Umsatzsteuer beim Factoring

Tritt ein Unternehmer eine Forderung aus einem Umsatzgeschäft gegen einen unter dem Nennwert der Forderung liegenden Forderungskaufpreis ab, mindert sich hierdurch nicht die Bemessungsgrundlage für die an den Schuldner des Entgelts ausgeführte Leistung. Das Entgelt bestimmt sich nach den Zahlungen der Kunden des Unternehmers an den Forderungserwerber.

Umsatzsteuer beim Factoring

Tritt ein Unternehmer eine Forderung aus einem Umsatzgeschäft gegen einen unter dem Nennwert der Forderung liegenden Forderungskaufpreis ab, mindert sich hierdurch nicht die Bemessungsgrundlage für die an den Schuldner des Entgelts ausgeführte Leistung1.

Bei dem „Entgelt“, dessen Vereinnahmung bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG für den Unternehmer die Steuerschuld begründet, handelt es sich um das Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG. Zum Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG2. Danach ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen … „alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“.

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Trotz der zwischen § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden Formulierungsunterschiede führen beide Regelungen zum selben Ergebnis, da weder § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG die Berücksichtigung der Sicht des Leistenden verbietet noch Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG eine Berücksichtigung der Aufwendungen des Leistungsempfängers ausschließt3.

Dementsprechend richtet sich die Höhe des Entgelts nach dem zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt4.

Bestimmen sich Höhe und Umfang des Entgelts nach dem zwischen den Parteien des Leistungsaustausches bestehenden Rechtsverhältnis, ist eine Abtretung des dem leistenden Unternehmer zustehenden Entgeltanspruchs an einen Forderungserwerber für die Bestimmung des Entgelts ohne Bedeutung.

Durch eine Vereinbarung, an der der Leistungsempfänger nicht beteiligt ist, kann das zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehende Rechtsverhältnis nicht geändert werden. Tritt daher der leistende Unternehmer seine Forderung aus dem seiner Leistung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft ohne Beteiligung des Leistungsempfängers an einen Forderungserwerber für einen unter dem Nennwert der abgetretenen Forderung liegenden Kaufpreis ab, sind Abtretung und Verkauf der Forderung für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ohne Bedeutung. Hierdurch wird die erforderliche Übereinstimmung zwischen dem vom Unternehmer zu versteuernden und dem vom Leistungsempfänger aufgewendeten Entgelt gewährleistet5.

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Der von Wagner6 vertretenen Auffassung, nach der im Falle der Übernahme des Ausfallrisikos durch den Forderungserwerber (sog. echtes Factoring) „das Schicksal der Entgeltsforderung nur noch ein Inkassobüro, nicht aber den Lieferer [berührt]“ und eine „Nicht- oder Minderzahlung des Leistungsempfängers an das Inkassounternehmen nicht zur Vorsteuerberichtigung, sondern nur zur Wertberichtigung beim Inkassounternehmer [führt]“, so dass „Besteuerung des Lieferers und Vorsteuerabzug auf Grund der Nennwertveräußerung an das Inkassobüro im neutralen Gleichgewicht [bleiben]“, schließt sich der Bundesfinanzof nicht an7.

Hiergegen spricht bereits, dass weder das nationale Umsatzsteuerrecht noch die Richtlinie 77/388/EWG eine Rechtsgrundlage für eine „Wertberichtigung beim Inkassounternehmer“ im Fall einer Abweichung zwischen Forderungskaufpreis und tatsächlicher Zahlung des Leistungsempfängers enthalten. Veräußert der Unternehmer seinen Entgeltanspruch im Rahmen eines Forderungsverkaufs, obliegt es ihm im Übrigen, mit dem Forderungserwerber einen Auskunftsanspruch hinsichtlich des Umfangs der Zahlungen des Leistungsempfängers zu vereinbaren. Ob sich ein derartiger Informationsanspruch bei der Abtretung von Forderungen aus steuerpflichtigen Umsatzgeschäften bereits nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus einer vertraglichen Nebenpflicht des Forderungserwerbers ergibt8, hat der Bundesfinanzhof im Streitfall nicht zu entscheiden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Mai 2010 – V R 15/09

  1. BFH, Urteil vom 27.05.1987 – X R 2/81, BFHE 150, 375, BStBl II 1987, 739[]
  2. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG[]
  3. EuGH, Urteil vom 15.05.2001 – C-34/99, Primback Ltd., Slg. 2001, I-3833, BFH/NV Beilage 2001, 173 Rdnr. 43; BFH, Urteil vom 19.10.2001 – V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210[]
  4. vgl. BFH, Urteile in BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210; und vom 16.01.2003 – V R 36/01, BFH/NV 2003, 667; vgl. auch EuGH, Urteil Primback in Slg. 2001, I-3833, BFH/NV Beilage 2001, 173 Rdnr. 25[]
  5. vgl. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 12.01.2006 – V R 3/04, BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479[]
  6. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 10 Rz 173 f.[]
  7. vgl. Schuhmann in Rau/Dürrwächter, UStG, § 10 Rz 65 „Forderungsabtretung“; ebenso Stadie, UStG, Kommentar 2009, § 10 Rz 30[]
  8. vgl. z.B. BGH, Urteil vom 14.11.1984 – IVa ZR 179/82, NJW 1986, 423[]
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