Vorsteuerabzug für Erschließungskosten

Aus Erschließungskosten ist auch im Hinblick auf die geplante Veräußerung der erschlossenen Grundstücke kein Vorsteuerabzug möglich.

Vorsteuerabzug für Erschließungskosten

Dies entschied jetzt der Bundesfinanzhof in einem Fall, in dem sich die GmbH einer Gemeinde hatte sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, öffentliche Anlagen für die Erschließung eines Gewerbegebiets wie z.B. Straßen unentgeltlich herzustellen. Die GmbH ging davon aus, dass sie im Hinblick auf die beabsichtigte umsatzsteuerpflichtige Veräußerung der erschlossenen Grundstücke aus den von ihr bezogenen Bauleistungen für die Herstellung von Erschließungsanlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Demgegenüber verneinte der Bundesfinanzhof den Vorsteuerabzug: Die GmbH hatte während der Bauphase die einzelnen Grundstücke als öffentlich „erschlossen“ verkauft. Aus den Vereinbarungen der GmbH mit der Gemeinde und den Grundstückskäufern ergab sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass die GmbH beabsichtigte, die von ihr hergestellten Erschließungsanlagen einer öffentlich-rechtlichen Widmung zugänglich zu machen und sie hierdurch unentgeltlich an die Gemeinde zu liefern. Da die unentgeltliche Lieferung einer Entnahme gleichsteht, bestand der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den bezogenen Bauleistungen und einer Entnahme als unentgeltlicher Umsatz, so dass der Vorsteuerabzug zu versagen war. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, die Grundstücke des Erschließungsgebiets steuerpflichtig zu liefern, ändert hieran nichts.

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme im Sinne von § 3 Abs. 1b UStG 1999 zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Änderung der Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn nach seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen würde.

Der Unternehmer ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er bei Errichtung von Erschließungsanlagen beabsichtigt, diese einer Gemeinde durch Zustimmung zur öffentlich-rechtlichen Widmung der Anlagen unentgeltlich im Sinne von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG 1999 zuzuwenden. Dies gilt auch, wenn er bei der Herstellung und Zustimmung zur Widmung der Erschließungsanlagen –mittelbar– beabsichtigt, Grundstücke im Erschließungsgebiet steuerpflichtig zu liefern.

Der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bereits bei Empfang der Leistung, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er hiermit mittelbar Ziele verfolgt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Vergleichbares gilt für die unentgeltlichen Entnahmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG 1993.

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Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt1. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren:

  • Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, die steuerpflichtig sind2, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen seiner zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze3.
  • Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder –ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG)– steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug4.

    Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da „der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist“5. Hieran ist auch nach Ergehen des EuGH-Urteils „SKF“6, das auf diese Entscheidungen –wenn auch in anderem Zusammenhang– ausdrücklich Bezug nimmt, festzuhalten.

  • Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und –als solche– Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen dann direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen7. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist dann aber, dass die wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen8. Geht der Unternehmer z.B. zugleich wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach, ist der Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zuzurechnen sind9.

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme im Sinne von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG stellt die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (Nr. 1), die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (Nr. 2) und jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens (Nr. 3) einer Lieferung gegen Entgelt gleich. Voraussetzung ist weiter, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).

Die Besteuerung der Entnahmen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG beruht auf Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG, der die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke einer Lieferung gegen Entgelt gleichstellt, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stellt Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG sicher, dass ein Steuerpflichtiger, der einen Gegenstand aus seinem Unternehmen entnimmt, und ein gewöhnlicher Verbraucher, der einen Gegenstand gleicher Art kauft, gleich behandelt werden. Diese Bestimmung lässt es daher nicht zu, dass ein Steuerpflichtiger, der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die Mehrwertsteuer abziehen konnte, der Zahlung der Mehrwertsteuer entgeht, wenn er diesen Gegenstand aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf entnimmt, und dass er so gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher, der beim Erwerb des Gegenstands Mehrwertsteuer zahlt, einen ungerechtfertigten Vorteil genießt10.

Demgegenüber handelt ein Steuerpflichtiger (Unternehmer), der „einen Gegenstand ausschließlich für seinen privaten Bedarf“ erwirbt, als Privatperson und nicht als Steuerpflichtiger i.S. der Richtlinie 77/388/EWG und ist daher bereits nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt11. Dies gilt für alle Leistungen, bei denen bereits bei Bezug der Leistung feststeht, dass sie ausschließlich für Entnahmen verwendet werden sollen, die –eine vorherige Zuordnung zum Unternehmen unterstellt– nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG zu besteuern wären.

Soweit der Bundesfinanzhof demgegenüber in früheren Urteilen12 davon ausgegangen ist, dass der Unternehmer zum Vorsteuerabzug auch dann berechtigt ist, wenn er bereits beim Leistungsbezug die ausschließliche Verwendung für unentgeltliche Leistungen beabsichtigt, hält er hieran aus den vorstehend genannten Gründen nicht fest (Änderung der Rechtsprechung). Auch aus dem in den Streitjahren noch geltenden Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG, wonach der Vorsteuerabzug für unentgeltliche Leistungen, die steuerfrei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden, ausgeschlossen war, ergibt sich nicht im Umkehrschluss, dass bei einer beabsichtigten Verwendung für steuerpflichtige unentgeltliche Leistungen ein Anspruch auf Vorsteuerabzug bestand. Dementsprechend scheidet ein Vorsteuerabzug auch insoweit aus, als in den Streitjahren 1998 und 1999 noch § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993 auf unentgeltliche Leistungen an Gesellschafter anzuwenden war.

Beabsichtigt der Unternehmer eine bezogene Leistung nicht ausschließlich für Entnahmezwecke, sondern gemischt sowohl für seine wirtschaftliche Tätigkeit als auch für eine Entnahme zu verwenden, kann er nur bei einer Entnahme für Privatzwecke in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein.

Bezieht der Unternehmer eine Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist der Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die Aufwendungen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind13. Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht daher insoweit nicht, als der Unternehmer bei Leistungsbezug eine Verwendung für Entnahmen nach § 3 Abs. 1b UStG und damit für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit beabsichtigt14.

Im Urteil vom 14. Mai 200815 hat der XI. Senat des Bundesfinanzhofs allerdings für den Fall eines Unternehmers, der einen Kreisverkehr als Teil einer rechtlich und tatsächlich einheitlichen Baumaßnahme errichtete, zu der auch unternehmerisch genutzte Gebäude (Restaurant und Tankstelle) gehören, und der bereits bei Errichtung des Kreisverkehrs dessen unentgeltliche Übertragung beabsichtigte, entschieden, dass der Unternehmer den Vorsteuerabzug in vollem Umfang in Anspruch nehmen kann, aber im Umfang der Übertragung des Kreisverkehrs eine Entnahme nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG aufgrund einer „unentgeltlichen Zuwendung“ zu versteuern hat. Ob daran im Hinblick auf das EuGH-Urteil „VNLTO“16 festzuhalten ist, ist im Streitfall, in dem es um einen ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang zu einer Entnahme gemäß § 3 Abs. 1b UStG, nicht aber um eine gemischte Verwendung für wirtschaftliche und für Entnahmezwecke wie in dem BFH-Urteil vom 14. Mai 2008 geht, nicht zu entscheiden.

Handelt es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer Entnahme für private Zwecke im Sinne von Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG, und bezieht der Unternehmer eine Leistung zugleich für seine wirtschaftliche Tätigkeit und für private Zwecke, kann er die bezogene Leistung insgesamt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuordnen. Er kann dann aufgrund dieser Unternehmenszuordnung –die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit vorausgesetzt– berechtigt sein, den Vorsteuerabzug auch für die Privatverwendung in Anspruch zu nehmen, muss dann aber insoweit eine Entnahme versteuern17.

Bezieht ein privater Erschließungsträger Leistungen für die Herstellung von Anlagen, die die Grundstücke eines Erschließungsgebiets an das öffentliche Verkehrs- und Versorgungsnetz anbinden und die auf öffentlichen Flächen außerhalb der zu erschließenden Grundstücke errichtet werden (öffentliche Erschließungsanlagen), ist der Unternehmer nur bei einer entgeltlichen, nicht aber auch bei einer unentgeltlichen Übertragung der Erschließungsanlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Damit hat das Finanzamt vom Ergebnis zu Recht den Vorsteuerabzug für die streitigen Erschließungsleistungen versagt.

Stellt –wie im Streitfall– der Unternehmer Erschließungsanlagen auf fremden Grund und Boden gegen Entgelt aufgrund eines mit einer Stadt abgeschlossenen Erschließungsvertrages her, erbringt er eine Werklieferung (Lieferung von Erschließungsanlagen) im Sinne von § 3 Abs. 4 UStG an die Gemeinde, die den Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt18.

Errichtet der Unternehmer die Erschließungsanlagen auf eigenem Grund und Boden und überträgt er die Erschließungsanlagen mit dem dazugehörenden Grund und Boden auf die Gemeinde gegen Entgelt, liegt ein nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreier Umsatz vor, für den ein Verzicht nach § 9 Abs. 1 UStG nicht möglich ist, wenn die Gemeinde die Erschließungsanlagen für den hoheitlichen Bereich erwirbt. Der Unternehmer ist dann gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Soweit es sich bei den Erschließungsanlagen um Betriebsvorrichtungen handelt, ist die Übertragung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes umsatzsteuerpflichtig, so dass der Unternehmer insoweit den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann.

Zu einem weiter gehenden Vorsteuerabzug ist der Unternehmer auch dann nicht berechtigt, wenn er die im Erschließungsgebiet gelegenen Grundstücke, die durch die auf die Gemeinde übertragenen Erschließungsanlagen erschlossen werden, unter Verzicht auf die Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG i.V.m. § 9 UStG) steuerpflichtig liefert. Denn der Steuerpflichtige (Unternehmer) kann den Vorsteuerabzug nur für die Eingangsleistungen in Anspruch nehmen, die einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den besteuerten Umsätzen aufweisen, wobei „der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist“19. Besteht daher der direkte und unmittelbare Zusammenhang der für die Erschließung bezogenen Leistungen mit der steuerfreien und nur im Umfang der Betriebsvorrichtungen steuerpflichtigen Übertragung auf die Gemeinde, ist umsatzsteuerrechtlich unerheblich, dass die Herstellung der betreffenden Erschließungsanlagen letztlich –„wirtschaftlich“ betrachtet– mittelbar dazu dient, die hierdurch erschlossenen Grundstücke steuerpflichtig liefern zu können. Der Bundesfinanzhof hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung20 auch nach nochmaliger Prüfung fest.

Im Streitfall ist nicht entscheidungserheblich, ob eine eigenständige Erschließungsleistung neben der Übertragung von Erschließungsanlagen vorliegen kann21 und ob die Annahme einer gesonderten Erschließungsleistung neben einer entgeltlichen Übertragung von Erschließungsanlagen (ohne oder mit Grundflächen) den Grundsätzen zur Abgrenzung zwischen eigenständigen zu einheitlichen Leistungen22 entspricht.

Bezieht der Unternehmer Leistungen ausschließlich für die Herstellung von Erschließungsanlagen und beabsichtigt er bereits bei Leistungsbezug diese mit oder ohne dazugehörende Grundflächen unentgeltlich auf die Gemeinde zu übertragen, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Unternehmer kann für Leistungsbezüge, die er ausschließlich für Entnahmezwecke zu verwenden beabsichtigt, den Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf den Grundsatz der direkten und unmittelbaren Zuordnung ist insoweit unerheblich, dass der Unternehmer mit der unentgeltlichen Übertragung auf die Gemeinde letztlich bezweckt, die Grundstücke im Erschließungsgebiet steuerpflichtig liefern zu können. Soweit der Bundesfinanzhof bisher23 demgegenüber davon ausgegangen ist, dass der Erschließungsträger auch bei der unentgeltlichen Übertragung von Betriebsvorrichtungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, der erst durch eine korrespondierende Entnahmebesteuerung korrigiert wird, hält er hieran nicht fest.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Januar 2011 – V R 12/08

  1. EuGH, Urteil vom 13.03.2008 – C-437/06 [Securenta], Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1; BFH, Urteil vom 06.05.2010 – V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885[]
  2. gleichgestellt: Umsätze i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG[]
  3. EuGH, Urteil vom 29.10.2009 – C-29/08 [SKF], Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 57; BFH, Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung[]
  4. EuGH, Urteile „Securenta“ in Slg. 2008, I-1597 Rdnr. 30; und „SKF“ in Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 59; BFH, Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung[]
  5. EuGH, Urteile vom 06.04.1995 – C-4/94 [BLP], Slg. 1995, I-983 Rdnr. 19; vom 08.06.2000 – C-98/98 [Midland Bank], Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 20; und vom 22.02.2001 – C-408/98 [Abbey National], Slg. 2001, I-1361 Rdnr. 25[]
  6. EuGH, Urteil „SKF“ in Slg. 2009, I-10413[]
  7. EuGH, Urteil „SKF“ in Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 58; BFH, Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung[]
  8. EuGH, Urteil „Midland Bank“ in Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 31 zu Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG, § 15 Abs. 4 UStG; BFH, Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885[]
  9. EuGH, Urteil „Securenta“ in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1; BFH, Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885[]
  10. EuGH, Urteil vom 06.05.1992 – C-20/91 [De Jong], Slg. 1992, I-2847 Rdnr. 15[]
  11. EuGH, Urteil „De Jong“ in Slg. 1992, I-2847 Rdnr. 17[]
  12. BFH, Urteile vom 11.12.2003 – V R 48/02, BFHE 204, 349, BStBl II 2006, 384; und in BFHE 212, 187, BFH/NV 2006, 1233[]
  13. EuGH, Urteil „Securenta“ in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1[]
  14. vgl. EuGH, Urteil vom 12.02.2009 – C-515/07 [VNLTO], Slg. 2009, I-839 Rdnrn. 34 ff., 38 f. zu Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG[]
  15. BFH, Urteil vom 14.05.2008 – XI R 60/07, BFHE 221, 512, BStBl II 2008, 721[]
  16. EuGH, Urteil „VNLTO“ in Slg. 2009, I-839 Rdnrn. 34 ff., 38 f.[]
  17. EuGH, Urteile vom 14.07.2005 – C-434/03 [Charles und Charles-Tijmens], Slg. 2005, I-7037 Rdnrn. 23 ff.; „VNLTO“ in Slg. 2009, I-839 Rdnrn. 32 und 39, jeweils zur gleichgelagerten Problematik bei sog. Verwendungsentnahmen[]
  18. BFH, Urteil vom 22.07.2010 – V R 14/09, BFHE 231, 273, BFH/NV 2011, 166, Leitsatz 1[]
  19. EuGH, Urteile „BLP“ in Slg. 1995, I-983 Rdnr. 19; „Midland Bank“ in Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 20; und „Abbey National“ in Slg. 2001, I-1361 Rdnr. 25[]
  20. BFH, Urteile in BFHE 212, 187, BFH/NV 2006, 1233; und in BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285[]
  21. verneinend für die Übertragung von Erschließungsanlagen ohne Grundflächen: BFH, Urteil in BFHE 231, 273, BFH/NV 2011, 166, Leitsatz 1; und bejahend für eine entgeltliche Grundstücksübertragung mit Erschließungsanlagen: BFH,Urteil in BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285[]
  22. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 25.06.2009 – V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239[]
  23. BFH, Urteil in BFHE 204, 349, BStBl II 2006, 384[]
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