Kraft-Wärme-Kopplung, Einspeiseanpassung und § 13 EnWG

Das Bundesverfassungsgericht hat eine bei ihm anhängige Verfassungsbeschwerde gegen § 13 Energiewirtschaftsgesetz als unzulässig – wegen Nichtgenügens der Begründungsanforderungen – behandelt und nicht zur Entscheidung angenommen. Die Regelung des § 13 EnWG verpflichtet die Betreiber privater Kraftwerke, ihre Einspeisung in das öffentliche Netz auf Anforderung des Netzbetreibers gegen entsprechendes Entgelt anzupassen. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Begründungsanforderungen und ist daher unzulässig.

Kraft-Wärme-Kopplung, Einspeiseanpassung und § 13 EnWG

Nach § 13 Abs. 1a EnWG sind insbesondere die Betreiber bestimmter Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie auf Anforderung durch die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, “ … gegen angemessene Vergütung die Wirkleistungs- oder Blindleistungseinspeisung anzupassen“. Ein im Zusammenhang mit der „Energiewende“ erlassenes Gesetz vom 20.12 2012 senkte die Leistungsgrenze für die betroffenen Anlagen von 50 auf 10 Megawatt und strich das bisherige Erfordernis einer Spannung von mindestens 110 Kilovolt.

Der Ausgangssachverhalt[↑]

Die Beschwerdeführerin stellt Papier, Karton und Pappe her. Zu ihrer Fabrik V. gehört ein kraft-wärme-gekoppeltes Kraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von insgesamt 283, 7 Megawatt.

Das Kraftwerk versetzt die Beschwerdeführerin in die Lage, den gesamten Eigenbedarf an Strom und Wärme für ihre Produktion selbst zu erzeugen. Ihre Stromerzeugung erfolgt ausschließlich in Abhängigkeit von der Dampferzeugung zur Deckung des Wärmebedarfs im Rahmen des Produktionsprozesses („wärmegeführte Fahrweise“). Den verbleibenden Überschuss aus der Stromerzeugung speist die Beschwerdeführerin in das Elektrizitätsversorgungsnetz mit einer Spannung von 20 Kilovolt ein.

Weiterlesen:
Die Marke "smartbook"

Nach § 13 Abs. 1a EnWG sind insbesondere die Betreiber bestimmter Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie auf Anforderung durch die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, “ … gegen angemessene Vergütung die Wirkleistungs- oder Blindleistungseinspeisung anzupassen“. Durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12 20121 wurde die Leistungsgrenze zur Bestimmung der betroffenen Kraftwerke von 50 auf 10 Megawatt gesenkt und das Mindesterfordernis der Anbindung an Elektrizitätsversorgungsnetze mit einer Spannung von mindestens 110 Kilovolt gestrichen. Ausweislich der Gesetzesbegründung2 hätten die Erfahrungen im Umgang mit Versorgungsengpässen gezeigt, dass auch diese Kraftwerke mit geringerer Leistung entscheidenden Einfluss auf den Erhalt der Systemstabilität haben könnten. Vor diesem Hintergrund erschienen eine Absenkung des Schwellenwertes und damit eine Ausweitung des Kreises der potentiell Verpflichteten zielführend.

Die Verfassungsbeschwerde[↑]

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG, auch in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, hilfsweise von Art. 3 Abs. 1 GG.

Da die Vorschrift jetzt auch das von ihr betriebene Kraftwerk erfasse, sei sie durch die angegriffene Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Durch die Anordnung von Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a EnWG könne es zu erheblichen Produktionsausfällen kommen, weil durch die wärmegeführte, nicht disponible Fahrweise der Anlage eine Erhöhung oder Absenkung der Einspeiseleistung stets zu einer Verminderung oder gar Unterbrechung der Produktion führe. Das Gesetz sei unverhältnismäßig und somit eine verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Es verletze den Grundsatz des Vertrauensschutzes und den im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigenden Gleichheitsgrundsatz. Art. 3 Abs. 1 GG werde verletzt, weil ihr nicht disponibles Kraftwerk mit disponiblen Kraftwerken gleichbehandelt werde.

Weiterlesen:
Internet-Videorecorder II

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[↑]

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie erfüllt nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin geboten. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; sie ist nicht in einer den Anforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG entsprechenden Weise begründet.

Die Beschwerdeführerin hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass sie durch die angegriffene Norm gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist.

Von einer gegenwärtigen Betroffenheit geht das Bundesverfassungsgericht zwar auch dann aus, wenn klar abzusehen ist, dass und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein wird3. Eine solche Absehbarkeit ergibt sich aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin aber nicht. Nach § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG ist die Regulierungsbehörde unter anderem ermächtigt, nach § 29 Abs. 1 EnWG Festlegungen zur Konkretisierung des Adressatenkreises nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG zu treffen. Die Beschwerdeführerin hat nichts dazu vorgetragen, ob eine solche Konkretisierung erfolgt ist und ob sie in diesem Fall weiterhin von der Regelung erfasst wird. Insbesondere verhält sie sich nicht zu der Festlegung der Bundesnetzagentur vom 30.10.2012 zur Standardisierung vertraglicher Rahmenbedingungen für Eingriffsmöglichkeiten der Übertragungsnetzbetreiber in die Fahrweise von Erzeugungsanlagen.

Weiterlesen:
Gebührenvereinbarung des Strafverteidigers

Die Beschwerdeführerin hat auch nicht dargelegt, dass sie durch die Vorschrift des § 13 Abs. 1a EnWG unmittelbar betroffen ist. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz dann nicht zu, wenn zu seiner Durchführung noch ein besonderer Vollziehungsakt der Verwaltung erforderlich ist4. Auch insoweit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit der Frage auseinander, welche Auswirkungen die Festlegung der Bundesnetzagentur für sie hat.

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch nicht dargetan, dass sie den Rechtsweg erschöpft hat. Soweit sie Adressatin der Festlegung der Bundesnetzagentur ist und durch diese beschwert wird oder § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG drittschützende Wirkung zukommt, hätte sie die entsprechenden Rechtsmittel in Anspruch nehmen können.

Zweifelhaft ist zudem, ob die Beschwerdeführerin den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde beachtet hat. Es ist aus ihrem Vorbringen jedenfalls nicht ersichtlich, ob sie mit der Bundesnetzagentur Kontakt aufgenommen hat, um unter Darlegung der besonderen Umstände ihres nicht disponiblen Kraftwerks zu erreichen, dass sie – wenn dies nicht bereits der Fall sein sollte – aus dem Adressatenkreis des § 13 Abs. 1a EnWG ausgenommen wird.

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinreichend deutlich gemacht hat5.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 2014 – 1 BvR 3570/13

  1. BGBl I S. 2730[]
  2. BT-Drs. 17/11705, S. 50[]
  3. vgl. BVerfGE 74, 297, 320; 97, 157, 164; 101, 54, 73 f.[]
  4. vgl. BVerfGE 109, 279, 306[]
  5. vgl. zu diesem Maßstab BVerfGE 108, 370, 386 f. m.w.N.[]
Weiterlesen:
Gewährleistung für ehemalige Tankstellengrundstücke