Einbringung schenkweise erhaltener Gesellschaftsanteile in eine Kommanditgesellschaft – und die Anteilsvereineigung

Eine Anteilsvereinigung ist nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt. Wird erst nach der Schenkung der Anteile aufgrund weiterer Rechtsvorgänge der grunderwerbsteuerliche Tatbestand erfüllt, ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nicht gerechtfertigt.

Einbringung schenkweise erhaltener Gesellschaftsanteile in eine Kommanditgesellschaft – und die Anteilsvereineigung

Bei der Anteilsvereinigung in der Hand einer Gesamthandsgemeinschaft aufgrund einer Einbringung von Gesellschaftsanteilen wird nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i.S. des § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall teilte der Alleininhaber einer grundbesitzenden GmbH seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 DM in vier Teilgeschäftsanteile zu je 12.500 DM auf und verschenkte diese Teilgeschäftsanteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seine vier Töchter. Nach dem Übetragungsvertrag waren die Töchter verpflichtet, binnen einer Frist von drei Monaten ab dem Tag der Beurkundung ihre schenkweise übertragenen Teilgeschäftsanteile in eine GmbH & Co. KG einzubringen, und zwar „entweder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich“. Nach dem Übertragungsvertrag war der Schenker bei nicht fristgerechter Erfüllung berechtigt; vom Vertrag zurückzutreten und das Geschenkte zurückzufordern. An der GmbH & Co.KG waren die Töchter zu je 25 % als Kommanditistinnen beteiligt. Mit notariell beurkundetem Einbringungsvertrag übertrugen die Töchter ihre Teilgeschäftsanteile an der GmbH auf die GmbH & Co. KG und traten die Anteile an diese ab. Für die Einbringung der Geschäftsanteile erhielten sie keine Gegenleistung. Der Wert der Anteile wurde auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagekonto verbucht.Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Einbringung erfülle den Tatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Dafür sei die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG nicht zu gewähren, da die Anteilsvereinigung nicht mit der Annahme der Schenkung vollzogen worden sei.

Weiterlesen:
Grunderwerbsteuer für eingebrachte Grundstücke

Das Finanzgericht Düsseldorf wies die gegen den Grunderwerbsteuerbescheid gerichtete Klage als unbegründet ab1. Der Bundesfinanzhof bestätgigte dies nun und wie auch die Revision als unbegründet zurück:

Die Einbringung der Anteile an der GmbH in die GmbH & Co. KG ist ein nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Erwerbsvorgang.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen2.

Im Streitfall ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Der Einbringungsvertrag vom 23.01.2009 begründet den Anspruch auf Übertragung sämtlicher Anteile an der grundbesitzenden GmbH. Danach war die GmbH & Co. KG alleinige Anteilseignerin der grundbesitzenden GmbH. Der damit verbundene (fiktive) Erwerb der Grundstücke der GmbH durch die GmbH & Co. KG ist steuerbar.

Die Anteilsvereinigung ist nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von der Besteuerung ausgenommen. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist auch auf eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG anzuwenden, die auf einer schenkweisen Übertragung von Gesellschaftsanteilen beruht. In einem solchen Fall liegt zwar keine Grundstücksschenkung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Denn der Schenkungsteuer unterliegt nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile. Grunderwerbsteuerrechtlich ist jedoch der fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber steuerbar. Dieser fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke beruht ebenso wie der Erwerb der Gesellschaftsanteile auf einer Schenkung3.

Weiterlesen:
Der Subunternehmer als Besitzdiener - und die Energiesteuer

Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt -die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft- gegeben ist, der sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung ist -zur Vermeidung der Doppelbelastung- insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruht4.

An einer Doppelbelastung eines Lebenssachverhalts fehlt es indes, wenn die freigebige Zuwendung des Gesellschaftsanteils für sich noch keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG auslöst. Da die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer an einzelne Rechtsvorgänge anknüpft, ist dabei jeder einzelne Vorgang isoliert zu betrachten. Wird erst nach der Schenkung der Anteile aufgrund weiterer Rechtsvorgänge der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG erfüllt, ist eine Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG über seinen Wortlaut hinaus nicht gerechtfertigt. In diesen Fällen unterliegt nicht derselbe Rechtsvorgang sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer. Vielmehr unterliegen unterschiedliche Rechtsvorgänge (zum einen) der Schenkungsteuer und (zum anderen) der Grunderwerbsteuer.

Im Streitfall beruht die Anteilsvereinigung in der Hand der GmbH & Co. KG nicht auf einer freigebigen Zuwendung der Teilgeschäftsanteile an der grundbesitzenden GmbH.

Die Einbringung der Teilgeschäftsanteile durch die Töchter als Kommanditistinnen ist durch deren Gesellschaftsverhältnis veranlasst und (damit) keine freigebige Zuwendung. Eine Zuwendung, die in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck steht, ist nach ständiger Rechtsprechung als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als freigebige Zuwendung an die Gesellschaft zu beurteilen5.

Weiterlesen:
Besteuerung von Sportwetten

Die Einbringung der Anteile ist auch keine Vollziehung einer Auflage nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Diese Vorschrift greift nur in den Fällen ein, in denen die Zuwendung des Erstbeschenkten an den Auflagenbegünstigten als unmittelbare Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Auflagenbegünstigten anzusehen ist6. Die GmbH & Co. KG ist jedoch nicht Auflagenbegünstigte, denn bei einer Schenkung an eine Gesamthandsgemeinschaft sind für die Schenkungsteuer die Gesamthänder als vermögensmäßig bereichert anzusehen7. Danach haben die Töchter die von A schenkweise übertragenen Teilgeschäftsanteile in Vollzug der Auflage nicht an einen Dritten (weiter)übertragen, sondern lediglich von ihrem Privatvermögen in das ihnen ebenfalls zuzurechnende Gesamthandsvermögen überführt.

Die durch die Anteilsvereinigung in der Hand der GmbH & Co. KG entstandene Grunderwerbsteuer ist nicht nach § 5 Abs. 1 GrEStG ganz oder teilweise nicht zu erheben.

Nach § 5 Abs. 1 GrEStG wird die Steuer nicht erhoben, wenn ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) übergeht, und zwar soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht. Dasselbe gilt nach § 5 Abs. 2 GrEStG, wenn ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergeht. § 5 GrEStG ist grundsätzlich auf alle steuerbaren Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG anwendbar, auch auf die fiktiven Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG8.

Weiterlesen:
Erwerb eigener Anteile durch die grundbesitzende GmbH - und die Anteilsvereinigung

§ 5 GrEStG gilt danach auch, wenn ein Gesellschafter, der zu mindestens 95 % an einer grundbesitzenden GmbH beteiligt ist, die Anteile an der GmbH auf eine Gesamthandsgemeinschaft überträgt9. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG stellt nämlich den Erwerb der (in einer Hand vereinigten) GmbH-Anteile dem Erwerb der Grundstücke, die der GmbH zwar zivilrechtlich gehören, die dem Gesellschafter aufgrund der Anteilsvereinigung aber grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind, gleich10. Folglich ist die Grunderwerbsteuer in diesen Fällen in dem Umfang nicht zu erheben, in dem der Gesellschafter der GmbH an der Gesamthandsgemeinschaft beteiligt ist11.

Diese Rechtsprechung zur Übertragung der bereits vereinigten Anteile (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG) auf eine Gesamthand ist auf eine erst in der Person der Gesamthand eintretende Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) nicht anwendbar10. § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG stellen den Übergang von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft einem Grundstückserwerb gleich. Diese grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion rechtfertigt es, bei einer Übertragung aller (bereits vereinigten) Anteile auf eine Gesamthand die Steuervergünstigung des § 5 GrEStG zu gewähren12. In den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) in der Hand der Gesamthandsgemeinschaft wird hingegen nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i.S. des § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden13.

Weiterlesen:
Gesellschafterauseinandersetzung und Grunderwerbsteuer

Die zu § 3 Nr. 2 GrEStG ergangene Rechtsprechung ist auf § 5 Abs. 1 GrEStG nicht übertragbar. Zwar wird die Anwendung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auf die Fälle der Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG damit begründet, dass grunderwerbsteuerrechtlich der fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber steuerbar ist4. § 3 Abs. 2 GrEStG will jedoch eine doppelte Besteuerung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer einerseits und Grunderwerbsteuer andererseits vermeiden. Nur deshalb ist es gerechtfertigt, dem rechtstechnischen Anknüpfungspunkt „Grundstücksschenkungen unter Lebenden“ bei einer schenkweise Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft keine Bedeutung zuzumessen14. Demgegenüber tragen §§ 5 und 6 GrEStG dem Umstand Rechnung, dass Gesamthandsgemeinschaften eigene Rechtsträger sind, obwohl in ihnen nur das Vermögen ihrer Gesellschafter gesamthänderisch gebunden ist. Beide Vorschriften haben somit eine unterschiedliche Zielrichtung.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist § 5 Abs. 1 GrEStG auf den Streitfall nicht anwendbar.

Durch die Übertragung der Anteile an der GmbH auf die GmbH & Co. KG ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Die Anteile waren, nachdem A sie auf seine Töchter übertragen hatte, nicht mehr in einer Hand vereinigt. Die Grundstücke der GmbH waren den Töchtern grunderwerbsteuerrechtlich nicht zuzurechnen, da keine von ihnen zu mindestens 95 % an der GmbH beteiligt war. Die (erneute) Anteilsvereinigung in der Hand der GmbH & Co. KG gilt als Erwerb der Grundstücke von der GmbH und nicht von den Töchtern. Diese Rechtslage ist mit der Übertragung von Miteigentumsanteilen auf eine Gesamthand nicht vergleichbar.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Februar 2017 – II R 52/14

  1. FG Düssedorf, Urteil vom 16.07.2014 – 7 K 1910/13 GE[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil in BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793, Rz 12, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793, Rz 15; vgl. Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 3 Rz 119 f.[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793, Rz 15[][]
  5. BFH, Urteil vom 20.01.2016 – II R 40/14, BFHE 252, 453, Rz 12[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 17.02.1993 – II R 72/90, BFHE 171, 316, BStBl II 1993, 523[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 14.09.1994 – II R 95/92, BFHE 176, 44, BStBl II 1995, 81[]
  8. vgl. BFH, Urteile vom 02.04.2008 – II R 53/06, BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544; und vom 19.02.2009 – II R 49/07, BFHE 225, 1, BStBl II 2009, 932; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 5 Rz 13[]
  9. vgl. BFH, Beschluss vom 19.04.1972 – II B 36/71, BFHE 105, 302, BStBl II 1972, 590; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 17[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544[][]
  11. Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 17[]
  12. vgl. BFH, Urteile vom 16.01.2002 – II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053; in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 17; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 5 Rz 13[]
  13. vgl. BFH, Urteil in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544, m.w.N.[]
  14. vgl. BFH, Urteil in BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793, Rz 16[]
Weiterlesen:
Grunderwerbsteuererstattung in der Insolvenz