Das gekündigte Arbeitsverhältnis – und seine Fortsetzung

Wird das Dienstverhältnis nach dem Ablauf der Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Teils fortgesetzt, so gilt es gemäß § 625 BGB als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Teil unverzüglich widerspricht.

Das gekündigte Arbeitsverhältnis – und seine Fortsetzung

Die Vorschrift regelt die stillschweigende (unveränderte) Verlängerung von Dienstverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien1.

Die fingierte Bereitschaft des Dienstberechtigten, das Dienstverhältnis fortzusetzen, setzt voraus, dass ihm bekannt ist, dass der Dienstverpflichtete für ihn weitere Dienstleistungen erbringt. Es kommt auf die Kenntnis des geschäftsfähigen Dienstberechtigten oder seines Vertreters an, wobei sich die Vertretungsmacht auf den Abschluss eines Dienst- bzw. Arbeitsvertrags beziehen muss.

Ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit kommt zum Beispiel dann nicht zustande, wenn lediglich Kollegen des Arbeitnehmers über dessen weiteres Verbleiben am Arbeitsplatz unterrichtet sind, die den Endzeitpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht kennen und nicht zur Entscheidung über das weitere Verbleiben des Arbeitnehmers befugt sind2.

Im hier entschiedenen Fall sah das Bundesarbeitsgericht auch keinen Entlohnungsanspruch des Arbeitnehmers aus faktischem Arbeitsverhältnis:

Ein faktisches (genauer: fehlerhaftes) Arbeitsverhältnis besteht, wenn ein Arbeitnehmer ohne wirksame Vertragsgrundlage Arbeit geleistet hat. Voraussetzung eines solchen fehlerhaften Arbeitsverhältnisses ist zunächst eine Willenseinigung als tatsächlicher Akt, dh. es müssen zwei korrespondierende, auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete, allerdings unwirksame oder anfechtbare Willenserklärungen vorliegen. Fehlt dagegen bereits eine – wenn auch fehlerhafte – rechtsgeschäftliche Übereinkunft, liegt kein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis vor. Der in diesem Zusammenhang oftmals verwendete Begriff des „faktischen Arbeitsverhältnisses“ ist missverständlich, weil es in jedem Falle eines, wenn auch gestörten Vertragsschlusses bedarf, dh. der Vertrag nicht lediglich durch die Arbeitsleistung zustande kommt3. Anderenfalls könnte das bloße Aufdrängen einer Arbeitsleistung zu vertraglichen Ansprüchen führen4.

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Im hier entschiedenen Fall hat der Arbeitnehmer aber gerade keine rechtsgeschäftliche Übereinkunft mit der Arbeitgeberin bezüglich der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungszeitpunkt hinaus erzielt.

In der Konsequenz können Entgeltansprüche für rechtsgrundlos erbrachte Arbeitsleistungen auch nicht als Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) geltend gemacht werden. Es handelt sich allenfalls um eine aufgedrängte Bereicherung5.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A)

  1. BAG 21.11.2013 – 6 AZR 664/12, Rn. 64[]
  2. KR/Fischermeier/Krumbiegel 12. Aufl. § 625 BGB Rn. 27 f. mwN[]
  3. BAG 27.05.2020 – 5 AZR 247/19, Rn. 28 mwN; vgl. auch MünchKomm-BGB/Spinner 8. Aufl. § 611a Rn. 557[]
  4. vgl. MHdB ArbR/Benecke 4. Aufl. Bd. 1 § 38 Rn. 49[]
  5. BAG 16.03.1972 – 5 AZR 379/71, zu I 4 der Gründe[]