Für einen Grundsteuererlass nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG muss die Ertragslosigkeit des Grundstückes gerade darauf beruhen, dass zwischen dem öffentlichen Erhaltungsinteresse und der Unrentabilität ein Kausalzusammenhang besteht [1]. Darin liegt weder ein Verstoß gegen die steuerliche Belastungsgleichheit noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist die Grundsteuer zu erlassen für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen.
Im vorliegenden Fall liegt die Erhaltung des streitgegenständlichen Wasserturms wegen dessen Bedeutung für Kunst und Geschichte im öffentlichen Interesse. Gleichzeitig unterschreiten die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile auch in der Regel die jährlichen Kosten, so dass das Grundstück unrentabel ist.
Des Weiteren muss nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts [2] zwischen dem öffentlichen Erhaltungsinteresse und der Unrentabilität ein Kausalzusammenhang bestehen. Das Bundesverwaltungsgericht hält an dieser Rechtsauffassung fest, die auch inzwischen allgemein in Rechtsprechung und Literatur anerkannt worden ist [3]. Die Ertragslosigkeit des Grundstückes muss gerade darauf beruhen, dass dem Grundstückseigentümer im öffentlichen Interesse, hier nach den denkmalschutzrechtlichen Vorschriften, Belastungen auferlegt werden, die ihn in seiner Verfügungsbefugnis über das Grundstück so beschränken, dass es unrentierlich ist [4]. Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Gesetzes. Mit der wörtlichen Verknüpfung der beiden Erlassvoraussetzungen durch die Konjunktion „wenn“ ergibt sich die Notwendigkeit eines Ursachenzusammenhangs als Tatbestandsmerkmal [5]. Zum anderen entspricht diese Auslegung dem Grundsteuererlass bei Nutzung von Gebäuden im öffentlichen Interesse nach § 32 Abs. 2 GrStG. Dort ist der Ursachenzusammenhang eindeutig benannt: „Ist der Rohertrag… durch die Benutzung… gemindert…“. Es wäre kaum nachvollziehbar, dass der vollständige Grundsteuererlass nach § 32 Abs. 1 GrStG unabhängig von jedem Kausalzusammenhang gewährt werden sollte, während der Teilerlass nach § 32 Abs. 2 GrStG ihn eindeutig fordert [6].
Zudem ergibt sich das Kausalitätserfordernis aus dem Sinn und Zweck der Erlassregelung im Gesamtgefüge des Gesetzes. Die Grundsteuerpflicht hängt, weil die Grundsteuer als eine ertragsunabhängige Objektsteuer konzipiert ist, grundsätzlich nicht von der Ertragskraft des Grundbesitzes ab, weshalb der Erlass der Grundsteuer bei einem ertraglosen Grundstück besonderer Gründe bedarf. Diese besonderen Gründe liegen in der Beschränkung auf Ertragsminderungen oder ‑schwächen, die gerade auf die Kultureigenschaft und die durch sie bedingten Einschränkungen zurückzuführen sind [7].
Hiervon ausgehend genügt es nicht, dass der Denkmalschutz – wie im vorliegenden Fall des Erwerbs eines von vornherein unrentablen Denkmalobjekts aus „Liebhaberei“ – die vorhandene Unrentabilität nur verschärft. Im Gegenteil liegt dann der Mangel des erforderlichen Ursachenzusammenhangs auf der Hand [8]. Es verstößt nicht gegen das Gebot der Besteuerungsgleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Grundsteuer zwar dann erlassen wird, wenn ein Objekt aufgrund des Denkmalschutzes unrentabel wird, nicht aber dann, wenn ein Denkmal, wie etwa der hier in Rede stehende Wasserturm, von vornherein unrentabel ist. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Sachverhalte, für deren Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund besteht. Die Privilegierung des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG soll denjenigen Grundstückseigentümer, der ohne denkmalschutzrechtliche Beschränkungen mit seinem Grundstück einen Ertrag erwirtschaften könnte, für die Lasten entschädigen, die er dadurch zu tragen hat. Derjenige, der von vornherein ein ertragsloses Grundstück erwirbt und nicht beabsichtigt, daraus Erträge zu ziehen, trägt auch keine zusätzliche Last. Dessen Heranziehung zur Grundsteuer trotz Wahrnehmung auch im öffentlichen Interesse liegender Aufgaben des Denkmalschutzes entspricht auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn der Denkmaleigenschaft und der fehlenden Nutzungsmöglichkeit kann durch eine – vom Berechtigten zu beantragende – Neufestsetzung des Einheitswertes Rechnung getragen werden, die sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirkt (vgl. hier § 129 BewG i.V.m. § 52 f. Bewertungsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik i.d.F. vom 18.09.1970 [9] i.V.m. §§ 41, 45 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz vom 02.02.1935 [10]) [11].
Dies zugrunde gelegt verneint das Bundesverwaltungsgericht im hier entschiedenen Fall die erforderliche Kausalität: Diese ist nur dann gegeben, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Nutzungsentscheidung des Eigentümers, eine wirtschaftliche Nutzung als realistische Möglichkeit in Betracht gekommen wäre, die aber durch die Denkmaleigenschaft verhindert wird [12]. Dies im Einzelnen vorzutragen, ist Sache des Eigentümers. Das Tatsachengericht ist nicht verpflichtet, die denkmalschutzrechtlichen Bindungen bzw. die baulichen Möglichkeiten ohne derartige Bindungen von sich aus aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO) [13]. An entsprechenden substantiierten Darlegungen der Eigentümerin fehlt es hier; diese hat vielmehr noch ausdrücklich bekräftigt, dass es ihr um eine kommerzielle Nutzung des Wasserturms nicht gehe.
Die Streitsache ist unbeschadet der durchgreifenden Zweifel, die der Bundesfinanzhof ab einem bestimmten Stichtag an der Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Einheitsbewertung hegt [14], entscheidungsreif. Die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung hätte keinen Einfluss auf das hier in Streit stehende Verfahren. Denn Streitgegenstand sind hier nicht die Grundsteuerbescheide, die auf den bestandskräftigen Grundlagenbescheiden Einheitswertfestsetzung und Steuermessbetragsfestsetzung beruhen. Streitgegenstand ist hier vielmehr allein der geltend gemachte Anspruch auf Erlass der Grundsteuer. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Grundsteuererlass gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG besteht, gelten unbeschadet der verfassungsrechtlichen Beurteilung des derzeitigen Systems der Einheitsbewertung.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5. Mai 2015 – 9 C 6.2014 -
- Bestätigung von BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133[↩]
- vgl. etwa BFH, Beschluss vom 08.09.2005 – II B 129/04 16; Hess. VGH, Beschluss vom 15.05.2012 – 5 A 705/12.Z 6; BayVGH, Beschluss vom 07.07.2014 – 4 ZB 13.1567 14; schon früher für den Kausalzusammenhang Nenstiel, BVerwGtZ 1993, 41, 44[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, 140, vgl. auch Nenstiel, BVerwGtZ 1993, 41, 45[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, 139[↩]
- so schon Nenstiel, BVerwGtZ 1993, 41, 43 f.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, 140[↩]
- so bereits BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, 142[↩]
- Sonderdruck Nr. 674 des Gesetzblattes[↩]
- RGBl. I S. 81, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 08.12 1944, RGBl I S. 338[↩]
- vgl. hierzu etwa BFH, Urteile vom 02.04.2008 – II R 59/06, BFHE 225, 482 zum Einheitswert für ein denkmalgeschütztes Wasserschloss im Beitrittsgebiet; und vom 14.05.2003 – II R 14/01, BFHE 202, 371 zur Abgrenzung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, 141[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 – 8 C 23.97, Buchholz 401.4 § 32 GrStG Nr. 4 S. 9, insoweit in BVerwGE 107, 133 nicht abgedruckt[↩]
- s. BFH, Vorlagebeschluss vom 22.10.2014 – II R 16/13, BFHE 247, 150[↩]