Die Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG entsteht auch bei einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer.

Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG). Unionsrechtlich beruht dies auf Art.203 MwStSystRL, wonach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, die Mehrwertsteuer schuldet.
Ein unrichtiger Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer für Leistungen, die -wie hier nach Auffassung des Klägers- einer Steuersatzermäßigung unterliegen, auf der Grundlage des Regelsteuersatzes Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt.
Das Erteilen von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes hat zur Folge, dass, selbst wenn die abgerechnete Leistung gesetzlich einer Steuersatzermäßigung unterliegt, über eine Steuerentstehung in geringerer als in der Rechnung für die Leistung ausgewiesenen Höhe, erst aufgrund einer Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung1 zu entscheiden ist.
Dies gilt nach dem Wortlaut von § 14c Abs. 1 UStG auch, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis an Nichtunternehmer erteilt wird. Dass Rechnungen i.S. des § 14c UStG dann nach den gesetzlichen Bedingungen des § 15 Abs. 1 UStG nicht zu einem Vorsteuerabzug führen können, steht dem nicht entgegen, da auch hier aufgrund der Rechnungserteilung die Gefahr des Abzugs einer gesetzlich nicht geschuldeten Steuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) besteht. So ist es nicht nur bei rechtlichen Zweifelsfragen in Bezug auf das Bestehen einer Unternehmereigenschaft des Rechnungsempfängers, sondern auch bei einer Rechnungserteilung an eine Person, die im Hinblick auf ihre persönlichen Lebensumstände als „Verbraucher“ handelt, gleichwohl aber in anderer Hinsicht, z.B. als Vermieter oder Betreiber einer Photovoltaikanlage oder als eBay-Verkäufer umsatzsteuerrechtlich Unternehmer sein kann, so dass sich auch hier eine Gefährdung des Steueraufkommens ergeben kann.
Dementsprechend ordnen § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG an, dass das dort vorgesehene Berichtigungsverfahren zur Beseitigung einer Gefährdung des Steueraufkommens auch dann anzuwenden ist, wenn „ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt“ worden ist. Dies erfasst auch die Rechnungserteilung an Nichtunternehmer. Der Bundesfinanzhof hat dabei nicht zu entscheiden, ob dieses Berichtigungsverfahren auch in anderen Fällen des § 14c Abs. 1 UStG als durch dessen Satz 3 angeordnet -alternativ neben § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG- zur Anwendung kommen kann. Denn der Kläger hat den für die Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG erforderlichen schriftlichen Antrag (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG), der sich auf näher zu bezeichnende Rechnungen beziehen muss, nicht gestellt, so dass auch nicht die weiter notwendige Zustimmung des Finanzamt vorliegen kann. Damit kommt es auch nicht auf die zeitliche Zuordnung der Berichtigung (vgl. hierzu Abschn. 14c.2 Abs. 5 Satz 6 USt-AE) an.
Gegen das Berichtigungserfordernis bestehen keine Zweifel im Hinblick auf das Unions- oder das Verfassungsrecht.
Der EuGH sieht es als zulässig an, das Entfallen einer Steuerschuld aufgrund einer Rechnungserteilung von einer Berichtigung abhängig zu machen. Er geht davon aus, dass „es grundsätzlich nicht über das zur Erreichung des Ziels, die Gefährdung des Steueraufkommens vollständig auszuschließen, Erforderliche hinausgeht, die Berichtigung der zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer davon abhängig zu machen, dass diese Rechnung berichtigt wird2. Der EuGH begründet dies mit folgender Erwägung: „Da sowohl eine berichtigte Rechnung als auch eine Gutschrift dem Dienstleistungsempfänger klar anzeigen, dass im fraglichen Mitgliedstaat keine Mehrwertsteuer geschuldet wird und der Empfänger daher insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann mit einer solchen Bedingung grundsätzlich sichergestellt werden, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist“3. Zudem billigt der EuGH den Mitgliedstaaten ein Regelungsermessen zu4.
Das Erfordernis einer Rechnungsberichtigung besteht unionsrechtlich auch für den Fall einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer. Der EuGH hat hier zu einem Steuerausweis in der Rechnung eines Nichtunternehmers (Arbeitnehmers) gegenüber einem Nichtunternehmer (Arbeitgeber des Rechnungsausstellers), entschieden, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und daher „die Darlegung des guten Glaubens des Ausstellers der Rechnung nicht erforderlich [ist], um den zu Unrecht in Rechnung gestellten Betrag zu berichtigen“5. Der EuGH folgert hieraus, dass die Richtlinie dann der „Rückerstattung“ nicht entgegensteht6. Danach können die Mitgliedstaaten die ihnen in diesem Bereich zustehenden Regelungsbefugnisse7 dahingehend ausüben, dass das Berichtigungserfordernis auch bei einer Rechnungserteilung mit Steuerausweis an Nichtunternehmer besteht. Für eine dem Wortlaut des § 14c Abs. 1 UStG widersprechende Auslegung, nach der es in derartigen Fällen auf der Grundlage dieses EuGH, Urteil an einem Steuerausweis oder einem Berichtigungserfordernis fehlen soll8, besteht somit keine Rechtfertigung.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen EuGH-Rechtsprechung, nach der es der Finanzverwaltung verboten ist, dem Erbringer einer steuerfreien Leistung auf der Grundlage einer nationalen Rechtsvorschrift zur Umsetzung von Art.203 MwStSystRL die Erstattung der einem Kunden fälschlich in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer mit der Begründung zu versagen, dass er die fehlerhafte Rechnung nicht berichtigt habe. Denn dies bezieht sich auf eine nationale Besonderheit, nach der „dem Kunden das Recht auf Abzug dieser Steuer von der Finanzverwaltung endgültig versagt wurde und dies zur Folge hat, dass die im nationalen Recht vorgesehene Berichtigungsregelung nicht mehr anwendbar ist“9. Damit geht es hier nur um den Fall, dass bei „der Berichtigung einer fehlerhaften Rechnung die fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer erstattet werden kann, gleichzeitig aber eine Rechnungsberichtigung endgültig ausscheidet, wenn dem Leistungsempfänger das Vorsteuerabzugsrecht aus dieser Rechnung versagt wurde“10. Eine derartige Einschränkung der Rechnungsberichtigungsmöglichkeit sieht das nationale Recht nicht vor, so dass „die Entscheidung des EuGH keine Auswirkungen auf das deutsche Recht“ hat11.
Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts12, die sich auf die Rechtslage vor der im Streitfall maßgeblichen Neuregelung in § 14c UStG durch Art. 5 Nr. 18 i.V.m. Art. 25 Abs. 4 des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15.12 200313 bezieht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Dezember 2018 – V R 4/18
- BFH, Urteil vom 12.10.2016 – XI R 43/14, BFHE 255, 474, Leitsatz 3[↩]
- EuGH, Urteil Stadeco vom 18.06.2009 – C-566/07, EU:C:2009:380, Rz 47[↩]
- EuGH, Urteil Stadeco, EU:C:2009:380, Rz 42[↩]
- EuGH, Urteil Stadeco, EU:C:2009:380, Rz 35[↩]
- EuGH, Urteil Karageorgou vom 06.11.2003 – C-78/02 bis – C-80/02, EU:C:2003:604, Rz 52[↩]
- EuGH, Urteil Karageorgou, EU:C:2003:604, Rz 52[↩]
- EuGH, Urteil Karageorgou, EU:C:2003:604, Rz 49[↩]
- so Oldiges, Der Betrieb 2017, 1233, und dem folgend Korn, in Bunjes, UStG, 17. Aufl.2018, § 14c, Rz 13[↩]
- EuGH, Urteil Rusedespred vom 11.04.2013 – C-138/12, EU:C:2013:233, Rz 35 und 21[↩]
- Nieskens, UStB 2013, 43[↩]
- Nieskens, a.a.O.[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 05.05.1992 – 2 BvR 271/92, Information StW 1992, 431[↩]
- BGBl I 2003, 2645[↩]