Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine vertragliche Abbruchverpflichtung, die einen Bewertungsabschlag nach § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG begründen soll, eindeutig und unbedingt sein muss. Es ist eindeutig und deshalb nicht klärungsbedürftig, dass die Motive der Vertragsparteien, eine Abrissklausel aufzunehmen, Einfluss auf die Vorhersehbarkeit des Nichtabbruchs haben können.

Die Frage, ob die Beweggründe für eine pachtvertragliche Abrissklausel für den Abschlag nach § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG eine Rolle spielen, ist teils nicht klärungsbedürftig, teils eine des Einzelfalls. § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG sieht eine zweistufige Prüfung vor. Für die Frage, welche Bedeutung die Motivlage der Vertragsparteien hat, kann folglich zu differenzieren sein:
- Auf der ersten Stufe ist nach § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG zu prüfen, ob vereinbart ist, dass das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist. Es ist im Grundsatz geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig, dass die Abbruchverpflichtung eindeutig und unbedingt sein muss [1]. Das bedeutet umgekehrt, dass es auf die Motive der Parteien, eine solche Verpflichtung zu vereinbaren, grundsätzlich nicht ankommt. Ob Besonderheiten in Ansehung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen bestehen, ist Gegenstand der seitens der Hauseigentümerin an zweiter Stelle formulierten Grundsatzfrage.
- Auf der zweiten Stufe ist nach § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BewG zu prüfen, ob vorauszusehen ist, dass das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird [2]. An dieser Stelle ist es denklogisch zwingend, deshalb eindeutig und ebenfalls nicht klärungsbedürftig, dass die Motive der Parteien eine Rolle spielen können. Von ihnen kann die Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs abhängen. Hat ein Verpächter sich lediglich für eine nach allseitiger Auffassung sehr unwahrscheinliche Entwicklung der Dinge höchst vorsorglich den Anspruch auf Abbruch einräumen lassen, an dem ihm eigentlich nicht gelegen ist, ist der Nichtabbruch jedenfalls weniger vorhersehbar als in einer Konstellation, in der nach allseitiger Auffassung diejenigen Umstände, die den Verpächter auf einer Abbruchverpflichtung haben bestehen lassen, mit recht großer Wahrscheinlichkeit eintreten.
Für die weitere Frage, ob eine vertragliche Abrissverpflichtung unbeachtlich ist, wenn sich der Verpächter damit gegenüber behördlichen Verfügungen freizeichnen möchte, ist im Grundsatz ebenfalls zwischen den beiden Beurteilungsstufen zu differenzieren.
Nicht klärungsfähig wäre die Frage, ob vertragliche Verpflichtungen, die nur dazu dienen, öffentlich-rechtliche Verpflichtungen auf den Gebäudeeigentümer abzuwälzen, keine vertragliche Abbruchverpflichtung i.S. des § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG sind. Es dürfte zwar eindeutig und nicht klärungsbedürftig sein, dass öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, die nur den Grundstückseigentümer treffen, keine Ausnahme rechtfertigen können, denn die Abwälzung solcher Belastungen ist von anderen vertraglichen Abbruchverpflichtungen nicht zu unterscheiden. Ist auch der Gebäudeeigentümer öffentlich-rechtlich verpflichtet und hält sich die Behörde allein im Rahmen einer Störerauswahl an den Grundstückseigentümer, könnte sich Klärungsbedarf stellen.
Der Klärungsfähigkeit der Frage steht nicht entgegen, dass auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in der Vorinstanz eine derartige teleologische Reduktion des § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 FGO nicht vorgenommen hat [3]. Das finanzgerichtliche Urteil stellt klar, dass das Finanzgericht die vertragliche Abbruchverpflichtung auf der ersten Stufe nicht in Abrede stellt und seiner Entscheidung zu Gunsten der Hauseigentümerin stillschweigend als selbstverständlich zugrunde gelegt hat. Alle weiteren Ausführungen beziehen sich auf die zweite Stufe. Die Rechtsfrage wäre aber im Revisionsverfahren nur entscheidungserheblich und damit klärungsfähig, wenn der Bewertungsabschlag nicht spätestens auf der zweiten Stufe zu versagen wäre, weil vorauszusehen ist, dass das Gebäude trotz einer etwa relevanten vertraglichen Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird. Da das Finanzgericht dies im Streitfall bejaht hat, wäre die Relevanz abgewälzter öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen folglich nur klärungsfähig, wenn dem Finanzgericht in Ansehung der zweiten Stufe ein revisibler Fehler unterlaufen wäre. Dann wäre der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren nicht mehr an die festgestellte Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs gebunden, so dass es auf die Frage ankäme, ob überhaupt eine vertragliche Abbruchverpflichtung i.S. des § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG vorliegt. Ein solcher Fehler ist jedoch nicht zu verzeichnen. Hierzu ist im Rahmen der Verfahrensrügen, die sich sämtlich auf die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht beziehen, näher auszuführen.
Auf der zweiten Stufe hingegen (Vorhersehbarkeit des Nichtabbruchs) kann aus den ausgeführten Gründen mit den sich hieraus ergebenden Maßstäben die Motivationslage der Vertragsparteien eine Rolle spielen. Es hängt also von den Beweggründen der Parteien zur Aufnahme einer Abrissverpflichtung ab, wie wahrscheinlich es ist, dass es tatsächlich zum Abriss kommt. Das ist nicht klärungsbedürftig. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Finanzgericht dies anders beurteilt hätte. Die Hauseigentümerin beanstandet, dass das Finanzgericht zur Beantwortung der Frage, ob der Nichtabbruch bei ihr voraussehbar war, die Gründe tatsächlich durchgeführter Abbrüche bei anderen Pächtern für erheblich gehalten und solche auf eigenen Wunsch des Pächters oder zur Erfüllung bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Verpflichtungen nicht in seine Würdigung einbezogen hat. Bei diesen Überlegungen geht es jedoch nicht um das Motiv der vertraglichen Abrissverpflichtung, sondern um die Indizwirkung der Abbrüche anderer Pächter für die bei der Hauseigentümerin zu treffende Prognoseentscheidung [4]. Dies betrifft die dritte seitens der Hauseigentümerin aufgeworfene Grundsatzfrage.
Hinsichtlich dieser dritten Frage ist die Rechtslage jedoch eindeutig und so zu beurteilen, wie das Finanzgericht es getan hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Frage, welche Kriterien nach welchen Maßstäben in die einer Prognoseentscheidung zugrundeliegende Gesamtwürdigung eingehen können, überhaupt grundsätzliche Bedeutung aufweisen kann.
Der BFH hat bereits im ersten Rechtsgang entschieden, dass es gegen die Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs i.S. des § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BewG spricht, wenn andere Pächter Gebäude abbrechen mussten [5]. Es versteht sich und wurde vorausgesetzt, dass der Rückschluss von den Verhältnissen anderer Pächter auf das zu beurteilende Pachtverhältnis nur unter im Übrigen ähnlichen vertraglichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen gilt, wie es vorliegend der Fall ist.
Es spricht aber nicht gegen die Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs, wenn andere Pächter nicht aufgrund eines Abbruchverlangens des Verpächters, sondern aufgrund eigenen Entschlusses oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung Gebäude abgebrochen haben. Soweit es Abrisse aufgrund eigenen Entschlusses betrifft, ist dies bereits in der genannten Aussage im ersten Rechtsgang angelegt. Diese Pächter „mussten“ nicht abbrechen. Aber auch Abrisse aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung finden gerade nicht in Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung statt, die den Grund für den Bewertungsabschlag bildet, sondern in Erfüllung dieser öffentlich-rechtlichen Pflicht.
Der Abschlag dem Grunde nach knüpft gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG eindeutig an eine vertragliche Abbruchverpflichtung an. § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BewG knüpft folgerichtig an einen vorhersehbaren Nichtabbruch trotz dieser Abbruchverpflichtung an, erfasst also eine Unterbrechung des mit der vertraglichen Abbruchverpflichtung in Gang gesetzten Kausalverlaufs. Manifestiert sich die vertragliche Abbruchverpflichtung voraussehbar nicht in einem tatsächlichen Abbruch, fehlt die Rechtfertigung für den Abschlag.
Der Blick auf den Verlauf anderer Pachtverhältnisse dient der Feststellung, ob die vertragliche Abbruchverpflichtung im vorliegenden Pachtverhältnis tatsächlich zu einem Abbruch führen wird. Haben in anderen Pachtverhältnissen keine Abbrüche stattgefunden, wurde der Kausalverlauf unterbrochen. Haben zwar Abbrüche stattgefunden, die aber nicht in einem Kausalzusammenhang mit der vertraglichen Abbruchverpflichtung stehen, ändert sich an der Unterbrechung dieses Kausalverlaufs nichts. Der in Gang gesetzte Kausalverlauf wurde nicht programmgemäß in einem Abbruch fortgesetzt. Wenn diese Abläufe eine gewisse Regelmäßigkeit aufwiesen, rechtfertigen sie einen Schluss auf das vorliegende Pachtverhältnis.
Diese Zusammenhänge werden bereits aus der gesetzlichen Formulierung „trotz der Verpflichtung“ deutlich. Wenn die Hauseigentümerin allein auf tatsächliche Abbrüche in anderen Pachtverhältnissen unabhängig davon abstellt, worauf diese beruhen, verkürzt sie den Wortlaut der Vorschrift, verkennt aber auch den Umstand, dass der Blick auf andere Pachtverhältnisse lediglich indizielle Bedeutung für die Beurteilung ihres Pachtverhältnisses hat.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat nach alledem zu Recht Gebäudeabbrüche aus eigener Initiative oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen, die mithin nicht auf der Befolgung der vertraglichen Abrissverpflichtung beruhten, nicht in die Prüfung der Frage einbezogen, ob der Nichtabbruch voraussehbar ist.
Soweit die Hauseigentümerin den Aspekt, dass die Verpächter nie den Abriss verlangt haben, als reine Zufälligkeit außer Betracht lassen möchte, sucht sie die Prognoseentscheidung, die § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BewG verlangt, durch die Gewissheit des Nichtabbruchs zu ersetzen. Das ist nicht der korrekte Maßstab. Bei bestehender Abbruchverpflichtung kann es diese Gewissheit nie geben und wäre der Nichtabbruch nie vorhersehbar. In der Sache ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Finanzgericht Schlussfolgerungen daraus gezogen hat, dass tatsächlich die Verpächter noch nie den Abbruch verlangt haben. Wenn dies nur darauf beruhte, dass sich stets ein Interessent auch für abbruchreife Häuser gefunden habe, spricht viel dafür, dass sich auch weiterhin Interessenten auch für abbruchreife Häuser finden lassen.
Ebenso wenig stichhaltig ist der Einwand, dass nach den Einlassungen der Verpächter selbst die Abrissverpflichtung als Druckmittel gegenüber den Pächtern zur Durchsetzung der gewünschten Pachtbedingungen gedient hat. Auch und gerade unter solchen Bedingungen kann es vorhersehbar sein, dass ein Gebäude nicht abgebrochen wird. Ist damit zu rechnen, dass die Pächter dem Druck nachgeben, ist entsprechend damit zu rechnen, dass das Gebäude nicht abgebrochen wird. Die Bewertungsvorschriften schützen weder die allgemeine Dispositionsfreiheit der Gebäudeeigentümer noch vor Verschlechterung der Pachtbedingungen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 1. Oktober 2020 – II B 29/20
- vgl. im Einzelnen BFH, Urteil in BFHE 264, 40, Rz 11 bis 13[↩]
- vgl. im Einzelnen BFH, Urteil in BFHE 264, 40, Rz 14 bis 20[↩]
- FG Berlin-Brandenburg , Urteil vom 19.02.2020 – 3 K 3097/14[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 264, 40, Rz 29 am Ende[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 264, 40, Rz 29 am Ende[↩]
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