Bei der Übertragung von hälftigem Miteigentum ist der jeweilige Miteigentümer Leistungsempfänger, sodass für den Fall eines Verzichts gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerfreiheit keine Steuerschuld einer GbR nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG besteht.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall war streitig, ob das Finanzamt die klagende GbR, bestehend aus den Eheleuten G, als Steuerschuldner nach § 13b UStG in Anspruch nehmen konnte.
Die Eheleute G erwarben von der I-GmbH & Co. KG mit notariellen Kaufverträgen vom 20.08.2012 zwei noch zu errichtende Wohnungen in einem Seniorenpflege- und Seniorenwohnzentrum jeweils zu hälftigem Miteigentum als Anlageobjekte, wobei eine Vermietungsgarantie über 25 Jahre vereinbart wurde (§ 6 der notariellen Kaufverträge). § 5 Abs. 3 der notariellen Verträge enthielt zur Umsatzsteuer jeweils folgende Regelung: „Der Verkäufer verzichtet auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 2 UStG und weist darauf hin, dass für die Steuerschuld gemäß § 13 Abs. 1 b)) UStG der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist.“ Beabsichtigter Fertigstellungstermin zur Bezugsfertigkeit der Wohnungen war gemäß § 8 Abs. 2 der notariellen Kaufverträge der 01.10.2013. Die I-GmbH war nach § 10 Abs. 2 der Kaufverträge als Verwalterin der Wohnungen tätig und vermietete diese nach der Fertigstellung langfristig an sich selbst.
Das Finanzamt forderte im Mai 2015 die Eheleute G unter Hinweis auf § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG als Grundstückserwerber zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für 2012 auf. Diese teilten dem Finanzamt mit, dass sie die Umsatzsteuer seinerzeit an den Bauträger gezahlt hätten und eine Umsatzsteuererklärung aus ihrer Sicht nicht abzugeben sei, weil sie sich nicht als Unternehmer betrachteten. Daraufhin wies das Finanzamt darauf hin, dass sich die Steuerschuldnerschaft der Eheleute G aus § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG ergebe und die Umsatzsteuer auf den Verkauf der Immobilie nicht durch die Verkäuferfirma an das Finanzamt abgeführt worden sei. Die Eheleute G teilten dem Finanzamt mit, dass sie keine Umsatzsteuererklärung einzureichen hätten, da sie weder Unternehmer noch eine juristische Person seien. Am 09.10.2015 erließ das Finanzamt im Schätzungswege einen Umsatzsteuerbescheid für 2012. Den Bescheid adressierte das Finanzamt an die Wohnadresse der Eheleute G unter der Bezeichnung G-GbR.
Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid legten die Eheleute G Einspruch ein und begründeten diesen damit, dass der Bescheid fehlerhaft an eine GbR adressiert worden sei. Sie hätten keinen für eine grundstückserwerbende GbR in notarieller Form zu beurkundenden Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Sie hielten das Eigentum an den beiden Wohnungen lediglich als Bruchteilsgemeinschaft. Auch die Eigentumseintragung im Grundbuch sei nicht als GbR erfolgt. Zudem sei der Erwerb im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung erfolgt. Sie hätten von Anfang an eine steuerfreie Vermietung beabsichtigt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung änderte das Finanzamt den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zudem zu Ungunsten der GbRin ab und erhöhte die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der von den Eheleuten G vorgelegten Abrechnungen. Es hielt daran fest, dass die Eheleute G die beiden Eigentumswohnungen als GbR erworben hätten. Die GbR sei durch die Vermietung entstanden. Es liege keine Geschäftsveräußerung vor.
Auch die Klage zum Finanzgericht Düsseldorf hatte keinen Erfolg1. Nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf erwarben die Eheleute G die beiden Eigentumswohnungen als GbR, ohne dass der Erwerb zu Bruchteilseigentum durch die Eheleute und das Fehlen von Gesamthandseigentum der Annahme einer GbR entgegenstehe. Es liege keine Geschäftsveräußerung vor. Auf die Revision der GbR hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf auf, gab der Klage statt und hob den Umsatzsteuerbescheid auf:
lage und Revision sind von der GbRin zulässig eingelegt worden, da ihr gegenüber eine Steuerfestsetzung ergangen ist. Zur Beseitigung des Rechtsscheins eines gegen eine angebliche GbR gerichteten Steuerbescheids können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die (angeblichen) Gesellschafter im Namen der GbR Klage erheben2.
Die Revision der GbRin ist auch begründet. Das Urteil des Finanzgericht ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Bei der Übertragung von hälftigem Miteigentum ist der jeweilige Miteigentümer Leistungsempfänger, sodass für den Fall eines Verzichts gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerfreiheit keine Steuerschuld einer GbR nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG besteht. Daher ist das Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine zwischen den Eheleuten G bestehende GbR als Leistungsempfänger Steuerschuldner für den Erwerb der Miteigentumsanteile ist. Eine Umdeutung des angefochtenen Steuerbescheids in einen gegenüber den Eheleuten G als Einzelunternehmer ergangenen Steuerbescheid kommt nicht in Betracht.
Die GbRin ist nicht Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG.
Nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG entsteht die Steuer für steuerpflichtige Umsätze, die unter das GrEStG fallen, mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats. Steuerschuldner ist nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG der Leistungsempfänger unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen.
Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich entsprechend allgemeinen Grundsätzen, die auch bei Anwendung von § 13b UStG zu beachten sind3, nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Dies gilt auch für § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG. Die dort als unter das GrEStG fallend bezeichneten Umsätze sind im selben Umfang gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Dabei verweisen beide Vorschriften insbesondere auf § 1 Abs. 1 GrEStG, der einen Rechtsvorgang voraussetzt, der sich auf ein inländisches Grundstück bezieht, wobei sich dieser Rechtsvorgang im Streitfall nach dessen Nr. 1 aus einem Kaufvertrag ergibt, der einen Anspruch auf Übereignung begründet.
Die Steuerpflicht und damit auch die Steuerschuld des Leistungsempfängers beruhen bei diesem einen Kaufvertrag voraussetzenden Umsatz auf dem Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG. Auch hier kommt es auf einen die Steuerbarkeit begründenden Kaufvertrag an, da der Verzicht gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG in dem gemäß § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs notariell zu beurkundenden Vertrag zu erklären ist.
Im Regelungszusammenhang von § 4 Nr. 9 Buchst. a i.V.m. § 9 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2, § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG ist es entgegen dem Urteil des Finanzgericht nicht möglich, die Person des Steuerschuldners abweichend von dem nach diesen Vorschriften maßgeblichen Kaufvertrag zu bestimmen.
Daher liegen im Streitfall mehrere Leistungen vor, die an den jeweiligen Ehegatten als Leistungsempfänger im Umfang des auf ihn übertragenen Miteigentumsanteils erbracht wurden, sodass in Bezug auf den einzelnen Miteigentumsanteil der jeweilige Ehegatte, nicht aber eine (von den Ehegatten gebildete) GbR als Leistungsempfänger anzusehen ist.
Die Steuerfestsetzung ist auch nicht in eine gegenüber den Ehegatten G als Gesamtschuldner ergangene Steuerfestsetzung umzudeuten.
Zwar kann es nach dem BFH-Urteil vom 07.05.20204 in Betracht kommen, dass es sich bei einer gegenüber Miteigentümern ergangenen Steuerfestsetzung um einen zusammengefassten Steuerbescheid i.S. von § 155 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung handelt.
Das hierfür erforderliche Gesamtschuldverhältnis liegt aber nicht vor. Dies ergibt sich aus der grunderwerbsteuerrechtlich geprägten Betrachtungsweise, die § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG zugrunde liegt.
Danach ist jeder Ehegatte grunderwerbsteuerrechtlich als Erwerber der Hälfte des Grundstücks anzusehen, wenn beide Ehegatten ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist Schuldner nur der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer, ohne dass Gesamtschuldnerschaft besteht. Ein Grunderwerbsteuerbescheid, der in einem derartigen Fall ohne sonstige Erläuterung an beide Ehegatten gerichtet ist, genügt nicht dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit5.
Maßgeblich ist hierfür, dass der Miteigentumsanteil Grundstück im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne ist und dementsprechend die Miteigentümer jeweils für sich Steuerschuldner in Bezug auf ihren Miteigentumsanteil sind, was auch gilt, wenn der Eigentümer ein Grundstück an mehrere Erwerber veräußert, die das Eigentum als Miteigentümer zu Bruchteilen erwerben, sodass dann so viele Steuerfälle vorliegen, wie Miteigentümer beteiligt sind6.
Ebenso ist es bei § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG, die hier für die Bestimmung des Umsatzes wie auch für die des Steuerschuldners an das GrEStG anknüpfen. Der Erwerb jeweils hälftigen Miteigentums führt daher -anders als bei einer gemeinsamen Vermietung durch zwei Miteigentümer7- nicht zu einer Gesamtschuld.
Die Sache ist spruchreif. Auf die Frage, ob die KG in den Kaufverträgen einen Verzicht nach § 9 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 UStG überhaupt wirksam erklärt hat, obwohl auf diese Regelungen trotz notarieller Beurkundung nicht verwiesen wird, kommt es nicht an. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Leistungen durch Übertragung der Miteigentumsanteile bereits im Streitjahr (2012) erfolgt sind.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. November 2021 – V R 44/20
- FG Düsseldorf, Urteil vom 16.09.2020 – 5 K 1048/17 U, AO, EFG 2021, 315[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 30.04.2007 – V B 194/06, BFH/NV 2007, 1523; vom 13.11.2003 – V B 49/03, BFH/NV 2004, 360; vom 06.02.1997 – V B 157/96, BFH/NV 1997, 459; und vom 05.03.2010 – V B 56/09, BFH/NV 2010, 1111[↩]
- BFH, Urteil vom 10.12.2020 – V R 7/20, BFHE 272, 177, Rz 28[↩]
- BFH, Urteil vom 07.05.2020 – V R 1/18, BFHE 270, 146[↩]
- BFH, Urteile vom 12.10.1994 – II R 63/93, BFHE 176, 1, BStBl II 1995, 174, Leitsatz; und vom 31.08.1994 – II R 82/93, BFH/NV 1995, 437, Leitsatz[↩]
- Bartone in Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, § 13 Rz 8, und Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl., § 13 Rz 72 und 74[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 270, 146[↩]
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- Finanzgericht Düsseldorf Sitzungssaal: Justiz NRW