Die Festsetzungsfrist für einen Entlastungsanspruch nach § 10 Abs. 1 StromStG beginnt mit Ablauf desjenigen Jahres, in dem der Anspruch durch die steuerbegünstigte Verwendung des Stroms zu betrieblichen Zwecken entstanden ist.

Wird eine im Abrechnungszeitraum entnommene Strommenge entgegen § 18 Abs. 4 Nr. 1 StromStV a.F. innerhalb der Antragsfrist im Antrag nicht angegeben, kommt hinsichtlich dieser Menge eine nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung nicht in Betracht.
Der Unternehmerin steht in diesem Fall aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung hinsichtlich der von ihr verbrauchten Strommengen für das betreffende Kalenderjahr kein zusätzlicher Entlastungsanspruch nach § 10 Abs. 1 StromStG zu.
Nach § 10 Abs. 1 StromStG in der im Streitjahr geltenden Fassung wird die Steuer für nachweislich versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke, ausgenommen solche nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 StromStG, entnommen hat, auf Antrag nach Maßgabe des Absatzes 2 erlassen, erstattet oder vergütet, soweit die Steuer im Kalenderjahr den Betrag von 512, 50 EUR übersteigt. Erlass, erstattungs- oder vergütungsberechtigt ist das Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das den Strom entnommen hat. Nach § 18 Abs. 1 StromStV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung ist die Entlastung für innerhalb eines Kalenderjahres (Abrechnungszeitraum) entnommenen Strom bis zum 31.12 des folgenden Kalenderjahres schriftlich bei dem Hauptzollamt zu beantragen, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat.
Im Streitfall ist die Verwendung des Stroms zu betrieblichen Zwecken eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes unstreitig. Zu entscheiden ist lediglich über die Frage, ob im Zeitpunkt der Antragstellung die einjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bzw. die in § 18 Abs. 1 StromStV normierte Antragsfrist mit der Folge bereits abgelaufen war, dass der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 47 AO erloschen ist, so dass ein nachträglicher Entlastungsantrag nicht mehr mit Erfolg gestellt werden konnte.
Ein nach § 10 Abs. 1 StromStG entstandener Entlastungsanspruch kann durch Erlass, Erstattung oder Vergütung der Steuer erfüllt werden. In den Fällen der Vergütung steht der Entlastungsanspruch demjenigen zu, der, ohne selbst Steuerschuldner bzw. Anmelder der Steuer sowie evtl. Adressat entsprechender Steuerbescheide zu sein, vorversteuerten Strom von einem Versorger bezogen und verwendet hat und dadurch zum eigentlichen Belastungsträger geworden ist. Die Gewährung einer Vergütung kommt jedoch nicht mehr in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung finden nach § 155 Abs. 5 AO die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäße Anwendung. Für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO), wobei die Frist nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem die Steuer entstanden ist. Lediglich für die Fälle, in denen wie im Streitfall eine Steueranmeldung für Strom abzugeben ist, enthält § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 AO eine abweichende Regelung, die im Streitfall allerdings keine Anwendung findet, weil es in das Belieben des Entlastungsberechtigten gestellt ist, ob er die Steuerbegünstigung, d.h. im Streitfall den sog. Spitzenausgleich, in Anspruch nehmen will, und er somit zur Abgabe einer Steueranmeldung nicht verpflichtet ist1. Demnach beginnt die Festsetzungsfrist bei nach § 10 Abs. 1 StromStG geltend gemachten Vergütungsansprüchen mit Ablauf desjenigen Jahres, in dem der Vergütungsanspruch infolge der Verwirklichung des Entlastungstatbestands entstanden ist2.
Voraussetzung für die Begründung eines Entlastungsanspruchs nach § 10 Abs. 1 StromStG ist die nachweisliche Versteuerung des bezogenen und für betriebliche Zwecke dem Netz entnommenen und verwendeten Stroms. Wie der Bundesfinanzhof zu § 51 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes -EnergieStG-3 und zu § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG4 entschieden hat, ist die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der nachweislichen Versteuerung nicht von der Festsetzung der Steuer durch einen Steuerbescheid oder der Abgabe einer Steueranmeldung durch den Stromversorger oder Lieferer von Energieerzeugnissen abhängig. Vielmehr entsteht der Vergütungsanspruch bereits mit der steuerbegünstigten Verwendung des Stroms bzw. der Energieerzeugnisse oder mit dem Verbringen von Energieerzeugnissen in einen anderen Mitgliedstaat bzw. mit der Ausfuhr in ein Drittland, wobei im Falle der Verwendung von Strom der Vergütungsanspruch mit der Entnahme des Stroms aus dem Versorgungsnetz entsteht, die regelmäßig mit dem Verbrauch des Stroms zusammenfällt.
Nach den von der Unternehmerin nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgericht, die für den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, hat die GmbH den von ihr bezogenen Strom im Jahr 2010 zu betrieblichen Zwecken dem Netz entnommen und verwendet. Demnach begann die einjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des 31.12 2010 und endete mit Ablauf des 31.12 2011. Im Mai 2012, in dem die Unternehmerin nach der Verschmelzung als Rechtsnachfolgerin der GmbH hinsichtlich des von dieser im Zeitraum von Januar bis August 2010 verbrauchten Stroms einen Vergütungsantrag gestellt hat, war demnach die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen, so dass der für diesen Zeitraum geltend gemachte Entlastungsanspruch infolge des Eintritts der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO erloschen ist. Darüber hinaus war auch die in § 18 Abs. 1 StromStV normierte Antragsfrist abgelaufen, deren Festlegung der Verfahrensvereinfachung dient (§ 11 Satz 1 Nr. 10 StromStG).
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bedeutete dies: In dem fristgerecht gestellten Antrag vom 25.03.2011 sind die von der GmbH im Abrechnungszeitraum entnommenen Strommengen nicht ausgewiesen, wie dies von § 18 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 StromStV verlangt wird. Ausdrücklich weist die Unternehmerin in ihrem Antrag vom 03.05.2012 darauf hin, dass im bisher gestellten Antrag weder die Strommengen noch die entrichteten Rentenversicherungsbeiträge der GmbH berücksichtigt worden sind; dies werde mit dem Antrag nachgeholt. Da die Verschmelzung der GmbH mit der Unternehmerin im September 2010 in das Handelsregister eingetragen und somit wirksam geworden ist, wäre es für die Unternehmerin als Rechtsnachfolgerin der GmbH noch möglich gewesen, vor Ablauf des Jahres 2011 einen fristgerechten Vergütungsantrag für die von der GmbH verbrauchten Strommengen zu stellen. Von dieser Möglichkeit hat sie jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Da die Unternehmerin die in § 18 Abs. 1 StromStV festgelegte Antragsfrist nicht eingehalten und auch keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht hat, kann offen bleiben, ob es sich bei der Antragsfrist um eine Verfahrensfrist oder Ausschlussfrist handelt. Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob im Streitfall § 170 Abs. 3 AO Anwendung finden könnte und ob es sich beim Antrag vom 03.05.2012 um einen Erst- oder Änderungsantrag handelt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. September 2017 – VII R 26/16
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 220, 214, BStBl II 2008, 462; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 170 AO Rz 24[↩]
- BFH, Urteile vom 08.06.2010 – VII R 37/09, BFH/NV 2010, 2122, und in BFH/NV 2009, 1602[↩]
- BFH, Urteil vom 20.09.2016 – VII R 7/16, BFHE 255, 360[↩]
- BFH, Urteil vom 10.01.2017 – VII R 26/14, BFHE 257, 285[↩]