Die Einspruchsfrist von einem Monat beginnt bereits mit dem Eingang der Umsatzsteuerjahreserklärung bei dem Finanzamt zu laufen, sofern die Steueranmeldung nicht zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Umsatzsteuer oder zu einer Steuervergütung führt.

Die Umsatzsteuerjahreserklärung des Klägers für 2013 ist eine Steueranmeldung i.S. des § 167 AO. Da sie weder zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer noch zu einer Steuervergütung führte, stand sie gemäß § 168 Satz 1 AO ohne weiteres einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Der Einspruch gegen eine Steueranmeldung, die -wie hier- nicht zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung führt und deshalb keiner Zustimmung bedarf, ist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 AO innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde einzulegen. § 356 AO, der für den Beginn der Frist für die Einlegung des Einspruchs eine Rechtsbehelfsbelehrung voraussetzt, ist dabei auf die Steueranmeldung, die keiner Zustimmung bedarf, nicht anzuwenden1.
Die Finanzgerichte haben bei ihrer Sachentscheidung die fristgemäße Einlegung des Einspruchs als materiell-rechtliche Vorfrage zu beachten, weil die gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt erhobene Klage -ohne weitere Sachprüfung- unbegründet ist2.
So auch in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall:
Da die Umsatzsteuerjahreserklärung des Klägers für 2013, die nicht zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung führte, am 07.07.2015 beim damals zuständigen Finanzamt D einging, endete die Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 AO mit Ablauf des Freitag, den 07.08.2015 (§ 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alternative 1 BGB). Der Einspruch des Klägers vom 19.08.2015 war demnach verfristet. Dabei ist der „gegen die Abrechnung zur Umsatzsteuer für 2013“ gerichtete Einspruch bei verständiger Würdigung als Einspruch gegen die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Umsatzsteueranmeldung zu verstehen, weil die Abrechnung als bloße Kassenmitteilung kein Verwaltungsakt und daher nicht mit einem Rechtsbehelf anfechtbar ist3.
Der verfristete Einspruch ist hier auch nicht ausnahmsweise als -nicht fristgebundener- Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO auszulegen oder umzudeuten, sodass die Einspruchsentscheidung nicht hätte ergehen dürfen4. Dem steht bereits die Eindeutigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs entgegen5. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigen des Klägers vom 19.08.2015 enthält keinen Hinweis darauf, dass anstelle des ausdrücklich eingelegten Einspruchs ein nicht fristgebundener Änderungsantrag hätte gestellt werden sollen. Vielmehr sollte mit dem Schreiben gerade „fristgerecht“ Einspruch eingelegt werden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. November 2021 – V R 38/19
- BFH, Urteil vom 13.11.2008 – V R 24/06, HFR 2009, 817, unter II. 1.b aa[↩]
- BFH, Urteil vom 11.07.2017 – IX R 41/15, BFH/NV 2018, 185, Rz 14; BFH, Beschluss vom 27.04.2011 – III B 207/10, BFH/NV 2011, 1184, Rz 8[↩]
- vgl. allgemein BFH, Beschluss vom 26.10.2009 – II B 58/09, BFH/NV 2010, 174, unter II. 1.[↩]
- vgl. allgemein BFH, Urteil in HFR 2009, 817[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 21.07.2005 – VIII B 77/05, BFH/NV 2005, 1861[↩]