Umsätze aus der entgeltlichen Weitergabe von Versicherungsbestätigungskarten sind nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfrei.

Gemäß § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler befreit.
§ 4 Nr. 11 UStG dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MWSt-SystemRL1. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.
Ob jemand Versicherungsmakler ist, hängt vom Inhalt seiner Tätigkeit ab2. In richtlinienkonformer Auslegung befreit § 4 Nr. 11 UStG Umsätze aus einer „Versicherungsvermittlungstätigkeit“. Dafür ist wesentlich, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen3. Die Vermittlung kann in einer Nachweis, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Nicht steuerfrei sind hingegen Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, als Subunternehmer den Versicherer bei den ihm selbst obliegenden Aufgaben zu unterstützen, ohne Vertragsbeziehungen zu den Versicherten zu unterhalten4. Der Begriff „dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden“ in Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG umfasst Dienstleistungen der Berufsausübenden, die zugleich mit dem Versicherer und dem Versicherten in Verbindung stehen5. Dabei muss diese Verbindung nicht unmittelbar bestehen6. Es genügt, wenn der Versicherungsvermittler zu dem Versicherungsunternehmen eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen unterhält, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht7. Das folgt aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wonach die Wirtschaftsteilnehmer befugt sind, das Organisationsmodell zu wählen, das ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen am ehesten entspricht, ohne Gefahr zu laufen, eine Steuerbefreiung zu verlieren. Hierzu gehört auch die Befugnis, die Dienstleistungen eines Versicherungsvertreters i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG in verschiedene Dienstleistungen aufzuteilen, die ihrerseits steuerfrei sind, wenn es sich bei der einzelnen Leistung um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllt8.
Nach diesen Grundsätzen hat die Unternehmerin nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfreie Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsmakler ausgeführt. Sie hat die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungsleistung erfüllt, indem sie durch den An- und Verkauf von Deckungskarten eine entscheidende Ursache für das Zustandekommen von Versicherungsverträgen zwischen den Versicherern und den Versicherungsnehmern gesetzt hat. Sie hat Versicherer und Versicherungsnehmer zusammen gebracht, indem sie den Versicherungsnehmern einen Nachweis über einen Versicherer, der Versicherungsschutz anbietet, erbracht und den Kontakt zu diesem hergestellt hat. Das genügt für eine Vermittlungstätigkeit, die durch eine Nachweis- und Kontaktaufnahmetätigkeit gekennzeichnet ist.
Dass die Unternehmerin die Deckungskarten nicht unmittelbar von den Versicherungsunternehmen, sondern von anderen Unternehmern erworben hat, steht dabei der Annahme einer Tätigkeit als Versicherungsmakler ebenso wenig entgegen wie der nur mittelbare Kontakt der Unternehmerin zu den Versicherungsnehmern im Falle des Verkaufs von Deckungskarten an fremde Prägestellen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Juli 2014 – V R 9/13
- Richtlinie des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG vom 28.11.2006; bis 31.12 2006 Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates 77/388/EWG vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -Richtlinie 77/388/EWG-[↩]
- EuGH, Urteile vom 03.04.2008 – C-124/07, J.C.M. Beheer, Slg. 2008, I-2101 Rdnr. 17; und vom 03.03.2005 – C-472/03, Arthur Andersen, Slg. 2005, I-1719 Rdnr. 32[↩]
- EuGH, Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719 Rdnr. 36; BFH, Urteil vom 28.05.2009 – V R 7/08, BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80[↩]
- EuGH, Urteile vom 20.11.2003 – C-8/01, Taksatorringen, Slg. 2003, I-13711 Rdnr. 44; J.C.M. Beheer in Slg. 2008, I-2101 Rdnr.20[↩]
- EuGH, Urteil J.C.M. Beheer in Slg. 2008, I-2101 Rdnr. 26[↩]
- EuGH, Urteil J.C.M. Beheer in Slg. 2008, I-2101 Rdnr. 29; BFH, Urteil in BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80[↩]
- EuGH, Urteil J.C.M. Beheer in Slg. 2008, I-2101 Rdnrn. 27, 28; BFH, Urteile in BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80; vom 30.10.2008 – V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554[↩]