Der Deutsche Bundestag hat den Weg zu Änderungen am System der strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht frei gemacht. Die Regelung soll erheblich enger gefasst werden als bisher.

Vorgesehen sind unter anderem niedrigere Grenzwerte: Der Gesetzgeber hat im Jahr 2011 durch das Schawrzgeldbekämpfungsgesetz1 bestimmt, dass nur noch bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 50 000 € eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist. Bei höheren Hinterziehungsbeträgen bleibt es bei der Strafbarkeit, jedoch wird die Steuerhinterziehung unter den Voraussetzungen des neu eingeführten § 398a AO nicht mehr verfolgt. Die jetzt beschlossene Gesetzesänderung sieht eine Absenkung der 50 000-€-Grenze auf 25 000 € vor. Künftig ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO grundsätzlich nur noch bis zu diesem Betrag möglich.
Daneben sieht die Gesetzesänderung weitere Verschärfungen der Voraussetzungen sowohl für die strafbefreiende Selbstanzeige als auch für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen nach § 398a AO vor.
Hervorzuheben ist die vorgesehene Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre für die Fälle einer einfachen Steuerhinterziehung. Bisher war der Steuerpflichtige bei einfacher Steuerhinterziehung nur verpflichtet, für den Zeitraum der Verfolgungsverjährung von fünf Jahren nachzuerklären.
Hinsichtlich der besonderen Problematik der Umsatzsteuervoranmeldungen als auch der Lohnsteueranmeldungen enthält das jetzt beschlossene Gesetz Sonderregelungen, die der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit für erforderlich hielt. Darüber hinaus werden die Sperrgründe für die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige angepasst.
Ergänzend zu den strafrechtlichen Vorschriften wird eine Verlängerung der Anlaufhemmung bei der steuerrechtlichen Festsetzungsverjährung eingeführt, für den Fall, dass Kapitalerträge aus Drittstaaten stammen, die nicht am automatischen Datenaustauschverfahren teilnehmen.
Die neuen Regelungen treten zum 1. Januar 2015 in Kraft.
[content_table]25.000-€-Grenze[↑]
Im Rahmen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wurde eine 50.000-€-Grenze eingeführt, bis zu der eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist. Diese Grenze orientierte sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwirklichung eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung durch aktives Tun. Nur besonders schwerwiegende Fälle der Steuerhinterziehung sollten aus dem Anwendungsbereich der Selbstanzeige herausgenommen werden. Für diese Fälle wurde der § 398a AO eingeführt.
Künftig sollen nicht nur besonders schwerwiegende Fälle der Steuerhinterziehung dem Anwendungsbereich des § 398a AO unterworfen werden, sondern alle Fälle mit einem Hinterziehungsvolumen ab 25.000 €.
10jähriger Erklärungszeitraum[↑]
Nach § 376 Absatz 1 AO können Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von zehn Jahren strafrechtlich geahndet werden. In allen anderen Fällen tritt die Strafverfolgungsverjährung nach § 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB fünf Jahre nach der Tatbeendigung ein.
Die steuerliche Festsetzungsfrist beträgt hingegen sowohl für Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung als auch bei einfacher Steuerhinterziehung nach § 169 Absatz 2 Satz 2 AO zehn Jahre. Da der Steuerpflichtige bislang nach § 371 Absatz 1 AO nur verpflichtet war, hinsichtlich der strafrechtlich noch nicht verjährten Taten unrichtige Angaben zu berichtigen, unvollständige Angaben zu ergänzen oder unterlassene Angaben nachzuholen, musste das Finanzamt in Fällen einfacher Steuerhinterziehung für die steuerlich noch offenen Altjahre ggf. schätzen.
Die vorgesehene Änderung des § 371 Absatz 1 AO sieht weiterhin vor, dass Angaben zu allen strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang zu berichtigen sind, allerdings mindestens zu allen Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre.
Für die Selbstanzeige bedeutet die Verlängerung der Berichtigungspflicht auf mindestens zehn Kalenderjahre für alle Fälle der Steuerhinterziehung, dass auch in Fällen der einfachen Steuerhinterziehung für zehn Jahre rückwirkend die hinterzogenen Steuern nacherklärt werden müssen, unabhängig davon, ob bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Finanzbehörde erhält damit zukünftig die Angaben des Steuerpflichtigen auch für die Jahre, die sie bislang schätzen musste.
Ausgangspunkt für die Berechnung der fiktiven Frist von zehn Jahren ist die Abgabe der Selbstanzeige. Die Berichtigungspflicht besteht für alle Steuerstraftaten einer Steuerart für die zurückliegenden zehn Kalenderjahre.
Keine Strafbefreiende Selbstanzeige bei besonders schweren Fällen[↑]
Durch den neuen § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 AO wird für diejenigen Fälle, die vom Gesetzgeber als Regelbeispiele für das Vorliegen eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung bewertet werden (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 AO), ein weiterer Sperrgrund geschaffen.
Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt z. B. vor, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 AO) oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehungen verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 AO).
Aufgrund der besonderen Strafwürdigkeit dieser Fälle soll nur noch ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen nach § 398a AO möglich sein.
Verschärfung der Sperrgründe für eine Selbstanzeige[↑]
Mit der Änderung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c AO wird der Umfang der Sperrwirkung des Erscheinens eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung beschränkt. Zusammen mit der Einführung des neuen Satzes 2 in § 371 Absatz 2 AO wird durch diese Änderung gewährleistet, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume, die nicht von der Außenprüfung umfasst sind, grundsätzlich möglich bleibt.
Die Sperrgründe nach § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AO werden um einen neuen Buchstaben e erweitert. Es wird gesetzlich festgelegt, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige in der Zeit nicht möglich ist, in der ein Amtsträger der Finanzbehörde zur Umsatzsteuer-Nachschau, Lohnsteuer-Nachschau oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist. Dieser Sperrgrund greift jedoch nur ein, wenn der Amtsträger der Finanzbehörde sich auch als solcher ausgewiesen hat, da andernfalls der betroffene Steuerpflichtige nicht wissen könnte, ob eine Nachschau stattfindet oder nicht.
Führt die Nachschau zu keinen Ergebnissen, entfällt der Sperrgrund sobald die Nachschau beendet ist (z. B. Verlassen des Ladenlokals oder der Geschäftsräume). Sofern die Nachschau jedoch zu Erkenntnissen oder Ergebnissen führt, die Anlass zu weiteren Maßnahmen bieten, dürfte im Regelfall ein anderer Sperrgrund greifen (z. B. bei Tatentdeckung § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 AO oder bei Übergang zur Außenprüfung § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO).
Durch die Einführung des § 371 Absatz 2 Satz 2 AO wird ermöglicht, dass trotz Bekanntgabe der Prüfungsanordnung oder des Erscheinens des Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume abgegeben werden kann, die nicht der Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c AO unterliegen. Das Vollständigkeitsgebot nach § 371 Absatz 1 AO wird dadurch auf die Steuerstraftaten einer Steuerart begrenzt, die nicht Gegenstand des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer (angekündigten) Außenprüfung sind.
Sperrwirkung für Anstifter und Gehilfen[↑]
Durch das Ersetzen des bisherigen Begriffs des „Täters“ durch den Begriff des „an der Tat Beteiligten“ erstreckt sich zukünftig die Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO auch auf Anstifter und Gehilfen. Wenn z. B. einem Täter einer Steuerhinterziehung die Prüfungsanordnung nach § 196 AO für eine steuerliche Außenprüfung bekannt gegeben worden ist, kann zukünftig der Anstifter zu der Steuerhinterziehung nicht mehr eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung abgeben. Vielmehr ist auch für ihn die Selbstanzeige gesperrt.
Mit der Aufnahme des Begriffs des „Begünstigten“ im Sinne des § 370 Absatz 1 AO wird eine Regelungslücke geschlossen. In der Vergangenheit sind in der Praxis Fälle aufgetreten, in denen ein Mitarbeiter zugunsten des Unternehmens eine Steuerhinterziehung begangen hat. Der Mitarbeiter ist damit ein an der Tat Beteiligter. Nachdem der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, wird dem Unternehmen eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben. Bislang hat die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an das Unternehmen keine Auswirkungen auf die Möglichkeit der Abgabe einer Selbstanzeige durch den ehemaligen Mitarbeiter. Dieser konnte eine Selbstanzeige abgeben, obwohl er ein an der Tat Beteiligter war und dem Unternehmen bereits die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Nunmehr wird gesetzlich festgelegt, dass die Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO auch für den an der Tat Beteiligten, also auch für den Mitarbeiter gilt, der nicht selbst Adressat der Prüfungsanordnung ist. Es ist nicht notwendig, dass der an der Tat Beteiligte von der Prüfungsanordnung Kenntnis erhalten muss. Ziel ist es, das ein an der Tat Beteiligter nicht vom Auseinanderfallen zwischen Tatbeteiligten und Begünstigten der Steuerhinterziehung profitiert. Die Sperrwirkung soll sich daher auch auf einen ausgeschiedenen Mitarbeiter erstrecken.
Die Änderung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO sieht des Weiteren eine Einschränkung der bislang umfassenden Sperrwirkung einer Prüfungsanordnung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung vor. Zusammen mit der Einführung des § 371 Absatz 2 Satz 2 AO wird durch diese Änderung gewährleistet, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume, die nicht von der angekündigten Außenprüfung umfasst sind, grundsätzlich möglich bleibt.
Durch das Ersetzen des bisherigen Begriffs des „Täters“ durch den Begriff des „an der Tat Beteiligten“ in § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO erstreckt sich zukünftig die Sperrwirkung der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens auch auf Anstifter und Gehilfen. Nach dem Wortlaut der bisherigen Vorschrift galt die Sperrwirkung bislang nur für den Täter oder seinen Vertreter. Zukünftig kann ein Gehilfe der Steuerhinterziehung keine Selbstanzeige mehr abgeben, wenn die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens dem Täter bekannt gegeben worden ist.
Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteuervoranmeldungen[↑]
Vor dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurden im Bereich der Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen Steuerstrafverfahren oder Bußgeldverfahren nur in Einzelfällen eingeleitet. Im Regelfall konnte von einer genauen Abgrenzung zwischen einer Berichtigung nach § 153 AO und einer Selbstanzeige abgesehen werden, da jedenfalls die Voraussetzungen für eine Selbstanzeige erfüllt waren. Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurde die nachträgliche Korrektur von Umsatzsteuervormeldungen und Lohnsteueranmeldungen erheblich eingeschränkt.
Eine korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung, die eine wirksame Selbstanzeige darstellt, kann nicht noch einmal, z. B. im Rahmen einer weiteren Voranmeldung oder im Rahmen der Jahreserklärung, als wirksame Selbstanzeige gewertet werden. Dies ergibt sich daraus, dass eine Selbstanzeige dazu führt, dass die Steuerhinterziehung bekannt ist und damit der Sperrgrund der Tatentdeckung greift.
Eine Umsatzsteuerjahreserklärung z. B. für das Jahr 2011 kann nach geltendem Recht nicht als wirksame Selbstanzeige gewertet werden, wenn bereits Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2012 falsch abgegeben wurden und diese in der Jahreserklärung 01 nicht gleichzeitig korrigiert werden. Dies ergibt sich aus dem Gebot, zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die Berichtigung durchzuführen (Gebot der Vollständigkeit nach § 371 Absatz 1 AO).
Darüber hinaus liegt nach gefestigter Rechtsprechung eine Steuerhinterziehung auch dann vor, wenn die Abgabefrist einer Voranmeldung überschritten wird. Gibt der Unternehmer die Voranmeldung zu einem späteren Zeitpunkt ab, ist diese dann als Selbstanzeige zu werten, die aber nur wirksam wird, wenn auch Unrichtigkeiten in vorhergehenden Voranmeldungen korrigiert werden (Gebot der Vollständigkeit). Sie führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Entdeckung der Tat. Dies hat zur Folge, dass weitere Korrekturen, z. B. im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung, nicht mehr möglich sind.
Um Rechtssicherheit für die Praxis zu schaffen, ist für die Umsatzsteuervoranmeldung, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt, und die Lohnsteueranmeldung eine Regelung vorgesehen, die eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot des § 371 AO und der Tatentdeckung vorsieht. Damit wird der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes für den Bereich der Umsatzsteuervoranmeldung und der Lohnsteueranmeldung wieder hergestellt. D. h. eine korrigierte oder verspätete Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung gilt zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige. Als weitere Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot ist vorgesehen, dass die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Vorjahr nicht auch Berichtigungen für die Umsatzsteuervoranmeldungen des laufenden Jahres umfassen muss.
Eine korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung kann darüber hinaus als wirksame Selbstanzeige auch abgegeben werden, wenn eine Außenprüfung durch Prüfungsanordnung für zurückliegende Besteuerungszeiträume angekündigt wurde bzw. ein Amtsträger zur Außenprüfung für zurückliegende Besteuerungszeiträume erschienen ist (vgl. § 371 Absatz 2 Satz 2 AO).
Nachzahlungszinsen[↑]
Hinterzogene Steuern sind nach § 235 AO zu verzinsen. Bei bestimmten Jahressteuerfestsetzungen (insbesondere der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer) greift bei Steuernachzahlungen verschuldensunabhängig daneben auch die allgemeine Verzinsungsregelung des § 233a AO ein (so genannte Vollverzinsung). Nach § 235 Absatz 4 AO sind diese Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen, soweit sie für den denselben Zeitraum (Zinslauf) festgesetzt wurden. Damit wird eine Doppelverzinsung ein und derselben Steuernachforderung vermieden, indem nur der nach Anrechnung der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO verbleibende Differenzbetrag als Hinterziehungszins festgesetzt und erhoben wird.
Die Zahlung der Zinsen auf die Steuernachforderung war bisher nicht Voraussetzung, um im Rahmen einer Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen. Zukünftig sind sowohl die nach § 235 AO festgesetzten Hinterziehungszinsen als auch ggf. die Nachzahlungszinsen nach § 233a AO, soweit sie nach § 235 Absatz 4 AO auf die festgesetzten Hinterziehungszinsen angerechnet werden, mit der hinterzogenen Steuer fristgemäß zu zahlen, um Straffreiheit nach § 371 AO zu erlangen. Die Einbeziehung der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO, die nach § 235 Absatz 4 AO auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden, verhindert dabei eine sachwidrige Begünstigung der Fälle, in denen Nachzahlungszinsen nach § 233a AO anfallen, gegenüber den Fällen, in denen die hinterzogene Steuer aus welchen Gründen auch immer nicht der Verzinsung nach § 233a AO unterliegt.
Bei Umsatzsteuervoranmeldungen, mit Ausnahme der Umsatzsteuerjahreserklärung, und Lohnsteueranmeldungen (§ 371 Absatz 2a Satz 1 AO) soll die Straffreiheit allerdings nicht davon abhängen, dass auch die Zinsen zugleich mit der hinterzogenen Steuer entrichtet werden. Hier soll weiterhin die bisherige Rechtslage gelten.
Hinterziehungszinsen[↑]
Für die vorsätzlich begangene Steuerhinterziehung ist künftig zur Erlangung der Straffreiheit durch eine Selbstanzeige vorgesehen, dass auch die Hinterziehungszinsen zu entrichten sind. Dies soll jedoch bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung, die lediglich mit Geldbuße bedroht ist, nicht gelten. Die vorgesehene Änderung ist erforderlich, um dies sicherzustellen.
Der neue § 378 Absatz 3 Satz 2 AO besagt, dass wenn Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt sind, eine Geldbuße nicht festgesetzt wird, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet.
Neben dem bisherigen Erfordernis, die hinterzogenen Steuern innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist zu entrichten, müssen nunmehr nach § 298a Abs. 1 Nr. 1 AO auch die Zinsen innerhalb dieser Frist entrichtet werden (Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und Zinsen nach § 233a AO, soweit sie nach § 235 Absatz 4 AO auf die festgesetzten Hinterziehungszinsen angerechnet werden). Nur wenn auch diese Zinsen fristgemäß entrichtet werden, wird bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen.
Erhöhung des Zuzahlungsbetrages[↑]
Der geänderte § 398a Absatz 1 Nummer 2 AO sieht eine deutliche Anhebung des Geldbetrages vor, der zugunsten der Staatskasse zusätzlich zu entrichten ist, um von strafrechtlicher Verfolgung frei zu werden.
Der Geldbetrag bezieht sich auf die jeweilige noch nicht verjährte Straftat (Steuerart und Besteuerungszeitraum). Für besonders schwere Fälle einer Steuerhinterziehung beträgt die Strafverfolgungsverjährung nach § 376 AO zehn Jahre. In allen anderen Fällen von Steuerhinterziehung tritt die Strafverfolgungsverjährung nach § 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB fünf Jahre nach der Tatbeendigung ein.
Da die Höhe des Hinterziehungsbetrages einen wesentlichen Umstand für die Bemessung der Schuld des Straftäters darstellt, sollen die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um einer Strafverfolgung zu entgehen, sich an der Höhe des Hinterziehungsbetrages orientieren. Daher wird eine Staffelung des zu zahlenden Geldbetrags eingeführt. Danach soll von strafrechtlicher Verfolgung abgesehen werden, wenn der jeweilige Prozentsatz auf die hinterzogenen Steuern, den das Gesetz zukünftig vorsieht, gezahlt wird.
Die Ergänzung in § 298a Abs. 2 AO dient zur Klarstellung, dass der Hinterziehungsbetrag bei § 398a AO nach den gleichen Grundsätzen zu bemessen ist, wie bei § 370 AO. Das heißt, dass insbesondere auch das sog. Kompensationsverbot nach § 370 Absatz 4 Satz 3 AO zu beachten ist. Damit ist es auch für die Bemessung des Hinterziehungsbetrages im Rahmen des § 398a AO unerheblich, ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
Danach sind z. B. bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer unterlassene Abzüge von Vorsteuerbeträgen nicht zu berücksichtigen, da kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen diesen steuermindernden und steuererhöhenden Umständen gegeben ist. Ein solcher Zusammenhang besteht hingegen z. B. zwischen nicht verbuchten Geschäften einerseits und den Anschaffungskosten der verkauften Waren und den Provisionsaufwendungen für den Verkäufer andererseits; ferner bei Betriebseinnahmen und den damit zusammenhängenden Betriebsausgaben.
Festsetzungsverjährung bei ausländischen Kapitalerträgen[↑]
Der neue § 170 Absatz 6 AO geht als Lex specialis dem § 170 Absatz 1 und 2 AO vor, der allgemein den Beginn der steuerlichen Festsetzungsfrist regelt. § 170 Absatz 6 AO soll gewährleisten, dass für bestimmte ausländische Kapitalerträge, die den deutschen Finanzbehörden nicht durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, diese zukünftig zutreffend besteuert werden können. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die bislang geltenden Verjährungsfristen durch ihren späteren Beginn deutlich hinausgeschoben werden.
Gegenwärtig erlangen in der Praxis die Finanzbehörden häufig nur zufällig über ausländische Kapitalerträge Kenntnis (z. B. im Rahmen der Auswertung einer Daten-CD). Diese ausländischen Kapitalerträge wurden häufig jahrelang den Finanzbehörden gegenüber verschwiegen, obwohl sie hätten erklärt werden müssen. Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung kann weder die Steuer auf diese Kapitalerträge festgesetzt werden noch kommt eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung in Betracht. Durch die Neuregelung soll für einen längeren Zeitraum die Durchsetzung des Steueranspruchs ermöglicht werden.
Wiederaufnahmemöglichkeit bei unvollständigen Selbstanzeigen[↑]
Um „Gestaltungen“ bei der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige im Rahmen des § 398a AO vorzubeugen, sieht § 398a Abs. 2 AO zukünftig eine ausdrückliche Wiederaufnahmemöglichkeit des Strafverfahrens vor. Der Gesetzgeber sah hier die Gefahr, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen ist, wenn der betroffene Steuerpflichtige keine vollständige und richtige Selbstanzeige abgegeben hätte, dies jedoch erst nach Einstellung des Verfahrens bekannt würde.
Für den Fall der Wiederaufnahme soll der neue § 398a Abs. 4 AO sicherstellen, dass in Fällen, in denen das Strafverfahren trotz Zahlung des Zuschlages nicht eingestellt wird oder es zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens kommt, das mit einer Verurteilung endet, der gezahlte Zuschlag nach § 398a Absatz 1 Nummer 2 AO vom Gericht auf eine Geldstrafe angerechnet werden kann. Eine Erstattung des Zuschlags erfolgt nicht.
- Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28. April 2011, BGBl. I S. 676[↩]