Geht ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid beim Finanzamt am letzten Tag der Einspruchsfrist ein, ist die Einspruchsfrist auch dann gewahrt, wenn das Telefax persönlich an den Vorsteher des Finanzamtes adressiert war.

Im vorliegend vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ging am letzten Tag der Einspruchsfrist beim Finanzamt ein Fax des Prozessbevollmächtigten der Kläger ein, mit dem unter Angabe des Namens, der Identifikationsnummer und der Steuernummer Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2010 eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wurde. Das Fax war wie folgt adressiert: „Persönlich Herrn Vorsteher … Finanzamt …“.
Das Fax wurde entsprechend den Regelungen in der Geschäftsordnung für die Finanzämter -FAGO 2010-1 aufgrund seiner persönlichen Adressierung dem Vorsteher zugeleitet und erreichte diesen erst am Folgetag, der auch als Eingangsdatum vermerkt wurde.
Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig. Das Schreiben habe die private Sphäre des Vorstehers erst verlassen, nachdem er erkannt habe, dass es sich um eine dienstliche Sache handele. Der Prozessbevollmächtigte, der den überwiegenden Teil seiner an das Finanzamt gerichteten Schreiben an den Vorsteher adressiere, sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass dies zu Fristversäumnissen führen könne. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Das Finanzgericht entschied, der Einspruch sei rechtzeitig eingegangen. Unerheblich sei, dass er an den Vorsteher unter Beifügung des Zusatzes „persönlich“ adressiert gewesen sei, denn die FAGO 2010 entfalte keine nachteiligen Rechtsfolgen gegenüber dem Steuerpflichtigen. Das Einspruchsschreiben sei vor der Weiterleitung in den Geschäftsgang nicht Bestandteil der persönlichen Sphäre des Vorstehers gewesen, da es zweifelsfrei als Rechtsbehelf und damit als dienstlich zu erkennen sei. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun diese Rechtsansicht:
Der Einspruch ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die bei der Behörde anzubringen ist, deren Verwaltungsakt angefochten wird (§ 357 Abs. 2 Satz 1 AO). Die einmonatige Einspruchsfrist ist gewahrt, wenn der Einspruch der Empfangsbehörde bis zum Ende der Frist zugeht. Geht beim Finanzamt ein Fax ein, das als Einspruch bezeichnet und auch auf den ersten Blick als Einspruchsschreiben erkennbar ist, so ist es dem Finanzamt auch dann zugegangen, wenn es an einen Bediensteten oder -wie hier- den Vorsteher persönlich adressiert ist.
Die Regelung in Nr. 3.1 Abs. 5 FAGO 2010 steht dem nicht entgegen. Danach sind Eingänge mit dem Zusatz „persönlich“ direkt und ungeöffnet dem Empfänger zuzuleiten, der sie, falls es sich um eine dienstliche Angelegenheit handelt, mit Eingangsdatum und Namenszeichen zu versehen und unverzüglich in den Geschäftsgang zu geben hat. Eine ungeöffnete Weiterleitung kommt bei einem Fax jedoch nicht in Betracht. Sein Inhalt ist wie der einer Postkarte „offen“, so dass die Bediensteten der Eingangsstelle erkennen können, ob es sich um ein privates oder ein dienstliches Schreiben handelt.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28. April 2014 – III B 44/13
- vom 16.11.2010 BStBl I 2010, 1315[↩]