Zustellung an den Prozessbevollmächtigten – nach Erlöschen der Anwaltszulassung

Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ist ein aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil den Beteiligten zuzustellen. Zugestellt wird gemäß § 53 Abs. 2 FGO von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO).

Zustellung an den Prozessbevollmächtigten – nach Erlöschen der Anwaltszulassung

Im hier entschiedenen Streitfall hat der Kläger die Beschwerdeeinlegungs- und die Beschwerdebegründungsfrist versäumt. Das Urteil der Vorinstanz wurde dem R am 2.12 2008 mit Zustellungsurkunde (§§ 176 bis 182 ZPO) durch Einlegen in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellt (§ 180 ZPO). Selbst wenn die Prozessvollmacht des R in Folge des Verlusts seiner Vertretungsfähigkeit (§ 62 Abs. 2 Satz 1 FGO) durch den vom Kläger geltend gemachten Entzug der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen sein sollte1, war die Zustellung des Urteils an R gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO wirksam. § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO dient der Rechtssicherheit. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung an einen nicht (mehr) vertretungsbefugten Bevollmächtigten wirksam ist, müssen Gericht und Beteiligte hiernach nicht nachforschen, wann die Vertretungsbefugnis entfallen ist2. Eine Zurückweisung des R als Bevollmächtigten durch das Finanzgericht ist nicht erfolgt.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO ist dem Kläger nicht zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden kann (§ 56 Abs. 3 FGO). Dass der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr waren den Prozessbevollmächtigten des Klägers durch die ihnen am 27.03.2009 vom Finanzgericht gewährte Akteneinsicht sowohl das Urteil der Vorinstanz als auch die Zustellung des Urteils am 2.12 2008 mittels Zustellungsurkunde bekannt.

Weiterlesen:
Anwaltsgebühren im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 2. März 2015 – VI B 125/14

  1. vgl. dazu Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 62 Rz 41; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 62 Rz 69[]
  2. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 62 Rz 42[]