Grunderwerbsteuer bei Übernahme von Erwerbsnebenkosten durch den Veräußerer

Hat sich der Verkäufer eines Grundstücks dazu verpflichtet, dem Erwerber die Erwerbsnebenkosten zu erstatten, vermindert sich die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die zu erstattenden Kosten mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer.

Grunderwerbsteuer bei Übernahme von Erwerbsnebenkosten durch den Veräußerer

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hatte sich der Veräußerer im notariellen Kaufvertrag abweichend vom Üblichen und der gesetzlichen Regel in § 448 Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Käufer die Notargebühren und die Kosten für die Eintragung in das Grundbuch zu erstatten. Nachdem der Käufer die Erstattungszahlung erhalten hatte, beantragte er die Änderung des bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheids. Einspruch und Klage blieben erfolglos; auf die Revision des Klägers hat der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung. Hat wie üblich der Erwerber die Erwerbsnebenkosten zu tragen, erhöhen sie nicht die Gegenleistung, denn der Erwerber schuldet diese Beträge nicht dem Veräußerer und auch nicht für die Übertragung des Eigentums. Nichts anderes gilt im umgekehrten Fall, wenn der Verkäufer diese Kosten zu tragen hat. In diesem Fall wendet der Erwerber einen Teil des Kaufpreises dafür auf, um einen Kostenerstattungsanspruch zu erwerben. Gegenleistung ist aber nur der für den Grunderwerb aufgewendete Teil des Kaufpreises. Der vereinbarte Kaufpreis ist deshalb um den Wert des erworbenen Erstattungsanspruchs zu mindern. Der Anspruch kann mit dem Nominalwert bemessen und direkt vom Kaufpreis abgezogen werden.

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Das gilt allerdings nicht, soweit der Verkäufer dem Erwerber auch die Grunderwerbsteuer erstattet, denn die Grunderwerbsteuer beeinflusst ihre eigene Bemessungsgrundlage nicht (§ 9 Abs. 3 GrEStG). Es wäre in diesem Fall steuerlich günstiger, wenn der Käufer die Grunderwerbsteuer selbst trägt und ein um die Grunderwerbsteuer geminderter Kaufpreis vereinbart wird.

Bei einem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Kaufvertrag über ein inländisches Grundstück bemisst sich die Grunderwerbsteuer gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung.

Als Gegenleistung gilt dabei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Die nach § 448 Abs. 2 BGB vom Käufer getragenen Kosten der Beurkundung des Kaufvertrags und der Auflassung, der Eintragung ins Grundbuch und der zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen rechnen nicht zur Gegenleistung; denn diese Kosten schuldet der Käufer nicht dem Verkäufer, sondern Dritten. Es geht auch nicht um die Übernahme von an sich dem Verkäufer obliegenden Verpflichtungen durch den Käufer1.

Ist der Grundstücksverkäufer außer zur Grundstücksübereignung zu weiteren Leistungen verpflichtet, ist für die Frage, inwieweit die Gegenleistung des Erwerbers Entgelt für den Grundstückserwerb darstellt, vom grunderwerbsteuerrechtlichen Grundstücksbegriff (§ 2 GrEStG) auszugehen. Der Erwerb von Geldforderungen oder anderen Vermögenspositionen, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG fallen, ist grunderwerbsteuerrechtlich unerheblich. Der Aufwand für diesen Erwerb unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer2.

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Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 9. Oktober 19912 weiter ausgeführt hat, ist eine Gesamtgegenleistung, die Entgelt sowohl für das Grundstück als auch für nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Gegenstände ist, im Regelfall nach der sog. Boruttau’schen Formel aufzuteilen. Diese Verhältnisrechnung braucht aber ausnahmsweise dann nicht vorgenommen zu werden, wenn Gegenstand eines Erwerbsvorgangs unter Vereinbarung einer Gesamtgegenleistung ein Grundstück und eine Geldforderung ist. In diesem Fall reicht es grundsätzlich aus, die Geldforderung von der vereinbarten Gesamtgegenleistung abzuziehen, weil Kapitalforderungen im Regelfall mit dem Nennwert anzusetzen sind.

Die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist danach materiell-rechtlich um die im Kaufvertrag genannten Kosten, die der Verkäufer dem Käufer erstatten musste und erstattet hat, mit Ausnahme der von dem Verkäufer zu übernehmenden Grunderwerbsteuer zu vermindern. Diese Kosten musste nach der dispositiven Regel des § 448 Abs. 2 BGB an sich der Käufer tragen. Da sie abweichend hiervon aufgrund der kaufvertraglichen Vereinbarung vom Verkäufer zu erstatten waren, bildet der vom Käufer zu entrichtende Kaufpreis eine Gesamtgegenleistung für die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer die Eigentumswohnung zu übereignen und die Kosten zu erstatten. Die Gesamtgegenleistung ist auf diese beiden Verpflichtungen dergestalt zu verteilen, dass die zu erstattenden und tatsächlich erstatteten Kosten mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer materiell-rechtlich vom vereinbarten Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer abzuziehen sind.

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Die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer die Grunderwerbsteuer zu erstatten, wirkt sich anders als die Verpflichtung zur Erstattung der übrigen Kosten gemäß § 9 Abs. 3 GrEStG nicht auf die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer aus. Nach dieser Vorschrift wird die Grunderwerbsteuer, die für den zu besteuernden Erwerbsvorgang zu entrichten ist, der Gegenleistung weder hinzugerechnet noch von ihr abgezogen. Übernimmt der Veräußerer die Grunderwerbsteuer, mindert sich danach die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht3.

Da das Finanzgericht von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Vorentscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (vgl. § 126 Abs. 4 FGO). Die Sache ist nicht spruchreif. Die vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) ermöglichen keine abschließende Entscheidung über den Antrag des Käufers.

§ 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist keine Grundlage für die begehrte Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung.

Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird nach dieser Vorschrift auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet. Dies setzt voraus, dass die Herabsetzung der Gegenleistung nachträglich, also nach der Entstehung der Steuer, vereinbart wird4.

Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Kostenerstattung wurde nicht nachträglich, sondern bereits im Kaufvertrag vereinbart und stand dem Käufer dem Grunde nach vom Wirksamwerden des Kaufvertrags an zu. Nach der Präambel zum Angebot des Käufers auf Abschluss des Kaufvertrags konnte dieses nur wirksam angenommen werden, wenn die Finanzierung des Kaufpreises durch ein deutsches oder europäisches Kreditinstitut sichergestellt und somit auch die Bedingung für den Kostenerstattungsanspruch erfüllt war.

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§ 5 Abs. 2 Satz 2 BewG begründet ebenfalls keinen Anspruch auf Herabsetzung der bestandskräftig festgesetzten Grunderwerbsteuer. Wie sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BewG ergibt, bezieht sich diese Vorschrift auf Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt sind, lässt sich aufgrund der vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Dem Finanzamt war zwar bei der Steuerfestsetzung aufgrund der ihm vorliegenden notariellen Urkunden vom 24.06.2005 und 20.07.2005 bekannt, dass der Käufer nach der Sicherstellung der Zahlung des Kaufpreises vom Verkäufer die Erstattung der in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags genannten Kosten verlangen konnte und das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrags erst wirksam angenommen werden konnte, wenn die Finanzierung des Kaufpreises sichergestellt war. Insofern handelt es sich demgemäß nicht um dem Finanzamt nachträglich bekannt gewordene Tatsachen. Nicht bekannt waren dem Finanzamt aber abgesehen von der Grunderwerbsteuer, die im vorliegenden Zusammenhang gemäß § 9 Abs. 3 GrEStG unberücksichtigt bleibt, die genaue Zusammensetzung und die Höhe des Erstattungsanspruchs.

Über die Höhe der nach der vertraglichen Vereinbarung dem Käufer zu erstattenden Kosten und die tatsächliche Kostenerstattung sowie die Frage eines groben Verschuldens des Käufers i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO daran, dass die genaue Zusammensetzung und die Höhe des Erstattungsanspruchs dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden sind, hat das Finanzgericht –von seinem Standpunkt aus zu Recht– ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen. Es wird entsprechende Feststellungen nachzuholen haben.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. April 2013 – II R 1/12

  1. Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 9 Rz 7; Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 9 Rz 278; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 9 Rz 87[]
  2. BFH, Urteil vom 09.10.1991 – II R 20/89, BFHE 165, 548, BStBl II 1992, 152[][]
  3. Loose, a.a.O., § 9 Rz 594; Pahlke/Franz, a.a.O., § 9 Rz 220[]
  4. BFH, Urteil vom 17.04.1991 – II R 119/88, BFHE 164, 130, BStBl II 1991, 586, unter II.2., vorletzter Absatz; Hofmann, a.a.O., § 16 Rz 50; Loose, a.a.O., § 16 Rz 231 f.; Pahlke/Franz, a.a.O., § 16 Rz 61 f.[]