Der Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung und Erstattung der gezahlten Grunderwerbsteuer steht auch im Falle der Nachlassinsolvenz der Erbengemeinschaft und nicht ihren einzelnen Mitgliedern in Bruchteilsgemeinschaft (§ 741 BGB) zu.

Nach § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
Bei einem Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975 ff. BGB, §§ 315 ff. InsO) entspricht das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen dem Nachlass. Der Bestand des Nachlasses richtet sich dabei nicht nach dem Stand beim Eintritt des Erbfalls. Vielmehr kann der Nachlass zwischen diesem Zeitpunkt und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Änderungen unterliegen. Dies gilt insbesondere bei einer Mehrheit von Erben bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB)1.
Dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters unterliegt daher ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch der Anspruch der ungeteilten Erbengemeinschaft aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
Wurde nach der wegen Nichtentrichtung des Kaufpreises durch den Käufer erfolgten Aufhebung eines von einer ungeteilten Erbengemeinschaft geschlossenen Grundstückskaufvertrags das Nachlassinsolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet, unterliegt der der Erbengemeinschaft zustehende Anspruch aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Nachlassinsolvenzverwalters. Diese Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis besteht aufgrund § 80 Abs. 1 InsO kraft Gesetzes2. Sie setzt nicht eine Abtretung des Anspruchs nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 667 BGB an den Insolvenzverwalter voraus. § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft nicht gegen Dritte gerichtete Ansprüche, die bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft zum Nachlass gehören, sondern Ansprüche des Nachlasses (§ 1978 Abs. 2 BGB) gegen das Eigenvermögen des Erben3. Die Erbengemeinschaft bleibt Inhaberin des Anspruchs4.
Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 05.06.19915 ergibt sich nichts anderes. Nach diesem Urteil sind im Fall der Nachlassverwaltung Einkommensteuerbescheide, denen mit Mitteln des Nachlasses erzielte Einkünfte zugrunde liegen, an die Erben zu richten und ihnen bekannt zu geben. Dies beruht darauf, dass gemäß § 1 Abs. 1 EStG nur natürliche Personen einkommensteuerpflichtig sind und nach § 2 Abs. 1 EStG derjenige die erzielten Einkünfte zu versteuern hat, der den Tatbestand verwirklicht, an den das EStG die Steuer knüpft. Eine Erbengemeinschaft kann somit nicht Steuerpflichtige im einkommensteuerrechtlichen Sinn sein. Schließt eine ungeteilte Erbengemeinschaft einen Grundstückskaufvertrag ab, ist sie demgegenüber selbständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts. Diese selbständige Rechtsträgerschaft besteht nicht nur im Hinblick auf die Festsetzung von Grunderwerbsteuer, sondern auch im Hinblick auf einen Anspruch der Erbengemeinschaft auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
Ob das aus der Rechtsnatur des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG folgende Ergebnis auch auf § 2041 Satz 1 BGB gestützt werden kann6, kann auf sich beruhen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18. November 2015 – II B 33/15
- BFH, Beschluss vom 07.05.2014 – II B 117/13, BFH/NV 2014, 1232, Rz 16; Roth in Roth/Pfeuffer, Praxishandbuch für Nachlassinsolvenzverfahren, 2009, S. 25 ff., m.w.N.[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, § 80 Rz 6[↩]
- Marotzke in Staudinger -2010-, § 1978 BGB, Rz 35; MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1978 Rz 2[↩]
- MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, § 80 Rz 6[↩]
- BFH, Urteil vom 05.06.1991 – XI R 26/89, BFHE 164, 546, BStBl II 1991, 820[↩]
- so BFH, Beschluss in BFH/NV 2014, 1232, Rz 16[↩]