Eigenkapitalersatzrecht aus Vor-MoMiG-Zeiten

Das frühere Eigenkapitalersatzrecht bleibt auch nach Inkrafttreten des MoMiG in „Altfällen“ weiterhin anwendbar, wie der Bundesgerichtshof jetzt entschieden hat.

Eigenkapitalersatzrecht aus Vor-MoMiG-Zeiten

Der BGH hatte über die zum zweiten Mal in die Revisionsinstanz gelangte, auf eigenkapitalersatzrechtliche Erstattungsansprüche nach den sog. Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b GmbHG a. F.) und den sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a. F. analog) gestützte Klage eines Insolvenzverwalters gegen den Alleingesellschafter einer GmbH zu entscheiden, die – nach dem zu unterstellenden Vorbringen des Klägers – bereits im Herbst 1999 in die Krise geraten und über deren Vermögen infolgedessen im Juni 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Während des anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahrens ist zwischenzeitlich am 1. November 2008 das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) in Kraft getreten, das u. a. die sog. Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG a. F. aufgehoben, deren Regelungsgehalt (teilweise gleichlautend) in das Insolvenzrecht verlagert und die sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a. F. analog) durch die neu eingefügte „Nichtanwendungsvorschrift“ des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n. F. außer Kraft gesetzt hat.

Zu der durch die Gesetzesänderung aufgeworfenen Frage des intertemporal anwendbaren Rechts in sog. „Altfällen“ verhält sich (nur) die Überleitungsnorm des Art. 103 d EGInsO, die in ihrem Satz 1 bestimmt, dass auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 eröffnet worden sind, „die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden“ sind.

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Der BGH hat nunmehr entschieden, dass schon nach dem Wortlaut dieser Übergangsvorschrift das „alte“ Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt sowohl der sog. Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b GmbHG a. F.) als auch der sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a. F. analog) auf derartige „Altfälle“ bei vor Inkrafttreten der Neuregelung eröffnetem Insolvenzverfahren als das seinerzeit geltende Gesetzesrecht weiterhin Anwendung findet.

Dieses allein sachgerechte Verständnis der Überleitungsnorm entspricht auch den – in Ermangelung weitergehender spezifischer rückwirkender Übergangsregelungen – im Übrigen heranzuziehenden allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts: Danach untersteht ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zur Zeit seiner Entstehung galt.

Demgemäß finden auch auf den vorliegenden „Altfall“ die Vorschriften der Novellen- und der Rechtsprechungsregeln, unter deren Geltung sich nach dem Vortrag des Klägers der gesamte Entstehungstatbestand des Anspruchs aufgrund einer nach Eigenkapitalersatzrecht verbotenen „Rückzahlung“ an den Beklagten verwirklicht hat, weiterhin Anwendung.

Zur – bislang rechtsfehlerhaft unterbliebenen – Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen nach den Regeln des „alten“ Eigenkapitalersatzrechts hat der II. Zivilsenat des BGH die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2009 – II ZR 260/07