Bedingt vorsätzliche Steuerhinterziehung – bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen

Auch beim bedingten Vorsatz muss das erforderliche voluntative Element vorliegen1.

Bedingt vorsätzliche Steuerhinterziehung – bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen

Vorsatz scheidet bereits deswegen aus, weil einerseits die gewerblichen Kosten, soweit dies nach den Feststellungen überhaupt in Betracht kommt, in betrieblich und privat veranlasste Kosten teilbar sind, andererseits insoweit auch jeweils eine ausländische Betriebsstätte vorliegen könnte.

So hatte sich auch in dem hier entschiedenen Fall das Landgericht ausführlich mit der jeweiligen Nutzung von Wohnung und nachfolgend der Villa auseinandergesetzt, hat die Einlassungen des Angeklagten, Zeugenaussagen und objektive Umstände diskutiert und gewichtet und ist schließlich im Rahmen einer Gesamtabwägung zur Verneinung des Vorliegens einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung durch den Angeklagten gekommen. Insoweit erweist sich auch die Feststellung der Wirtschaftsstrafkammer, der Angeklagte sei tatsächlich davon ausgegangen, dass die Kosten auf Grund ihrer betrieblichen Veranlassung auch als Betriebskosten geltend gemacht werden dürften, als nicht durchgreifend rechtsfehlerhaft; denn immerhin ist auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen schon im Tatzeitraum diskutiert worden, so dass bereits aufgrund dessen erhebliche Zweifel am Vorsatz des Angeklagten bestehen2.

Weiter verstärkt werden konnten die Zweifel der Strafkammer an dem Vorsatz des Angeklagten durch den Umstand, dass die B. -GmbH in Spanien möglicherweise eine Betriebsstätte begründet hatte. Die Annahme einer in Spanien vorhandenen Betriebsstätte würde einen betrieblichen Zusammenhang begründen, auch wenn sich hieran weitere steuerliche Überlegungen anschließen würden. Gerade die vom Angeklagten angenommene und aufgrund der Feststellung der Strafkammer auch nahe liegende betriebliche Veranlassung durch die Begründung einer Betriebsstätte war aber für die Strafkammer maßgeblich, um den Vorsatz des Angeklagten auszuschließen. Dem entspricht, dass die Mitarbeiter, welche mehrfach an betrieblichen Zusammenkünften in Mallorca teilnahmen, alle berichteten, dass dort im Wesentlichen – manchmal auch bis nachts – gearbeitet wurde. „Mallorca sei wie eine Enklave gewesen, alle hätten an einem Ort gearbeitet, bis ein Ergebnis erzielt worden sei. Außerdem habe die Villa „bis auf den schönen Blick“ keine Freizeitmöglichkeiten in der Umgebung geboten“.

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Was die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen betrifft, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass diese der Höhe nach angesichts der in Mallorca durch den Angeklagten und seine Mitarbeiter erbrachten Leistungen für die GmbH noch angemessen waren.

Die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte ohne Hinterziehungsvorsatz handelte, weil er der sicheren Auffassung war, dass die Aufwendungen steuerlich berücksichtigungsfähig seien, wenn er dort praktisch andauernd arbeitete, zumal er sein Segelboot zunächst nur noch zum Schlafen, nach dem Kauf der Villa überhaupt nicht mehr benutzte, so dass die Aufenthalte auf Mallorca allenfalls einen geringen Freizeitwert hatten, welcher aber nach mindestens 60 Arbeitsstunden pro Woche durch den Angeklagten nicht mehr steuermindernd ins Gewicht fallen, weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

Der Umstand, dass die Wirtschaftsstrafkammer das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO nicht ausdrücklich geprüft hat3, führt hier ebenfalls nicht zur Aufhebung des freisprechenden Urteils. Aus dem Zusammenhang der rechtsfehlerfreien Feststellungen lässt sich auch ein leichtfertiges Verhalten des Angeklagten ausschließen, weil der Angeklagte seine Steuerberaterin umfassend über seine Tätigkeit und die seiner Mitarbeiter auf Mallorca informiert hatte, so dass er sich unter den festgestellten Umständen auf deren Rechtsauskunft verlassen durfte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. September 2017 – 1 StR 365/16

  1. BGH, Urteil vom 13.07.2017 – 1 StR 536/16[]
  2. FG Köln, Urteil vom 21.06.2001 – 10 K 6288/96, DStRE 2001, 1019; BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl 2010, 672[]
  3. vgl. dazu BGH, Beschluss vom 01.10.2013 – 1 StR 312/13, NStZ 2014, 331 [Rn. 29] und Urteil vom 08.09.2011 – 1 StR 38/11, BGHR AO § 378 Leichtfertigkeit 5[]
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