Eine erhöhte Hundesteuer für bestimmte Rassen (hier: Bordeauxdogge), die lediglich auf polizeirechtliche Regelungen anderer Bundesländer und nicht auf nachvollziehbare konkrete Tatsachenfeststellungen gestützt ist, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

In dem hier vom Verwaltungsgericht des Landes Schleswig-Holstein entschiedenen Fall beträgt nach § 4 der Hundesteuersatzung der Gemeinde die Hundesteuer für einen normalen Hund (erster Hund) 110 € pro Jahr. Für einen Kampfhund (erster Hund) beträgt sie 800 € pro Jahr. Nach § 4 Abs. 3 S. 1 der Satzung sind Kamphunde solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Nach § 4 Abs. 3 S. 2 der Satzung sind Kampfhunde im Sinne dieser Vorschrift jedenfalls die 14 namentlich genannten Hunderassen zugehörigen Hunde sowie Kreuzungen aus diesen Rassen. Zu den namentlich genannten Hunderassen gehört auch die „Dogue de Bordeaux“.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts findet die Festsetzung einer erhöhten Hundesteuer für Hunde der Rasse „Bordeauxdogge“ in § 4 Abs. 3 der Hundesteuersatzung der Gemeinde keine Rechtsgrundlage, da die Satzungsbestimmung rechtswidrig und damit nichtig ist.
Nach einhelliger Rechtsprechung ist es zulässig, dass mit der Regelung, für das Halten bestimmter Hunderassen einen höheren Steuersatz vorzuhalten, ein Lenkungszweck verfolgt wird. Neben dem Finanzierungszweck selbst darf die Erhebung einer Steuer auch einem Lenkungszweck dienen, solange sie nicht in ein sachregelndes Verbot umschlägt oder einem solchen gleichkommt. Ist eine Steuernorm darauf ausgerichtet, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, ist dies von der steuerrechtlichen Normsetzungskompetenz nicht mehr gedeckt1.
Im vorliegenden Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Steuerregelung alleine aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abzielt, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen. Der Steuersatz der Gemeinde … für die Haltung eines normalen Hundes betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 110, – € pro Jahr, der Steuersatz für die Haltung eines gefährlichen Hundes 800, – € pro Jahr. Damit beträgt der erhöhte Steuersatz das 7, 3-fache des normalen Steuersatzes. Alleine hieraus kann noch nicht auf eine erdrosselnde Wirkung geschlossen werden. Da es sich bei der Hundesteuer um eine kommunale Aufwandssteuer handelt und Maßstab für ihre Bemessung die in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist, muss sich an deren Erfassung auch die tatbestandliche Ausgestaltung der Steuer orientieren. Steht demnach die festgesetzte Steuer außer Verhältnis zu dem besteuerten Aufwand, wird sich nach allgemeiner Lebenserfahrung ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger den Aufwand nicht mehr leisten. Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Steuer den durchschnittlichen Haltungsaufwand für die Haltung eines Hundes deutlich übersteigt. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 06.10.20152 entschieden, dass die erhöhte Steuer für die Haltung eines gefährlichen Hundes in Höhe von 1.200 € (noch) nicht gegen die vorgenannten Grundsätze verstößt. Diese Rechtsauffassung ist vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht3 bestätigt worden.
Die Hundesteuersatzung der Gemeinde ist im hier streitigen Punkt auch nicht deswegen rechtswidrig, weil sie gegen höherrangiges Recht in Gestalt des (im maßgeblichen Zeitraum 2015 noch in Kraft befindlichen) GefHG verstößt. Das GefHG sah in diesem Zeitpunkt in § 3 Abs. 2 GefHG als (unabhängig von ihrem individuellen Verhalten) generell gefährlich nur die in § 2 Abs. 1 S. 1 des Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12.04.2001 genannten Hunde an. Die dort genannten Rassen sind der Pitbull-Terrier, der American Staffordshire-Terrier, der Staffordshire-Bullterrier und der Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander. Im seit dem 1.01.2016 geltenden Gesetz über das Halten von Hunden (HundeG) des Landes Schleswig-Holstein ist der Bezug auf die im Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz genannten Rassen entfallen, so dass derzeit in Schleswig-Holstein alleine aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit kein Hund mehr ordnungsrechtlich als gefährlich eingestuft wird. Alleine aus der Tatsache, dass die Rasse „Bordeauxdogge“ demnach vom Landesgesetzgeber nicht als aufgrund ihrer Rasse generell gefährlich eingestuft wurde, lässt sich entgegen der Auffassung des Petitionsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags und des schleswig-holsteinischen Innenministeriums ein Verstoß gegen höherrangiges Recht jedoch nicht entnehmen. Das GefHG des Landes Schleswig-Holstein und das Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland stellen im Hinblick auf die Hundesteuersatzung der Gemeinde kein höherrangiges Recht dar. Sie entfalten keine Wirkung für das Steuer- und Abgabenrecht, sondern dienen einem ganz anderen Zweck, nämlich der Regelung einer Erlaubnispflicht für das Halten von gefährlichen Hunden bzw. der Regelung des Einfuhrverbots bestimmter Hunderassen. Damit handelt es sich um Normen aus dem Bereich des Gefahrenabwehr- bzw. Gefahrenpräventionsrechts, denen im Hinblick auf Regelungen des kommunalen Aufwandssteuerrechts keine vorrangige Wirkung zugesprochen werden kann.
Indes verstößt die Satzung des § 4 Abs. 2 der Hundesteuersatzung der Gemeinde, sie eine erhöhte Hundesteuer für Hunde der Rasse „Bordeauxdogge“ festsetzt, gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Durch diesen Grundsatz wird dem Normgeber allerdings nicht jede Differenzierung untersagt. Eine Ungleichbehandlung ist vielmehr nur dann verboten bzw. eine Gleichbehandlung geboten, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam ist, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Insoweit ist dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Diese Grundsätze gelten auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Hier können Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch typisierende und pauschalierende Regelungen gerechtfertigt sein, solange die durch diese Typisierung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung im Hinblick auf Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität steht. Die der Typisierungsbefugnis zugrunde liegende Gestaltungsfreiheit muss vom Normgesetzgeber sachgerecht ausgeübt werden, was im Ergebnis bedeutet, dass sich eine von der Norm bewirkte Ungleichbehandlung auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs oder auf sonstige vernünftige Gründe zurückführen lässt. Insoweit ist jeweils auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs abzustellen.
Gemessen an den vorstehend genannten Grundsätzen erweist sich die hier streitgegenständliche Regelung der Hundesteuersatzung der Gemeinde als gleichheitswidrig. Zwar ist es in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass für die Bestimmung der Gefährlichkeit eines Hundes grundsätzlich an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse angeknüpft werden darf4. Anknüpfungspunkt für die erhöhte Steuer ist in diesen Fällen nicht eine festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes, sondern ein genetisches Potential, das bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die benannten Hunde zu einer Gefahr werden lassen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit in seiner Entscheidung5 ausgeführt, dass nach den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen alleine aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zur einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden kann, da die Frage, ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden kann, von einer Vielzahl von Faktoren – bestimmte Zuchtmerkmale eines Hundes, etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung, situative Einflüsse, vor allem aber Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters – abhängen. Der Gesetzgeber dürfe aber zum Schutze des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit gesetzliche Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorlägen, das Hunde bestimmter Rassen – und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren der genannten Art – für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden könnten.
Weiterhin ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Gemeinde für die Regelung erhöhter Hundesteuersätze keine eigenen Erhebungen anstellen muss, sondern sich an vergleichbaren Regelungen anderer Normgeber orientieren kann. Dabei braucht die Gemeinde die der übernommenen Regelung zugrunde liegenden Erkenntnisse und Tatsachen nicht notwendig selbst zu erheben und auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch sind. Allerdings bleibt es dabei, dass die jeweilige Gemeinde für die Vereinbarkeit ihrer Satzung mit höherrangigem Recht von Anfang an die volle Verantwortung trägt6.
Im vorliegenden Fall hat sich die Gemeinde … bei ihrer Entscheidung, die Rasse „Bordeauxdogge“ in den Katalog der gefährlichen und damit höher zu besteuernden Hunde nach § 4 Abs. 2 der Hundesteuersatzung aufzunehmen, maßgeblich daran orientiert, dass diese Rasse auch in den Rasselisten vierer Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Hamburg) genannt wird.
Das erkennende Gericht geht ebenfalls davon aus, dass der allgemeine Gleichheitssatz es nicht verlangt, dass jede Gemeinde komplexe und oftmals strittige Tatsachenfragen zum Gefährdungspotential bestimmter Hunderassen je für sich selbst erheben müsse, bevor sie eine hierauf gestützte steuerrechtliche Regelung erlassen darf. Dies ist aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten und außerdem widersprechen dem Gesichtspunkte der Praktikabilität. Ebenso wenig will das erkennende Gericht von dem Ansatz des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen, wonach es zulässig ist, bei der Festsetzung erhöhter Hundesteuersätze an ein abstraktes Gefahrenpotential anzuknüpfen. Maßgeblich für seine Entscheidung ist indes, dass sich im vorliegenden Fall eine ausreichende, auf konkrete Tatsachen gestützte sachliche Rechtfertigung der abstrakten Gefährlichkeit für Hunde der Rasse „Bordeauxdogge“ nicht finden lässt.
Die vom Gemeinde in Bezug genommenen Regelungen der Bundesländer Baden-Württemberg (namentlich die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums für ländliche Räume und Verbraucherschutz über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000, HuV BW), Bayern (Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.07.1992HuV BY), Brandenburg (Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden vom 16.06.2004, HundeHV) und Hamburg (Hamburgisches Gesetz über das Halten und Führen von Hunden vom 26.01.2006) erfassen die Rasse der Bordeauxdogge unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr bzw. Gefahrenprävention in unterschiedlicher Weise. § 1 Abs. 1 der HuV BW definiert als „Kampfhunde“ solche Hunde, bei denen aufgrund rassespezifischer Merkmale, durch Zucht oder im Einzelfall wegen ihrer Haltung oder Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Nach § 1 Abs. 2 HuV BW wird dies „aufgrund rassespezifischer Merkmale“ bei Hunden der Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Pit Bull Terrier sowie deren Kreuzungen widerleglich vermutet. Nach § 1 Abs. 3 HuV BW „kann die Eigenschaft als Kampfhund“ insbesondere bei den dort aufgezählten Hunderassen – zu denen die Bordeauxdogge gehört – vorliegen, wenn Anhaltspunkte auf eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren hinweisen. Nach § 1 Abs. 1 HuV BY wird die Eigenschaft als „Kampfhund“ bei bestimmten Rassen (und deren Kreuzungen) stets (unwiderlegbar) vermutet, nach § 1 Abs. 2 HuV BY bei anderen Rassen (und deren Kreuzungen) – zu denen die Bordeauxdogge gehört – widerlegbar vermutet. Nach § 8 Abs. 2 HundeHV Brandenburg gelten bestimmte namentlich bezeichnete Rassen und deren Kreuzungen als gefährlich; nach § 8 Abs. 3 HundeHV Brandenburg wird bei bestimmten Rassen und deren Kreuzungen – zu denen die Bordeauxdogge gehört – von der Eigenschaft als gefährlicher Hund auf Grund rassespezifischer Merkmale oder Zucht ausgegangen, solange der Halter nicht im Einzelfall nachgewiesen hat, dass der Hund keine gesteigerte Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft gegenüber Mensch oder Tier aufweist. Nach § 2 Abs. 2 HundeG Hamburg wird bei bestimmten Rassen und deren Kreuzungen – zu denen wiederum die Bordeauxdogge gehört – die Gefährlichkeit ebenfalls widerlegbar vermutet. Danach wird in einer Regelung (Baden-Württemberg) die Zugehörigkeit eines Hundes zur Rasse Bordeauxdogge als Indiz für eine abstrakte Gefährlichkeit gewertet, die aber der positiven Feststellung im Einzelfall bedarf, während in den anderen drei Regelungen (Bayern, Brandenburg und Hamburg) für Hunde der Rasse Bordeauxdogge eine widerlegbare Vermutung der abstrakten Gefährlichkeit aufgestellt wird. Welche tatsächlichen fachwissenschaftlichen bzw. empirischen Erkenntnisse die jeweiligen Normgeber ihren Entscheidungen zugrundegelegt haben, ist von der Gemeinde nicht vorgetragen worden und dem Gericht auch sonst nicht bekannt. Das Gericht war insoweit auch nicht gehalten, selbst Ermittlungen anzustellen.
Es spricht allerdings viel dafür, dass es hinreichende Belege aufgrund fundierter Aussagen von Kynologen, Zoologen Veterinärmedizinern bzw. anderen Sachverständigen für eine über das natürliche Maß hinausgehende Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen nicht gibt. Der Hessische VGH hat in seinem Urteil vom 27.07.20047 festgestellt, dass die vorliegenden Stellungnahmen von Fachwissenschaftlern und Praktikern letztlich übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass „sich das Gefährdungspotential von Hunden nicht schlicht an Hand einer für seine Rasse charakteristischen genetischen Disposition zu aggressivem Verhalten ablesen lässt“8. Auch Größe, Gewicht, Muskelkraft und sonstige physische Eigenschaften erlaubten es nicht, die in der streitentscheidenden Norm (§ 1 HundeVO Hessen vom 22.01.20039) genannten Rassen (zu denen die Bordeauxdogge nicht – mehr – gehörte), hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit in einer für die anzustellende Gefahrenprognose hinreichenden Weise von anderen Hunden abzugrenzen10. Letztlich hat der Hessische VGH die Rechtmäßigkeit der seinerzeit streitgegenständlichen Norm mit dem Hinweis auf „stichhaltiges statistisches Material“ (insbesondere Beißstatistiken und Versagerquote bei Wesensprüfungen) im Ergebnis gleichwohl bejaht11. Aber auch solche Daten liegen dem Gericht hinsichtlich der Rasse Bordeauxdogge nicht vor. Nur am Rande sei angemerkt, dass in Hessen seinerzeit vor der zitierten Entscheidung des Hessischen VGH bereits verschiedene als gefährlich gelistete Hunde (unter Hinweis auf das Fehlen von Beißvorfällen und die geringe Versagerquote bei Wesensprüfungen) wieder gestrichen worden waren und zu diesen u.a. auch die Bordeauxdogge gehörte12. Soweit der VGH Baden-Württemberg13 die erhöhte Hundesteuer für Hunde der Rasse Bordeauxdogge alleine aufgrund ihrer „typischen Rassemerkmale“ für rechtmäßig hält, stellt er dabei lediglich auf ein Fachbuch und die dort getroffenen Aussagen, es handele sich um „kräftige, mutige und wehrhafte Tiere, die über einen stark ausgeprägten Schutztrieb verfügten“ und „keine einfach zu haltenden Hunde“ seien. Ähnlich hat das OVG Rheinland-Pfalz14 ausführt, die Gefährlichkeit der Rasse (im entschiedenen Fall: Bullmastiff) ergebe sich bereits „aus den allgemein verfügbaren Beschreibungen“ Diese äußerst allgemeinen Aussagen dürften für eine ganze Reihe anderer Hunderassen ebenfalls zutreffen und stellen nach Auffassung des erkennenden Gerichts keine hinreichende Grundlage für eine zulässige Differenzierung bei der Hundesteuer dar.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem sogenannten „Kampfhundesteuerurteil“ vom 19.01.200015 ausgeführt, dass Kampfhunde als sicherheitsrelevantes gesellschaftliches Problem erst seit 1990 wahrgenommen worden seien und es sich um einen komplexen und noch in mancher Hinsicht endgültigen Sachverhalt gehandelt habe, so dass es vertretbar gewesen sei, dem Satzungsgeber angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen einzuräumen. Das Bundesverwaltungsgericht spricht insoweit von in gewisser Weise „experimentellen Regelungen“ und gibt dem Normgeber eine spätere Überprüfung und fortschreitende Differenzierung auf. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seiner Entscheidung vom 13.07.200516 den Schluss gezogen, dass jedenfalls für Hunde der Rasse Bordeauxdogge die Erhebung einer erhöhten Hundesteuer nicht (mehr) zulässig sei und hat dies damit begründet, dass sich auf dem Gebiet der „Kampfhundebekämpfung“ inzwischen einiges getan habe, was sich sowohl auf die Terminologie als auch auf die Frage der Einschätzung von Hunderassen im Hinblick auf ihre (abstrakte) Gefährlichkeit auswirke und was letztlich auch Auswirkungen auf kommunale Hundesteuersatzungen haben müsse. Nimmt man im Übrigen den Ansatz der Rechtsprechung ernst, wonach ein Katalog nach ihrer Rasse definierter „abstrakt gefährlicher“ Hunde aus Gründen der Verhaltenslenkung zulässig sei, so wird man letztlich nicht umhinkommen, insoweit auch tatsächlich nach Rassen zu differenzieren. Dies geschieht derzeit zumeist nicht. Auch die Gemeinde … hat in ihrem Rassekatalog einige (längst nicht alle) Hunderassen aufgenommen, die entweder bundesrechtlich oder durch andere Landesgesetzgeber oder andere kommunale Satzungsgeber als gefährliche Hunde definiert worden sind. Insoweit fällt auf, dass es sich durchweg um relativ gering verbreitete „Molosser“ handelt. Mangels konkret festgestellter anderer Gefährdungsmerkmale wie der oft benannten niedrigen Beißhemmung, herabgesetzten Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt bzw. des genetisch bedingten Schutztriebs wird somit faktisch alleine auf das Merkmal einer gewissen Größe und Stärke und wohl auch auf das äußere Erscheinungsbild abgestellt. Die Begründung dafür, dass andere – ebenfalls relativ große, starke und deutlich mehr verbreitete – Hunderassen (z. B. Deutscher Schäferhund, Dogge, Rottweiler, Dobermann usw.) nicht ebenfalls als gefährliche Hunderassen eingestuft werden, wird zumeist mit dem Hinweis auf ihre häufige Verwendung als Diensthunde bei Polizei, Zoll, Bundeswehr usw. sowie – letztlich wohl entscheidend – mit ihrer „sozialen Akzeptanz“17 begründet, obwohl diese Hunde im Sinne der auf äußere Rassemerkmale abstellenden Betrachtung für die Gefährlichkeitseinstufung disponierte Hunde sind. Dies sind indes nach Auffassung des erkennenden Gerichts keine ausreichenden Kriterien für eine Ungleichbehandlung gegenüber den – generell deutlich weniger verbreiteten – Rassen der „Molosser“. Soweit der Hessische VGH18 die Nichterfassung der genannten Rassen im Hinblick auf die weitaus größere Population mit dem Opportunitätsprinzip begründet18, ist dies zumindest sehr zweifelhaft. Dass wegen der weiteren Verbreitung dieser „akzeptierten“ Hunderassen Züchter und Halter über eine größere Erfahrung verfügen und deswegen eine geringere Gefahr von ihnen ausgeht19 ist in keiner Weise empirisch belegt und im Übrigen auch nicht logisch.
Die Gemeinde hat mangels eigener Feststellungen auch keine anderen tatsächlichen Gesichtspunkte benannt, die die Festsetzung einer erhöhten Hundesteuer für Hunde der Rasse Bordeauxdogge unter dem Aspekt der Gleichbehandlung jedenfalls als vertretbar erscheinen lässt.
Das Gericht hat die streitgegenständlichen Bescheide insgesamt aufgehoben und nicht nur insoweit, als die festgesetzte Steuer die für „normale Hunde“ festzusetzende Steuer in Höhe von 110 € übersteigt.
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2016 – 4 A 71/15
- vgl. Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 04.09.2014 – 4 LB 21/13[↩]
- VG Schleswig, Urteil vom 06.10.2015 – 4 A 32/15[↩]
- OVG Schleswig, Urteil vom 22.06.2016 – 2 LB 34/15[↩]
- BVerfGE 110, 141; VG Schleswig, Urteil vom 04.09.2014 – 4 LB 21/13[↩]
- BVerfg, aaO[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 28.07.2005, 10 B 34/05[↩]
- Hess. VGH, Urteil vom 27.07.2004 – 11 N 520/03[↩]
- Hess. VGH, aaO, Rn. 117 ff[↩]
- GVBl.2003 I S. 54[↩]
- Hess. VGH, aaO Rn. 125[↩]
- Hess. VGH, aaO Rn. 128 ff[↩]
- Hess. VGH, aaO Rn. 160[↩]
- VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2012 – 2 S 3284/11[↩]
- OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.04.2010 – 6 A 10038/10, Rn. 30[↩]
- BVerwGE, 110, 265 ff[↩]
- Nds. OVG, Urteil vom vom 13.07.2005 – 13 LB 288/02[↩]
- so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2012 – 2 S 3284/11[↩]
- Hess. VGH, aaO Rn. 158[↩][↩]
- so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.04.2010 – 6 A 10038/10[↩]