Der im landwirtschaftlichen Betrieb verwendete Sattelanhänger – und die Kfz-Steuer

Sattelanhänger, die hinter einer landwirtschaftlich genutzten Zugmaschine ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb verwendet werden, sind nicht nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG von der Steuer befreit.

Der im landwirtschaftlichen Betrieb verwendete Sattelanhänger – und die Kfz-Steuer

Der Sattelschlepper ist in diesem Fall weder als ein begünstigter Kraftfahrzeuganhänger hinter einer Zugmaschine noch als ein begünstigtes Sonderfahrzeug i.S. des § 3 Nr. 7 Sätze 1 und 2 KraftStG zu qualifizieren.

Nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ist von der Steuer befreit das Halten von Zugmaschinen (ausgenommen Sattelzugmaschinen), Sonderfahrzeugen, Kraftfahrzeuganhängern hinter Zugmaschinen oder Sonderfahrzeugen und einachsigen Kraftfahrzeuganhängern (ausgenommen Sattelanhänger, aber einschließlich der zweiachsigen Anhänger mit einem Achsabstand von weniger als einem Meter), solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Gemäß § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG gelten als Sonderfahrzeuge Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit ihnen fest verbundenen Einrichtungen nur für die bezeichneten Verwendungszwecke geeignet und bestimmt sind.

Der Sattelanhänger ist kein begünstigter Kraftfahrzeuganhänger. Für das Hauptzollamt steht aufgrund der Feststellungen der Zulassungsbehörde bindend fest, dass der Anhänger ein Sattelanhänger ist. Sattelanhänger sind nicht nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG von der Steuer befreit.

Seit dem Verkehrsteueränderungsgesetz vom 05.12.20121 ist die Feststellung von Fahrzeugklassen und Aufbauarten durch die Zulassungsbehörde gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer verbindlich. Die durch die Zulassungsbehörde in den Fahrzeugpapieren dokumentierte Feststellung bezüglich Fahrzeugklasse und Aufbauart stellt damit einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO dar, an den die Zollverwaltung bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden ist, soweit keine anderweitige Regelung (vgl. z.B. § 18 Abs. 12 KraftStG) getroffen wird2.

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Die Zulassungsbehörden stellen die Fahrzeugklasse und die Aufbauart entsprechend dem „Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern“ des Kraftfahrtbundesamts (KBA-Verzeichnis) fest. Das KBA-Verzeichnis dient der einheitlichen Erfassung der gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 7 Buchst. a der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr in den Fahrzeugregistern zu speichernden und in den Fahrzeugpapieren zu erfassenden Daten. In diesem Verzeichnis sind im Abschn. A unter Teil A 1A die von den Zulassungsbehörden verwendeten EG-Fahrzeugklassen und in Teil A 1B die nationalen Fahrzeug- und Aufbauarten ausgewiesen

Laut Zulassungsbescheinigung Teil – I ist der Sattelanhänger verkehrsrechtlich als Sattelanhänger (Fahrzeugklasse O4, Aufbauart DA; weiter zu Fahrzeugklasse und Aufbau: „SANH KIPPER OFF. KASTEN (54 0200 …)“) klassifiziert3. Da das KraftStG keine eigenständigen Regelungen zur Bestimmung von Sattelanhängern enthält, ist das Hauptzollamt kraftfahrzeugsteuerrechtlich an diese Einordnung gebunden.

Als Sattelanhänger klassifizierte Fahrzeuge sind nicht steuerbefreit, selbst wenn sie hinter einer landwirtschaftlich genutzten Zugmaschine ausschließlich zu solchen Zwecken verwendet werden.

Der BFH hat bereits zu § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG 1979 -ohne zwischen den verschiedenen Anhängerarten zu differenzieren- allgemein ausgeführt, dass Sattelanhänger keine nach dieser Vorschrift begünstigten Kraftfahrzeuganhänger sind4. Diese Auffassung wird auch im Fachschrifttum vertreten5. Die Ausführungen der Klägerin veranlassen den Bundesfinanzhof zu keinem abweichenden Verständnis des § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG in der im Streitfall geltenden Fassung.

Auch wenn § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG -bei wörtlicher Lesart- einleitend vier steuerbegünstigte Alternativen erwähnt, regelt diese Norm mit Blick auf ihre Gesetzessystematik und Gesetzgebungshistorie gleichwohl nicht vier, sondern nur drei begünstigte Fahrzeugarten (Fallgruppen), nämlich

  1. Zugmaschinen (ausgenommen Sattelzugmaschinen),
  2. Sonderfahrzeuge und
  3. die näher beschriebenen Kraftfahrzeuganhänger.
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So hieß es noch in § 2 Nr. 6 Satz 1 KraftStG 1961, dass von der Steuer befreit ist das Halten von „Zugmaschinen, Sonderfahrzeugen und Anhängern hinter Zugmaschinen oder Sonderfahrzeugen, solange die Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden“. Die Steuerbefreiung betraf daher drei Fallgruppen. Diese Systematik ist durch das Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17.03.19646 nicht verändert worden. Vielmehr wurde die dritte Fallgruppe der steuerbegünstigten Kraftfahrzeuganhänger um die einachsigen Kraftfahrzeuganhänger -ohne für diese Anhänger auf die Art des ziehenden Fahrzeugs abzustellen- erweitert, gleichzeitig die dritte Fallgruppe jedoch insgesamt durch den Klammerzusatz (ausgenommen Sattelanhänger) eingeschränkt7. Nach den Gesetzgebungsmaterialien sollten Sattelanhänger generell nicht begünstigt sein7. Diese Systematik wurde unverändert in das KraftStG 19798 übernommen. Es hat sich lediglich die Reihenfolge der Paragraphen geändert; aus § 2 Nr. 6 KraftStG 1964 wurde § 3 Nr. 7 KraftStG 1979. Schließlich wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Förderung schadstoffarmer Personenkraftwagen vom 22.12.19899 geregelt, dass zu den begünstigten einachsigen Anhängern auch die zweiachsigen mit einem Achsabstand von weniger als einem Meter gehören10. Danach bezieht sich der im Klammerzusatz geregelte Ausschluss der Sattelanhänger von der Steuerbefreiung insgesamt auf die dritte Fallgruppe der Anhänger.

Für dieses Gesetzesverständnis spricht auch der Sinn und Zweck des § 3 Nr. 7 KraftStG. So hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, welches dazu führte, dass in § 2 Nr. 6 KraftStG 1964 Sattelanhänger ausdrücklich ausgenommen wurden, geäußert, dass die Steuerbefreiung „[…] nach ihrem Sinn und Zweck so weit wie nur möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben“ soll11. Im Interesse dieser Beschränkung sollten Sattelzugmaschinen und Sattelanhänger nicht begünstigt sein. Anderenfalls käme deren Einbeziehung insbesondere gewerblichen Unternehmen zugute12. Der Gesetzeszweck gebietet es daher, den Ausschluss der Sattelanhänger von der Steuerbefreiung auf alle in § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG genannten Kraftfahrzeuganhänger zu erstrecken.

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Es besteht auch kein Bedürfnis, § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG im Sinne des von der Klägerin als zutreffend erachteten Gesetzesverständnisses auszulegen. Sie bringt zwar sinngemäß vor, es bestehe kein sachlicher Grund dafür, zwischen einem (begünstigten) zwei- oder dreiachsigen Kraftfahrzeuganhänger hinter einem Ackerschlepper und einem (nicht begünstigten) zwei- oder dreiachsigen Sattelanhänger hinter einem solchen Schlepper zu unterscheiden. Hierin liegt aber kein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem -ohne hinreichende sachliche Differenzierung- eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen hingegen vorenthalten wird13. Denn die angestrebte Beschränkung der Steuerbegünstigung auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der für diese Zwecke typisierend angeordnete Ausschluss der Sattelanhänger rechtfertigen die im Gesetz vorgenommene Differenzierung. Zwar darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren14. Anhaltspunkte dafür, dass die dem Ausschluss zugrunde liegende Typisierung zwischenzeitlich nicht mehr realitätsgerecht sein könnte, bestehen jedoch nicht. Im damaligen Gesetzgebungsverfahren wurde darauf hingewiesen, dass diese Einschränkung für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft ohne Bedeutung sei11. Dem lag die realitätsgerechte Annahme zugrunde, dass Sattelanhänger typischerweise in gewerblichen Unternehmen Verwendung finden. Zwar mag es zutreffen, dass Sattelanhänger -anders als in den 1960er Jahren- heute vermehrt in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt werden. Gleichwohl würde bei Einbeziehung der Sattelanhänger in die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG die -vom Gesetzgeber bezweckte- strenge Fokussierung dieser Begünstigung auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft gelockert, ohne dass dies verfassungsrechtlich geboten wäre. Denn nach dem unwidersprochenen und für den Bundesfinanzhof nachvollziehbaren Vortrag des Hauptzollamtes werden Sattelanhänger nach wie vor überwiegend in gewerblichen Betrieben eingesetzt. Danach wären auch heute noch gerade gewerbliche Unternehmen begünstigt, die Sattelanhänger im Rahmen eines nach § 3 Nr. 7 KraftStG begünstigten Verwendungszwecks einsetzen. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass die streitige gesetzliche Typisierung nicht mehr realitätsgerecht ist und deshalb § 3 Nr. 7 Satz 1 KraftStG einer verfassungskonformen Auslegung im Sinne der Klägerin bedarf. Abgesehen davon sind Sattelanhänger nicht ausnahmslos von der Begünstigung ausgeschlossen; sie können als Sonderfahrzeuge i.S. des § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG von der Steuer befreit sein.

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Ebenso ist es dem Bundesfinanzhof nicht möglich, den Wortlaut des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass die fehlende Begünstigung der Sattelanhänger nur die einachsigen Kraftfahrzeuganhänger betrifft. Denn die fehlende Begünstigung der Sattelanhänger ist vom Gesetzeszweck gedeckt. Damit scheidet eine teleologische Reduktion aus15. Ergänzend weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass der Bundesfinanzhof mit Urteil in BFHE 264, 517 das für die gegenteilite Ansicht zitierte Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14.03.201816 aufgehoben und eine Steuerbefreiung für die in diesem Fall streitige Sattelzugmaschine nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG abgelehnt hat.

Der Sattelanhänger ist auch kein kraftfahrzeugsteuerrechtliches Sonderfahrzeug.

Kraftfahrzeuganhänger können steuerbegünstigte Sonderfahrzeuge i.S. des § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG sein17.

Der Begriff des steuerbegünstigten „Sonderfahrzeugs“ wird (ausschließlich) in § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG definiert. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG ändert hieran nichts. Denn für solche Fahrzeuge sind in verkehrsrechtlicher Hinsicht keine spezifischen Fahrzeugklassen und Aufbauarten festgelegt, die für die Zollbehörden verbindlich sein könnten18.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gelten als Sonderfahrzeuge nur solche Fahrzeuge, die sich objektiv nur für den begünstigten Zweck eignen, ohne dass bei ihnen eine anderweitige „sinnvoll-praktische“ Verwendung tatsächlich in Betracht kommt, es sei denn, diese andere Verwendung erscheint angesichts der Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs entgegen seiner vorgegebenen Bestimmung und eigentlichen Eignung „völlig zweckfremd“19. Daher sind Fahrzeuge, die auch außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (nicht nur völlig zweckfremd) verwendet werden können, selbst dann keine Sonderfahrzeuge, wenn sie tatsächlich nur in dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet werden20.

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Danach ist der Sattelanhänger kein Sonderfahrzeug. Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass dieser Anhänger auch sinnvoll in einem gewerblichen Unternehmen außerhalb eines nach § 3 Nr. 7 KraftStG begünstigten Verwendungszwecks zur Beförderung anderer Güter eingesetzt werden kann.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. November 2020 – IV R 36/19

  1. BGBl I 2012, 2431[]
  2. zum Ganzen BFH, Urteil vom 21.02.2019 – III R 20/18, BFHE 264, 517, Rz 13[]
  3. vgl. dazu KBA-Verzeichnis, Stand: März 2020, Teil A 1A, S. 28 und Teil A 1B, S. 56[]
  4. BFH, Urteil vom 05.10.1993 – VII R 43/93, BFH/NV 1994, 577, unter II. 2.[]
  5. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rz 74, 83; Egly/Mößlang, Kraftfahrzeugsteuer-Kommentar, 3. Aufl., S.198[]
  6. BGBl I 1964, 145[]
  7. BT-Drs. IV/1690, S. 2[][]
  8. BGBl I 1979, 132[]
  9. BGBl I 1989, 2436[]
  10. vgl. dazu BT-Drs. 11/5676, S. 14; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rz 83 am Ende[]
  11. BT-Drs. IV/1690, S. 1, 2[][]
  12. vgl. dazu BFH, Urteil in BFHE 264, 517, Rz 19[]
  13. zu dieser Art des Gleichheitsverstoßes z.B. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, Rz 78[]
  14. z.B. BVerfG, Beschluss vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082, Rz 127, m.w.N.[]
  15. zu dieser Methode vgl. z.B. BFH, Urteil vom 05.11.2002 – IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646, unter II. 1.b ee bbb[]
  16. FG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2018 – 8 K 3180/16 Verk[]
  17. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rz 83[]
  18. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rz 78[]
  19. z.B. BFH, Urteil vom 16.07.2014 – II R 39/12, BFHE 246, 380, Rz 10, m.w.N.[]
  20. vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rz 78[]
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