Festsetzungsfrist in der Grunderwerbsteuer – und die Verletzung der Anzeigepflicht

§ 19 GrEStG begründet eine gesetzliche Anzeigepflicht i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.

Festsetzungsfrist in der Grunderwerbsteuer – und die Verletzung der Anzeigepflicht

Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO u.a. dann, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Bestimmungen gelten gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auch für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Die bei Verletzung der Anzeigepflicht eintretende Anlaufhemmung verhindert, dass der Steuerpflichtige durch -ggf. gezielt- verspätete Abgabe der Anzeige den Handlungszeitraum des Finanzamts verkürzt1.

§ 19 GrEStG begründet eine gesetzliche Anzeigepflicht i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO2. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStG müssen Steuerschuldner Anzeige erstatten über schuldrechtliche Geschäfte, die auf die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft gerichtet sind, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört. Anzeigepflichtig ist auch die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrEStG).

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Die Anzeige ist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 GrEStG an das für die Besteuerung zuständige Finanzamt zu richten. Gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG ist die Anzeige eine Steuererklärung i.S. der AO. Sie ist nach § 19 Abs. 5 Satz 2 GrEStG schriftlich abzugeben. Die nach § 19 GrEStG zu erstattende Anzeige muss den in § 20 GrEStG vorgeschriebenen Inhalt haben und insbesondere das Grundstück nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer bezeichnen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG).

Die grunderwerbsteuerrechtliche Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG besteht unabhängig davon, ob und inwieweit die Beteiligten erkannt haben, dass der Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer unterliegt, bzw. wussten, dass insoweit eine Anzeigepflicht besteht3. Die Anlaufhemmung einer Festsetzungs- oder Feststellungsfrist tritt deshalb unabhängig von subjektiven Merkmalen schon bei objektiver Anzeigepflichtverletzung ein4, also unabhängig davon, ob die Erwerberin selbst subjektive Kenntnis von der Erfüllung des Besteuerungstatbestands der Anteilsvereinigung hatte.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. September 2017 – II R 41/15

  1. BFH, Beschluss vom 17.08.2009 – II B 172/08, BFH/NV 2009, 1970, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 23.05.2012 – II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579, Rz 11[]
  3. BFH, Urteil vom 29.07.2009 – II R 58/07, BFH/NV 2010, 63, unter II. 2.b bb, m.w.N.[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 12.06.1996 – II R 3/93, BFHE 180, 474, BStBl II 1996, 485, unter II. 3.b, m.w.N.[]
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