht schlüssig erhoben.
Die Zulassung der Revision aus diesem Grund setzt voraus, dass das Finanzgericht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann, und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist11. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG, Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um auf diese Weise die behauptete Abweichung zu verdeutlichen12.
Eine Divergenz ist danach nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Der Tennislehrer macht zwar geltend, dass die Revision (i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen sei, da sie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung diene. Er legt jedoch schon keine tragenden und abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen FG, Urteil einerseits und aus genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits dar, die er gegenüberstellt.
Die Revision kann zwar nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO auch dann zuzulassen sein, wenn dem Finanzgericht ein so schwerwiegender Rechtsfehler unterläuft, dass eine greifbar gesetzwidrige oder willkürliche Entscheidung vorliegt, deren Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde und einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedarf13. Ein solcher Rechtsfehler des Finanzgerichts ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Tennislehrers aber nicht ersichtlich.
Ein derartiger Fehler liegt nur dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung des Finanzgerichts objektiv willkürlich oder zumindest greifbar gesetzwidrig ist. Diese Voraussetzungen sind nur dann erfüllt, wenn eine Entscheidung jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt, auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte, oder wenn das Finanzgericht eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder eine solche Vorschrift völlig unvertretbar ausgelegt hat14. Dabei ist eine Entscheidung (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht15. Eine bloße etwaige Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung oder eine fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles genügen nicht16.
Ausgehend davon liegt der vom Tennislehrer gerügte Verstoß des Finanzgerichts gegen das „Willkürverbot“ nicht vor. Die Auffassung des Finanzgerichts, dass Tennisunterricht als spezialisierter Unterricht nicht umsatzsteuerfrei ist, entspricht der oben genannten Rechtsprechung. Eine Leistung zur Aus- und Fortbildung liegt aus den genannten Gründen ebenfalls nicht vor.
Der Tennislehrer macht geltend, dass die vom Finanzgericht vorgenommene Auslegung des Freizeitsports willkürlich erscheine und es die vom BFH aufgestellten Grundsätze außer Betracht lasse sowie den Freizeitcharakter abweichend vom BFH definiere. Das Finanzgericht hat dahin erkannt, dass der Tennisunterricht des Tennislehrers Freizeitcharakter habe und sein Unterricht der Freizeitgestaltung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gedient habe. Diese Würdigung erscheint nicht „objektiv willkürlich“; sie ist aufgrund der vom Finanzgericht festgestellten Tatsachen möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Das Finanzgericht hat ausgeführt, dass der erteilte Tennisunterricht Freizeitcharakter habe, weil weder dem Vortrag des Tennislehrers noch aus den Akten zu entnehmen sei, dass die Kurse ihrer Art, der thematischen Zielrichtung und dem Teilnehmerkreis nach keine Kenntnisse vermittelten, die potentiell auch in der Zukunft beruflich genutzt werden könnten. Es hat ferner festgestellt, dass sich den Akten nichts entnehmen lasse, was darauf hindeute, dass der Tennislehrer in den Streitjahren tatsächlich jemanden im Hinblick auf berufliche Ambitionen ausgebildet habe.
Außerdem hat das Finanzgericht entschieden, dass die dem Tennislehrer erteilten Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörden i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in diesem Zusammenhang unbeachtlich seien, weil -was der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entspricht17- auch nach Erteilung einer solchen Bescheinigung vom Finanzgericht eigenständig zu beurteilen sei, ob die jeweiligen Leistungen unmittelbar dem Schul- oder Bildungszwecke dienen und ob es sich um eine allgemeinbildende bzw. berufsbildende Einrichtung handelt.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29. März 2022 – XI B 72/21
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 13.11.2019 – XI B 119/18, BFH/NV 2020, 367, Rz 8; vom 08.09.2020 – XI B 17/20, BFH/NV 2021, 185, Rz 9; vom 31.08.2021 – XI B 33/21, BFH/NV 2022, 247, Rz 9[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 21.01.2015 – XI B 88/14, BFH/NV 2015, 864, Rz 15; vom 05.07.2018 – XI B 17/18, BFH/NV 2018, 1139, Rz 13; in BFH/NV 2022, 247, Rz 9[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 13.03.2019 – XI B 97/18, BFH/NV 2019, 711, Rz 9; in BFH/NV 2020, 367, Rz 12; in BFH/NV 2022, 247, Rz 9[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.03.2021 – 2 BvR 1161/19, DStR 2021, 777, Rz 53[↩]
- vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 08.04.1987 – 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223; vom 17.11.2017 – 2 BvR 1131/16, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report 2018, 169, Rz 37 ff.; BFH, Urteile vom 19.01.2016 – XI R 38/12, BFHE 252, 516, BStBl II 2017, 567; vom 22.01.2020 – XI R 10/17, BFHE 268, 331, BStBl II 2020, 601, Rz 23 f.; BFH, Beschluss in BFH/NV 2022, 247, Rz 15[↩]
- EuGH, Urteil Dubrovin & Tröger – Aquatics vom 21.10.2021 – C-373/19, EU:C:2021:873[↩]
- EuGH, a.a.O., Rz 31; vgl. zum Fahrschulunterricht bereits zuvor EuGH, Urteil A & G Fahrschul-Akademie vom 14.03.2019 – C-449/17, EU:C:2019:202, Rz 29[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2021 – V R 31/21 (V R 32/18), DStR 2022, 491, Rz 17[↩]
- FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05. Juli 2021 – 7 K 7102/20[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. allgemein BFH, Beschlüsse vom 24.07.2017 – XI B 37/17, BFH/NV 2017, 1635, Rz 16; vom 21.03.2018 – XI B 113/17, BFH/NV 2018, 739, Rz 8; vom 18.02.2021 – III B 123/20, BFHE 272, 390, BStBl II 2022, 215, Rz 11; jeweils m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 09.09.2015 – II B 28/15, BFH/NV 2015, 1668, Rz 9; vom 12.06.2017 – III B 157/16, BFH/NV 2017, 1318, Rz 13; vom 30.06.2020 – II B 90/19, BFH/NV 2020, 1279, Rz 16; jeweils m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 30.01.2019 – II B 104/17, BFH/NV 2019, 401, Rz 9; vom 05.06.2019 – II B 21/18, BFH/NV 2019, 1253, Rz 11; vom 01.09.2020 – II B 17/20, BFH/NV 2021, 192, Rz 8; jeweils m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 09.04.2014 – XI B 10/14, BFH/NV 2014, 1099, Rz 18; vom 03.02.2021 – XI B 45/20, BFH/NV 2021, 673, Rz 20[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Beschlüsse vom 19.12.2019 – XI B 115/18, BFH/NV 2020, 340, Rz 19; in BFH/NV 2021, 673, Rz 20[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 19.05.2020 – VIII B 126/19, BFH/NV 2020, 1264, Rz 18; in BFH/NV 2021, 673, Rz 20[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2020, 367, Rz 15; in BFH/NV 2021, 673, Rz 20[↩]
- vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 08.10.2019 – XI B 49/19, BFH/NV 2020, 114, Rz 21[↩]