Flüchtlingseigenschaft von Tibetern

In China droht nach wie vor den Tibetern keine Gruppenverfolgung in Anknüpfung an ihre Volkszugehörigkeit.

Flüchtlingseigenschaft von Tibetern

Nach der Teilnahme an Aktionen für die Freiheit Tibets in der Bundesrepublik Deutschland besteht für tibetische Volkszugehörige aus der Volksrepublik China grundsätzlich die beachtliche Gefahr einer Verfolgung durch den chinesischen Staat jedenfalls dann, wenn eine illegale Ausreise, eine Asylantragstellung und ein mehrjähriger Auslandsverbleib hinzukommen und wenn die Möglichkeit besteht, dass das exilpolitische Engagement den chinesischen Behörden bekanntgeworden ist.

Tatsächlich sicher vor asylrelevanten Übergriffen sind neu aus China ankommende tibetische Flüchtlinge in Nepal grundsätzlich nicht.

In einem jetzt vom Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg entschiedenen Fall begehrt die Klägerin die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie ist nach ihrem Vorbringen chinesische Staatsangehörige tibetischer Volkszugehörigkeit. Wie sie weiter angegeben hat, reiste sie am 27.11.2008 mit dem Flugzeug von Nepal und auf weiter ungeklärte Weise in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 15.12.2008 stellte sie einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25.02.2010 die Beklagte verpflichtet, zugunsten der Klägerin festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot für China und Nepal gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG besteht. Dagegen ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Klägerin zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in ihrer Person hinsichtlich des Staates Volksrepublik China und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG vorliegen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung dieses Abkommens ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes1 ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).

Nach Art. 2 lit. c2 ist Flüchtling unter anderem derjenige Drittstaatsangehörige, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist beziehungsweise dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird, Art. 4 Abs. 43.

Art. 4 Abs. 43 ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht4. Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Verfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt5, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen6. Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden – auch seelischen – Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden7.

Die Richtlinie 2004/83/EG modifiziert diese – asylrechtliche – Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4. Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab bleibt unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 (RL 2004/83/EG) erlitten hat8. Der in dem Tatbestandsmerkmal „… tatsächlich Gefahr liefe …“ des Art. 2 lit. e3 enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab9; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit10.

Art. 4 Abs. 43 privilegiert den Vorverfolgten beziehungsweise Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung beziehungsweise einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei11. Dadurch wird der Vorverfolgte beziehungsweise Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden beziehungsweise schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind12. Demjenigen, der im Herkunftsstaat Verfolgung erlitten hat oder dort unmittelbar von Verfolgung bedroht war, kommt die Beweiserleichterung unabhängig davon zugute, ob er zum Zeitpunkt der Ausreise in einem anderen Teil seines Heimatlandes hätte Zuflucht finden können13. Die Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung beziehungsweise des Eintritts eines solchen Schadens entkräften14.

Als Verfolgung im Sinne des Art. 1 A GFK gelten nach Art. 9 Abs. 1 RL 2004/83/EG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter lit. a) beschrieben Weise betroffen ist.

Zum Zeitpunkt ihrer Ausreise war die Klägerin keiner Gruppenverfolgung aufgrund ihrer tibetischen Volkszugehörigkeit ausgesetzt. Unter diesem Gesichtspunkt kann ihr die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 43 nicht zugutekommen.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt15. Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religion anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt – abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms16 – ferner eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt17. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten18. Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, das heißt wenn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss.

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Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. a und b AufenthG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann19.

Die dargelegten Maßstäbe für die Gruppenverfolgung beanspruchen auch nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG Gültigkeit. Das Konzept der Gruppenverfolgung stellt der Sache nach eine Beweiserleichterung für den Asylsuchenden dar und steht insoweit mit den Grundgedanken sowohl der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Richtlinie 2004/83/EG in Einklang. Die relevanten Verfolgungshandlungen werden in Art. 9 Abs. 1 RL 2004/83/EG und die asylerheblichen Merkmale als Verfolgungsgründe in Art. 10 RL 2004/83/EG definiert20.

Im Zeitpunkt der Ausreise der Klägerin (zweites Halbjahr des Jahres 2008) unterlagen die Volkszugehörigen der Tibeter keiner Gruppenverfolgung.

Am 30.10.2007 erklärte das Auswärtige Amt gegenüber dem Verwaltungsgericht Ansbach21, tibetische Volkszugehörige müssten in China nicht mit Maßnahmen gegen Leib, Leben oder Freiheit einzig aus dem Grund rechnen, dass sie tibetischer Volkszugehörigkeit seien, solange sie nicht gegen die einschlägigen Religionsbestimmungen verstießen und sich nicht politisch gegen die Regierung engagierten. Die Unruhen vom März 2008 führten nach der Auskunftslage insoweit zu keiner durchgreifenden Änderung. Unter dem 15.07.2008 teilte das Auswärtigen Amt dem Verwaltungsgericht Regensburg mit22, ihm lägen keine Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm gegen tibetische Volkszugehörige vor, weder eingeleitet noch kurz bevorstehend. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich für den Zeitpunkt der Ausreise der Klägerin im Juli 2008 nicht auf eine Gruppenverfolgung der Gruppe der Tibeter schließen. Ein staatliches Verfolgungsprogramm lässt sich nicht feststellen. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wurde die Volksgruppe der Tibeter nicht gezielt allein wegen eines unveränderlichen Merkmals verfolgt. Die Anzahl der festzustellenden Übergriffe lässt nicht auf die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit eines jeden Gruppenmitglieds schließen.

Nach den überzeugenden individuellen Einlassungen der Klägerin zu den Geschehnissen vor ihrer Ausreise war sie allerdings einer Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 RL 2004/83/EG und damit einer anlassgeprägten Einzelverfolgung ausgesetzt. Die Klägerin hat bei der Bundesamtsanhörung wie auch vor dem Verwaltungsgericht von Vergewaltigungen durch chinesische Polizisten am 05., 09. und 15.07.2008 berichtet. In diesem Zusammenhang hätten die Beamten geäußert, ihr – besonders im März 2008 politisch aktiver und im Juni 2008 tot aufgefundener – Bruder sei ein Reaktionär, und ihr Onkel solle aufhören, den Ruf der Polizei zu zerstören. Wenn er damit nicht aufhöre, werde die Polizei dafür sorgen, dass man „ihren Leichnam nicht finde“.

Bei den geschilderten Erlebnissen handelt es sich um Vorgänge im Verfolgerland, hinsichtlich derer sich die Klägerin in einem sachtypischen Beweisnotstand befindet und für die daher eine „Glaubhaftmachung“ im Rahmen der – gleichwohl nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 VwGO gebotenen – richterlichen Überzeugungsbildung genügt23. Das Verwaltungsgericht hat ausweislich der Entscheidungsgründe seines Urteils bei der Anhörung der Klägerin den Eindruck gewonnen, dass die Darstellung der Vergewaltigungen durch Polizeibeamte einen „wahren Kern“ enthalten habe. Daran ändere sich nichts dadurch, dass die Übergriffe der Zahl und den Umständen nach möglicherweise übertrieben geschildert worden seien. Die Klägerin habe mit einem gewissen Ernst und einer noch spürbaren Betroffenheit von dem Vorfall berichtet. Ihr Vorbringen erscheine glaubhaft. Die Klägerin sei bei ihrer Schilderung den Tränen nahe gewesen. Diesem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiserhebung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen im ersten Rechtszug gehörten Zeugen oder Beteiligten erneut vernimmt. Es kann dessen schriftlich festgehaltene Aussage auch ohne nochmalige Vernehmung zu dem unverändert gebliebenen Beweisthema selbständig würdigen. Von der erneuten Anhörung des Zeugen oder Beteiligten darf das Berufungsgericht nur dann nicht absehen, wenn es die Glaubwürdigkeit des in erster Instanz Vernommenen abweichend vom Erstrichter beurteilen will und es für die Beurteilung auf den persönlichen Eindruck von dem Zeugen oder Beteiligten ankommt24. Zu einer abweichenden Glaubwürdigkeitsbeurteilung sieht das Gericht indes keinen Anlass. Es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu den als Grund der Ausreise genannten Vorfällen im Heimatland der Klägerin, die eine erneute Anhörung geböten25.

Der Verwaltungsgerichtshof ordnet die Vergewaltigungen durch Polizisten jedoch insoweit rechtlich anders ein als das Verwaltungsgericht, als er sie – ohne dabei die Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen in Frage zu ziehen – dem Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 AufenthG zuordnet. Die von der Klägerin geschilderten Vergewaltigungen stellen relevante Verfolgungsmaßnahmen dar. Es handelt sich insoweit um die Anwendung physischer beziehungsweise sexueller Gewalt im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 und 5 AufenthG, Art. 9 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a RL 83/2004/EG. Es besteht auch die erforderliche Verknüpfung zwischen den in Art. 10 RL 83/2004/EG genannten Gründen und den in Art. 9 Abs. 1 RL 83/2004/EG als Verfolgung eingestuften Handlungen26. Die Vergewaltigungen knüpften an die „Rasse“ der Klägerin im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. a RL 83/2004/EG an. Der Begriff der „Rasse“ umfasst nach dieser Bestimmung insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe. Der Senat ist davon überzeugt, dass nach dem Ergebnis der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme die Vergewaltigungen in der im Rahmen von § 60 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Weise mit der tibetischen Volkszugehörigkeit der Klägerin verknüpft sind. Das Verwaltungsgericht war insoweit sinngemäß der Auffassung, die Übergriffe seien als Akte amtlicher Willkür anzusehen, die durch den tibetisch-chinesischen Dauerkonflikt – gerade im Klima der allgemeinen Unruhe und Gereiztheit des Jahres 2008 – begünstigt worden seien, die Klägerin aber nicht „aus politischen Gründen“ getroffen hätten. Dies sieht der Senat anders. Es muss zwar davon ausgegangen werden, dass sexuelle Übergriffe durch chinesische Beamte als Willkürakte in ganz China vorkommen. Berichte über Folter und Misshandlung etwa in chinesischen Gefängnissen sind bezogen auf das ganze Land bekannt27. Gerade für Tibet wird von Misshandlungen, auch sexueller Art beziehungsweise in Form von Vergewaltigungen, berichtet28. Ausgehend von der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin jedenfalls auch deshalb Opfer der Vergewaltigungen wurde, weil sie (als Tibeterin) in den tibetisch-chinesischen Konflikt verwickelt war, knüpften die Taten aber in ihrem Fall durchaus an die Zugehörigkeit zu der ethnischen Gruppe der Tibeter an.

Die Taten sind der Volksrepublik China zurechenbar. Verfolgungen Dritter sind dem Staat zuzurechnen, wenn er nicht mit den ihm an sich zur Verfügung stehenden Kräften Schutz gewährt; hierbei ist freilich zu bedenken, dass es keiner staatlichen Ordnungsmacht möglich ist, einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren29. Bei vereinzelten Exzesstaten von Amtswaltern kann in Betracht kommen, dass diese dem Staat nicht zugerechnet werden können30. Der bloße Umstand, dass bestimmte Maßnahmen der Rechtsordnung des Herkunftsstaats widersprechen, berechtigt aber noch nicht dazu, sie als Amtswalterexzesse einzustufen. Vielmehr bedarf es entsprechender verlässlicher tatsächlicher Feststellungen, die auf bloße Einzelexzesse hindeuten31. Andernfalls bleibt das Handeln der Sicherheitsorgane dem Staat zurechenbar32. Ausgehend davon bleiben die hier in Rede stehenden Handlungen der Polizisten dem Staat Volksrepublik China zurechenbar. Verlässliche tatsächliche Feststellungen, die auf bloße Einzelexzesse hindeuten, hat die Anhörung nicht erbracht33.

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Unter diesen Umständen sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in die Autonome Region Tibet erneut von solcher Verfolgung wie vor ihrer Ausreise bedroht wäre. Allein der zeitliche Abstand seit dem Tod ihres Bruders lässt einen derartigen Schluss nicht zu, zumal die erlittenen Vergewaltigungen erst nach der Tötung des Bruders einsetzten.

Die Klägerin kann auch nicht auf eine inländische Fluchtalternative (§ 60 Abs. 1 Satz 4 a. E. AufenthG) verwiesen werden. Eine solche setzt voraus, dass der Schutzsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen. Auf einen landesinternen Vergleich zum Ausschluss nicht verfolgungsbedingter Nachteile und Gefahren kommt es im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG dabei nicht an34.

Die Klägerin wäre bei einer Rückkehr nach China – abgesehen von den Nachfluchtgründen (siehe dazu unten) – im ganzen Staatsgebiet zumindest von anderen Nachteilen und Gefahren bedroht, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen. Nach Auskunft der Tibet Initiative Deutschland e.V. vom 28.02.2006 zu dem Asylverfahren B 5 K 05.30078 haben Tibeter ohne Chinesischkenntnis, zu denen die Klägerin gehört, keine Chance, sich eine Lebensgrundlage aufzubauen. Sie fielen überall auf und machten sich „verdächtig“. Auch unter gewöhnlichen chinesischen Bürgern seien die Ressentiments gegenüber den Tibetern sehr groß. Nur durch eine besonders große Anpassung an die chinesische Kultur und Ideologie könnten diese Ressentiments abgeschwächt werden, doch dazu sei die Beherrschung der chinesischen Sprache Voraussetzung. Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.07.2008 an das Verwaltungsgericht Regensburg22 ist das Ausmaß von Verfolgungshandlungen gegen tibetische Volkszugehörige allgemein sehr viel höher als gegen andere Volksgruppen (mit Ausnahme von uigurischen Volkszugehörigen). Vom Anstieg der oftmals willkürlichen Kontrollmaßnahmen in jüngster Zeit seien tibetische Volksangehörige besonders betroffen. So sei am 09.07.2008 eine britische Staatsangehörige tibetischer Herkunft, die in Peking als Sprachdozentin tätig gewesen sei, morgens auf dem Weg zur Arbeit von Sicherheitskräften aufgegriffen und (ohne erkennbare Anhaltspunkte) unter dem Vorwurf separatistischer Tätigkeiten auf der Stelle und unter Polizeibegleitung ausgewiesen worden. Nach dieser Erkenntnislage scheidet eine inländische Fluchtalternative für die Klägerin mangels Zumutbarkeit aus.

Unabhängig von einer Vorverfolgung muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin nunmehr aus beachtlichen Nachfluchtgründen von Verfolgung bedroht wird.

Es besteht allerdings nach wie vor keine Situation, in der die Klägerin für den Fall ihrer Rückkehr eine begründete Furcht vor Verfolgung unter dem Gesichtspunkt einer derzeit bestehenden Gruppenverfolgung von Tibetern gewärtigen müsste. Die Lage für tibetische Volkszugehörige in China – soweit sie für die Beurteilung des Schutzgesuchs der Klägerin von Bedeutung ist – stellt sich im November 2011 im Hinblick auf eine mögliche Gruppenverfolgung im Wesentlichen unverändert dar. So gibt das Auswärtige Amts in seiner Auskunft vom 16.06.201035 an das Verwaltungsgericht Regensburg an, hinsichtlich der mit Schreiben vom 15.07.2008 dargestellten Situation („keine Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm gegen tibetische Volkszugehörige“) hätten sich bezüglich der Gefahrdung tibetischer Volkszugehöriger keine Änderungen ergeben. Der Report 2011 von amnesty international gibt lediglich an, Tibeter seien „weiterhin Repressionen ausgesetzt“. Für eine systematische Verfolgung von Tibetern allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit gibt es danach auch zum jetzigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte.

Die Klägerin ist aber wegen ihrer den chinesischen Behörden möglicherweise bekanntgewordenen Teilnahme an Aktionen für die Freiheit Tibets in der Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit ihrer illegalen Ausreise aus China, der Asylantragstellung und ihrem mehrjährigen Verbleib im Ausland einer drohenden „Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit“ ausgesetzt.

Die Vielfalt möglicher Verfolgungsgefährdungen verbietet es, die Zugehörigkeit zu einer gefährdeten Gruppe unberücksichtigt zu lassen, weil die Gefährdung unterhalb der Schwelle der Gruppenverfolgung liegt. Denn die Gefahr politischer Verfolgung, die sich für jemanden daraus ergibt, dass Dritte wegen eines Merkmals verfolgt werden, das auch er aufweist, kann von verschiedener Art sein: Der Verfolger kann von individuellen Merkmalen gänzlich absehen, seine Verfolgung vielmehr ausschließlich gegen die durch das gemeinsame Merkmal gekennzeichnete Gruppe als solche und damit grundsätzlich gegen alle Gruppenmitglieder betreiben. Dann handelt es sich um eine in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts36 und des Bundesverwaltungsgerichts37 als Gruppenverfolgung bezeichnetes Verfolgungsgeschehen. Das Merkmal, das seinen Träger als Angehörigen einer missliebigen Gruppe ausweist, kann für den Verfolger aber auch nur ein Element in seinem Feindbild darstellen, das die Verfolgung erst bei Hinzutreten weiterer Umstände auslöst. Das vom Verfolgungsstaat zum Anlass für eine Verfolgung genommene Merkmal ist dann ein mehr oder minder deutlich im Vordergrund stehender, die Verfolgungsbetroffenheit des Opfers mitprägender Umstand, der für sich allein noch nicht die Annahme politischer Verfolgung jedes einzelnen Merkmalsträgers rechtfertigt, wohl aber bestimmter unter ihnen, etwa solcher, die durch weitere Besonderheiten in den Augen des Verfolgerstaates zusätzlich belastet sind. Löst die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volks- oder Berufsgruppe oder zum Kreis der Vertreter einer bestimmten politischen Richtung, wie hier, nicht bei jedem Gruppenangehörigen unterschiedslos und ungeachtet sonstiger individueller Besonderheiten, sondern – jedenfalls in manchen Fällen – nur nach Maßgabe weiterer individueller Eigentümlichkeiten die Verfolgung des Einzelnen aus, so kann hiernach eine „Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit“ vorliegen38.

Zur Behandlung von Personen, die nach China zurückkehren, enthält der Lagebericht des Auswärtigen Amtes Angaben. Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgt seien, hätten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen beziehungsweise ihre Weiterreise in China antreten können. Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die deutsche Botschaft in Peking hätten keinen Hinweis darauf ergeben, dass abgelehnte Personen, allein weil sie einen Asylantrag gestellt hätten, politisch oder strafrechtlich verfolgt würden. Ein Asylantrag allein sei nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Aus Sicht der chinesischen Regierung komme es primär auf die Gefahr an, die von der einzelnen Person für Regierung und Partei ausgehen könnte. Formale Aspekte wie etwa Mitgliedschaft in einer bestimmten Organisation oder eine Asylantragstellung seien nicht zwangsläufig entscheidend. Personen, die China illegal, das heiße unter Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen verlassen hätten, könnten bestraft werden. Es handele sich um ein eher geringfügiges Vergehen, das – ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses an der Person – keine politisch begründeten, schweren Repressalien auslöse. Nach § 322 chin. StGB könne das heimliche Überschreiten der Grenze unter Verletzung der Gesetze bei Vorliegen ernster und schwerwiegender Tatumstände mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich einer Geldstrafe bestraft werden. Es werde nach bisherigen Erkenntnissen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet39. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes befasst sich auch mit exilpolitischen Aktivitäten. Besondere Aufmerksamkeit widme die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv seien. Dies gelte auch für bekannte Persönlichkeiten, die öffentlich gegen die chinesische Regierung oder deren Politik Stellung bezögen und eine ernst zu nehmende Medienresonanz in Deutschland oder im westlichen Ausland hervorriefen sowie für Angehörige ethnischer Minderheiten, sofern sie nach chinesischem Verständnis als „Separatisten“ einzustufen seien. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen seien bei Rückkehr in die Volksrepublik China nicht auszuschließen. Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stünden unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandsvertretungen). Insbesondere: die Ostturkistanische Union in Europa e.V., der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. sowie das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans. Aufklärung über und Bekämpfung der von extremen Vertretern der uigurischen Minderheit getragenen Ostturkistan-Bewegung zählten zu den obersten Prioritäten des Staatsschutzes. Anhänger dieser Bewegung würden mit unnachgiebiger Härte politisch und strafrechtlich verfolgt. Mitglieder uigurischer Exilorganisationen hätten bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen. Von detaillierten Kenntnissen des Ministeriums für Staatssicherheit über Mitglieder der exilpolitischen uigurischen Organisationen sei auszugehen. Die Beteiligung an einer Demonstration für die Belange einer als staatsgefährdend bewerteten Organisation wie der Ostturkistan-Bewegung reiche aus, um sich nach chinesischem Recht strafbar zu machen. Eine Führungsfunktion in einer solchen Organisation wirke strafverschärfend. Das Strafmaß für eine solche Person richte sich dabei danach, wie schwerwiegend die von den Angeschuldigten ausgehende Gefahr für den Bestand des Staates aus Sicht der strafverfolgenden Behörden einzuschätzen sei. Auch in den aus europäischer Sicht „friedlichen Unabhängigkeitsbestrebungen“ einzelner Organisationen sehe die chinesische Führung Angriffe auf die staatliche Einheit Chinas und damit eine Gefährdung für die allgemeine Sicherheit. Gewaltfreies Eintreten für eine Sache schütze nicht vor harten Strafen. Es seien bisher keine Fälle von ehemaligen Mitgliedern oder Vorstandsmitgliedern exilpolitischer uigurischer Organisationen aus Deutschland bekannt geworden, die nach China zurückgekehrt seien. Berichtet werde jedoch über Fälle von Abschiebungen nach China aus anderen Ländern Asiens mit anschließender Folter oder Verurteilung40. Speziell zu exilpolitischen Aktivitäten tibetischer Volkszugehöriger verhält sich der Lagebericht nicht.

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Im Lagebericht vom 08.11.200541 ist allerdings noch ausgeführt, im Mai 2003 seien 18 tibetische Personen, die von Tibet nach Nepal geflüchtet gewesen seien – trotz internationaler Proteste – durch nepalesische Behörden unter Anwendung von Gewalt nach China abgeschoben worden, anstatt ihnen wie bei früheren Fällen die Ausreise nach Indien zu gestatten. Dies sei offensichtlich auf Grund massiven chinesischen Drucks geschehen. Die Personen seien in China zunächst vorübergehend in Haft gewesen. Als Grund der Verhaftung sei offiziell „illegaler Grenzübertritt“ (ohne notwendige Papiere) genannt worden. Die Personen seien inzwischen wieder frei. Nichtregierungsorganisationen berichteten jedoch über gravierende Repressalien und Folter während der Haft in chinesischen Gefängnissen.

Laut Auskunft vom 24.01.2008 an das Verwaltungsgericht Regensburg42 sind nach Einschätzung des Auswärtiges Amtes für tibetische Volkszugehörige bei Rückkehr nach China Maßnahmen gegen Leib, Leben oder Freiheit nicht auszuschließen, wenn sie im Ausland aktiv und öffentlich für die Unabhängigkeit Tibets von China eingetreten sind, zum Beispiel in Form von Teilnahme an Demonstrationen. Dem Auswärtigen Amt seien allerdings in jüngerer Zeit keine entsprechenden Fälle bekannt geworden. Diese Handlungen seien gemäß Artikel 103 chin. StGB mit Strafe bis zu zehn Jahren bewehrt, gemäß Art. 10 a.a.O. könnten Auslandstaten nach Rückkehr in China verfolgt werden.

In dem Gutachten der Tibet Initiative Deutschland e.V. vom 18.07.2002 an das Verwaltungsgericht Münster43 heißt es unter anderem, es sei nicht bekannt, ob bereits asylsuchende Tibeter aus Deutschland zurückgeschickt worden seien. Tibeter, die nach ihrer Flucht und einem Aufenthalt in Indien oder Nepal „freiwillig“ nach Tibet zurückkehrten, müssten jedoch genauso heimlich, wie sie Tibet verlassen hätten, auch dorthin zurückkehren. Wenn sie beim Grenzübertritt „erwischt“ würden, verschwänden sie in Gefängnissen und Arbeitslagern, oft unauffindbar. Dass die Haftbedingungen in China, die Folter mit einschlössen, eine Lebensgefahr darstellten, sei bekannt. Selbst nach der Freilassung würden Gefangene beständig bespitzelt und drangsaliert und bei jedem wirklichen oder angeblichen Vorkommnis, wie zum Beispiel einer Demonstration, Plakatierung etc., unter dem Verdacht der „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ erneut verhaftet. Die gleiche Behandlung sei auch bei Tibetern zu erwarten, die versucht hätten, im Ausland Asyl zu bekommen.

In der Stellungnahme der Tibet Initiative Deutschland e.V. vom 28.02.2006 zum Asylverfahren B 5 K 05.30078 wird ausgeführt, (eine Tibeterin müsse) sogar schon deshalb, weil sie in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt habe, (…) in China mit strafrechtlichen Maßnahmen rechnen. Tibeter, die das Land auf dem Fluchtweg verlassen hätten, würden nicht als Flüchtlinge, sondern als illegale Immigranten angesehen. In China drohten ihnen wegen Landesverrats schwere Strafen. Dagegen drohe ein solches Schicksal Han-Chinesen nicht. Sie würden im schlimmsten Fall mit Geldstrafen belegt. Ein Beispiel für die Folgen, die tibetischen „Rückkehrern“ blühten, sei der Fall einer Gruppe von 18 tibetischen Jugendlichen, die im Jahr 2002 in Nepal wegen fehlender Papiere inhaftiert worden seien. Nachdem sie mehrere Monate im Dili Bazar Gefängnis von Kathmandu/Nepal gesessen hätten, seien sie am 31.05.2003 von chinesischen Beamten dort abgeholt worden. Mit Einverständnis der nepalischen Behörden seien sie zur Grenze gebracht und von dort nach Tibet repatriiert worden. Ein junger Flüchtling der Gruppe, der sich habe frei kaufen können, habe erneut die Flucht riskiert und befinde sich in Indien. Sein Bericht bezeuge, wie es den jugendlichen Tibetern ergangen sei und mache deutlich, wie groß die Gefahr für alle sei, die repatriiert würden.

Vom Gutachter Prof. Dr. Oskar Weggel liegt eine Stellungnahme an das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach vom 11.02.200744 vor. Darin heißt es, Tibeter, die sich aktiv für die Unabhängigkeit Tibets von China einsetzten, müssten mit Maßnahmen gegen Leib, Leben oder Freiheit rechnen (S. 2). An anderer Stelle wird ausgeführt, Personen, die aus dem Ausland zurückkehrten, stießen zumeist auf geballtes Misstrauen – und zwar sogar dann, wenn sie die Volksrepublik China mit offizieller Genehmigung verlassen hätten. Seien sie unerlaubt ausgereist, hätten sie ohnehin einen der in Kapitel 6, Abschnitt 3 (§§ 308-323 chin. StGB) aufgeführten Straftatbestände erfüllt. So werde beispielsweise gemäß § 322 chin. StGB mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft, wer unerlaubt die Staatsgrenze übertrete. Auch Personen, die mit behördlicher Erlaubnis das Land verlassen hätten (und dann wieder zurückgekehrt seien), hätten nicht selten mit Sanktionen zu rechnen. Verhaftet worden seien beispielsweise im Juni und im August 2004 mehrere aus Indien zurückkehrende Tibeter (Zahl unbekannt), ohne dass in der Öffentlichkeit dafür Gründe angegeben worden wären. Im Juni 2004 seien vier Rückkehrer festgenommen worden (genauer Grund unbekannt). Im November 2003 sei ein Rückkehrer zu vier Jahren Haft verurteilt worden, weil er Schriften des Dalai Lama mit sich geführt habe. Wer im Ausland gar an Demonstrationen oder Flugblattaktionen teilgenommen habe, sei überdies im Sinne des § 103 chin. StGB (Spaltung des Staates) schuldig. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe er dann die dort aufgeführten Gefängniskonsequenzen zu tragen (S. 2).

Nach dem Gutachten des Klemens Ludwig vom 23.05.2011 an das Verwaltungsgericht Stuttgart45 ist das Mindeste, womit Tibeter rechnen müssen, die nach illegalem Verlassen in das Hoheitsgebiet der Volksrepublik China zurückkehren, eine verschärfte Überwachung. Aufgrund der weit verbreiteten Willkür seien auch Maßnahmen, die den Charakter von politischer Verfolgung hätten, wie Inhaftierung und eventuelle Folter, nicht auszuschließen46. Die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland (oder anderswo) werde von den Behörden der Volksrepublik China zwar als feindlicher Akt betrachtet, doch zeige die Praxis, dass asylsuchende Chinesen – sofern sie nicht verfolgten Gruppen wie Falun Gong oder der romtreuen katholischen Kirche angehörten – in der Regel bei einer Rückkehr unbehelligt blieben. Für asylsuchende Tibeter liege der Fall aufgrund der besonderen Willkür anders. Für sie könne ein Asylantrag auch als „separatistische Haltung“ ausgelegt werden, so dass von einer Verfolgung ausgegangen werden könne. Die Maßnahmen reichten von Verhören über Verhaftung bis hin zu Haftstrafen und Folter47.

Die genannten sowie alle weiteren vorliegenden und ausgewerteten Erkenntnisse (siehe dazu im Folgenden) rechtfertigen den Schluss, dass für die Klägerin aufgrund des Nachfluchtgeschehens mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr besteht.
56

Die Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts illegal aus China ausgereist. Nach der persönlichen Anhörung der Klägerin vermittelten die Angaben zu ihrer Ausreise im Jahre 2008 den Eindruck, dass die geschilderte Art der Ausreise zumindest in ihren Grundzügen wahren Erlebnissen entspricht und auf selbst gewonnenen Ortskenntnissen beruht. Manche Einzelheiten wurden zwar bloß vage, stereotyp und wenig nachvollziehbar dargestellt. Dies trübt das gewonnene Bild aber nicht entscheidend, zumal entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach der Erkenntnislage eine legale Ausreise aus China für tibetische Volkszugehörige keineswegs unproblematisch – und damit die Mühsal einer illegalen Grenzüberquerung auch nicht von vornherein unnötig – ist. So ist eine legale Ausreise nach der Auskunft des Tibet Information Network vom 24.07.2006 (Nr. 3) – obwohl „im Prinzip möglich“ – faktisch mit vielen Schikanen verbunden und oft schlichtweg unmöglich. Nach Auskunft der SFH vom 28.01.200948 können Tibeter das Land kaum noch verlassen. Nach Informationen des U.S. Department of State werden Passanträge von Tibetern häufig abgelehnt; manchmal könne dies durch Bestechung geändert werden, manchmal bleibe es bei der Ablehnung49. Auch nach einer weiteren Quelle ist es für Tibeter generell – unabhängig von ihrer politischen Meinung – schwierig, einen Reisepass zu erhalten50. Der Verwaltungsgerichtshof wertet auch diese Erkenntnisse als Indiz dafür, dass die Klägerin tatsächlich illegal ausgereist ist. Nach Abschluss ihres Reisewegs hat die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt und sich anschließend hier für einen mehrjährigen Zeitraum – mittlerweile über drei Jahre – aufgehalten.

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Die Klägerin hat sich zudem nach ihren Angaben im Bundesgebiet jedenfalls in folgender Weise für die Angelegenheiten der Tibeter öffentlich betätigt: Am 10.03.2009 nahm sie – belegt mit Fotos von dieser Veranstaltung – an einer von der Tibetinitiative Deutschland e.V. und dem Verein der Tibeter in Deutschland e.V. organisierten Mahnwache vor dem chinesischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main teil. An der Mahnwache waren nach Angaben der Klägerin ca. 70 Personen beteiligt, wobei Transparente für die Freiheit Tibets und tibetische Fahnen gezeigt wurden. Es gab Sprechchöre für die Freiheit Tibets und für den Dalai Lama. Die tibetischen Teilnehmer sangen tibetische Lieder. Aus dem Generalkonsulat heraus sollen die Teilnehmer fotografiert worden sein. Anschließend nahm die Klägerin am gleichen Tag an einer Kundgebung ab 16 Uhr auf dem Frankfurter Römerberg teil. Am 29.08.2009 beteiligte sich die Klägerin – ebenfalls belegt mit Fotos sowie mit einer Teilnahmebestätigung der Tibet Initiative Deutschland e.V., datierend vom gleichen Tag – an einer Aktion zum „Internationalen Tag der Verschwundenen“ auf dem Marienplatz in München. Am 14.10.2009 war die Klägerin Teilnehmerin einer Mahnwache für die Freiheit Tibets in Freiburg. Hierzu hat sie das Einladungsschreiben der Organisatoren vom 12.10.2009 vorgelegt. Am 10.03.2011 nahm die Klägerin – wiederum fotografisch dokumentiert – an einer Kundgebung anlässlich des Jahrestages der Niederschlagung des Volksaufstandes in Tibet vor dem Generalkonsulat Chinas teil. Die Teilnehmer der Kundgebung sollen aus dem Generalkonsulat heraus fotografiert und gefilmt worden sein.

Das bei der Klägerin gegebene Nachfluchtgeschehen begründet jedenfalls in der Gesamtschau mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung in der Volksrepublik China. Die Erkenntnislage hat sich gegenüber dem Stand bei Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.03.200251 in einigen wesentlichen Punkten verändert. In der genannten Entscheidung wurde noch davon ausgegangen, dass weder ein exilpolitisches Engagement (untergeordneter Art) noch eine illegale Ausreise, eine Asylantragstellung oder ein Zusammentreffen dieser Gesichtspunkte eine beachtliche Verfolgungsgefahr begründe. Hieran ist nicht uneingeschränkt festzuhalten. Für tibetische Volkszugehörige aus der Volksrepublik China besteht aus jetziger Sicht nach der Teilnahme an Aktionen für die Freiheit Tibets in der Bundesrepublik Deutschland die beachtliche Gefahr einer Verfolgung durch den chinesischen Staat jedenfalls dann, wenn eine illegale Ausreise, eine Asylantragstellung und ein mehrjähriger Auslandsverbleib hinzukommen und wenn die Möglichkeit besteht, dass das exilpolitische Engagement den chinesischen Behörden bekanntgeworden ist52. Hiervon ist im Fall der Klägerin auszugehen. Insbesondere erscheint es möglich, dass chinesische Behörden belastende Daten über die Klägerin gesammelt haben, nachdem sie mehrmals öffentlich in der Nähe des chinesischen Generalkonsulats für ein unabhängiges Tibet demonstriert hat53. Ob bereits allein eine illegale Ausreise aus der Volksrepublik China tibetische Volkszugehörige einer beachtlichen Verfolgungsgefahr aussetzt, kann offen bleiben54. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes lässt sich entnehmen, dass der chinesische Staat Angehörigen ethnischer Minderheiten besondere Aufmerksamkeit widmet, sofern sie nach seinem Verständnis als „Separatisten“ einzustufen sind. Entscheidender Anknüpfungspunkt für eine Verfolgungsgefahr bei tibetischen Volkszugehörigen ist der Separatismusverdacht55. Ist dieser Verdacht aus Sicht chinesischer Behörden stark, droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung. Der schwerwiegendste Auslöser für einen Separatismusverdacht ist nach Auswertung der dem Senat vorliegenden Informationen die exilpolitische Betätigung. Dies betont insbesondere die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 24.01.2008 an das Verwaltungsgericht Regensburg, wonach für tibetische Volkszugehörige bei Rückkehr nach China Maßnahmen gegen Leib, Leben oder Freiheit nicht auszuschließen sind, wenn sie im Ausland aktiv und öffentlich für die Unabhängigkeit Tibets von China eingetreten sind, zum Beispiel in Form von Teilnahme an Demonstrationen. Solche Handlungen – entsprechende Auslandstaten könnten nach Rückkehr in China verfolgt werden – seien gemäß Artikel 103 chin. StGB mit Strafe bis zu zehn Jahren bewehrt. Die Auskunft stellt nicht darauf ab, dass nur exponierte Vertreter der tibetischen Exilgemeinde bedroht seien. Soweit es an Referenzfällen fehlt, kann dies nicht als Beleg für das Fehlen einer beachtlichen Gefahr dienen, da Rückführungen von Tibetern nach China nicht bekannt sind und es damit auch an Beispielen für eine verfolgungsfreie Rückkehr fehlt. Auch der Gutachter Prof. Dr. Oskar Weggel hebt in seiner Stellungnahme vom 11.02.200756 hervor, dass Tibeter, die sich aktiv für die Unabhängigkeit Tibets von China einsetzten, mit Maßnahmen gegen Leib, Leben oder Freiheit rechnen müssten. Ob ein exilpolitisches Engagement bei pro-tibetischen Veranstaltungen der von der Klägerin besuchten Art für sich genommen für Tibeter grundsätzlich – auch wenn keine exponierte Stellung und kein ausgeprägt „politisches Wesen“ bescheinigt werden können – bereits eine Verfolgungsgefahr hervorruft, muss nicht entschieden werden57. Denn zahlreiche Erkenntnisquellen besagen, dass ein Separatismusverdacht auch durch die Gesichtspunkte illegale Ausreise, Asylantragstellung und mehrjähriger Auslandsverbleib hervorgerufen beziehungsweise verstärkt werden kann58. Betrachtet man die bei der Klägerin bestehenden Gefährdungsmomente in ihrer Summe, so muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin als (vermeintliche) Separatistin in China mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Verfolgung bedroht ist. Dabei wird nicht verkannt, dass manche Quellen im Zusammenhang mit einer illegalen Ausreise nur die Gefahren schildern, die sich für Personen ergeben, die an der Grenze zu Nepal aufgegriffen oder direkt von dort zurückgeführt werden. Auch stellt der Verwaltungsgerichtshof in Rechnung, dass manche der ausgewerteten Quellen der tibetischen Exilbewegung nahestehen und daher teils eher einseitig gehalten sind. Gleichwohl ergibt sich auch bei entsprechender Herabstufung des Beweiswerts solcher Erkenntnismittel noch das hier zugrundegelegte Gefährdungsbild. Die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung lässt sich auch nicht mit Verweis auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.07.2008 (bestätigt mit weiterer Auskunft vom 16.06.2010) verneinen. Dabei handelt es sich um die Antwort auf die Anfrage des VG Regensburg vom 02.07.200859, ob tibetische Volkszugehörige, die ihr Heimatland illegal verlassen, in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt haben und sich bereits längere Zeit hier aufhalten, damit rechnen müssen, dass ihnen – unabhängig von bekanntgewordener exilpolitischer Betätigung – staatsfeindliches Verhalten vorgeworfen wird mit der Folge, wegen Landesverrats mit schweren Strafen beziehungsweise Folter bedroht zu sein. In der Stellungnahme heißt es unter anderem, soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgt seien, hätten die rückgeführten Personen die Passkontrolle unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen beziehungsweise ihre Weiterreise in China antreten können. Bei den Ausführungen in der Auskunft vom 15.07.2008 fällt auf, dass sie wörtlich mit einer Textpassage des Lageberichts übereinstimmen, die allgemein für das Herkunftsland Volksrepublik China formuliert wurde. Der Beweiswert der Auskunft bezogen auf tibetische Volkszugehörige erscheint angesichts dessen gering, dass die speziell auf Tibeter eingehenden Stellungnahmen durchgehend einen anderen Aussagegehalt haben, nämlich in mehr oder weniger starker Form auf Gefährdungen verweisen. Es erscheint angesichts der Fragestellung zwar naheliegend, dass die Auskunft sich auch auf Tibeter beziehen sollte, jedoch zeichnet sie sich durch mangelnde Differenzierung aus, zumal Referenzfälle für die Rückführung von Tibetern nach China nicht bekannt sind. Hinzu kommt, dass die Klägerin sich – anders als in der Fragestellung zu der Auskunft vorgegeben – wiederholt exilpolitisch betätigt hat. Auch die vom Bundesamt zitierte Aussage60, es könne als eher unwahrscheinlich angesehen werden, dass Beantragung von Asyl in Kombination mit der Volkszugehörigkeit allein Anlass sei, die Person wegen politischer Delikte strafrechtlich zu belangen, entscheidend sei, ob diese Person sich vor oder nach der Ausreise für die Interessen der ethnischen Minderheit politisch engagiert oder gar die Unabhängigkeit der von dieser Minderheit bewohnten Gebieten gegenüber den chinesischen Behörden oder in der allgemeinen Öffentlichkeit befürwortet habe, spricht nicht gegen eine Bedrohung der Klägerin. Denn sie hat sich mehrfach in der Öffentlichkeit für die Unabhängigkeit Tibets eingesetzt.

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Die Verfolgungsgefahr ist auch nicht unbeachtlich, weil sie (auch) auf dem eigenen Nachfluchtverhalten der Klägerin beruht.

Nach § 28 Abs. 1a AsylVfG kann eine Bedrohung nach § 60 Abs. 1 AufenthG auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Art. 5 Abs. 23, der mit § 28 Abs. 1a AsylVfG in deutsches Recht umgesetzt wird, besagt, dass die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Aktivitäten des Antragstellers seit Verlassen des Herkunftslandes beruhen kann, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während des Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift damit kein Filter. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese – anders als bei der Asylanerkennung gemäß § 28 Abs. 1 AsylVfG – nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen. Erst in dem (erfolglosen) Abschluss des Erstverfahrens liegt eine entscheidende zeitliche Zäsur; für nach diesem Zeitpunkt selbst geschaffene Nachfluchtgründe wird ein Missbrauch der Inanspruchnahme des Flüchtlingsschutzes in der Regel vermutet61. Im flüchtlingsrechtlichen Erstverfahren – wie hier – ist die Anerkennung subjektiver Nachfluchtgründe dagegen nicht begrenzt62. Art. 5 Abs. 23 übernimmt nicht die Einschränkungen des deutschen Asylrechts; Kontinuität ist bloß ein Indiz für die Glaubwürdigkeit63.

Dem Schutzbegehren der Klägerin steht der Grundsatz der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes nicht entgegen.

Die Regelung des § 27 AsylVfG ist von vornherein nicht einschlägig, weil diese in Fällen einer anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung in einem sonstigen Drittstaat nur die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, nicht aber den Abschiebungsschutz für Flüchtlinge nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausschließt64.

Auch der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist indes vom Grundsatz der Subsidiarität des Konventionsschutzes sowohl im Verhältnis zum Schutz durch den Staat oder die Staaten der Staatsangehörigkeit des Betroffenen als auch im Verhältnis zum einmal erlangten Schutz in einem anderen (Dritt-)Staat geprägt. Er vermittelt grundsätzlich kein Recht auf freie Wahl des Zufluchtslandes und insbesondere kein Recht auf freie Wahl eines Zweit- oder Drittzufluchtslandes65, sondern stellt insoweit lediglich sicher, dass der Flüchtling nicht in den Verfolgerstaat abgeschoben oder der Gefahr einer solchen Abschiebung in einem Drittstaat (Kettenabschiebung) ausgesetzt werden darf (Refoulement-Verbot). Hat der Flüchtling bereits ausreichende Sicherheit vor Verfolgung in einem anderen Staat gefunden, kann er – unbeschadet des in jedem Falle unbedingt zu beachtenden Verbots der Abschiebung in den Verfolgerstaat – darüber hinaus grundsätzlich nicht mehr seine Anerkennung als Flüchtling sowie das damit verbundene qualifizierte Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland (§ 25 Abs. 2 AufenthG) beanspruchen. Dieser Grundsatz der Subsidiarität kommt beispielsweise auch in dem Ausschlussgrund nach Art. 1 E GFK zum Ausdruck, nach dem das Abkommen nicht auf eine Person anzuwenden ist, die von den zuständigen Behörden des Landes, in dem sie ihren Aufenthalt genommen hat, als eine Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten hat, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Landes verknüpft sind66. Abgesehen von diesem in der Genfer Flüchtlingskonvention für eine besondere Konstellation ausdrücklich geregelten Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft folgt aus dem Grundsatz der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes aber auch, dass eine Flüchtlingsanerkennung in einem Zweit- oder Drittzufluchtsland nicht verlangt werden kann, wenn der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung tatsächlich sicher war und voraussichtlich auch sicher bleiben wird und wenn seine Rückführung oder Rückkehr in diesen Staat möglich ist67.

Die Klägerin hat sich nach ihrer Ausreise aus China eigenen Angaben zufolge länger als drei Monate in Nepal aufgehalten. Mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität kommt es deshalb darauf an, ob sie in Nepal vor asylrelevanten Übergriffen tatsächlich sicher war und weiterhin sicher wäre und ob sie nach Nepal zurückkehren kann. Dies muss verneint werden. Nach Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe räumt die nepalesische Regierung tibetischen Flüchtlingen nicht immer das Recht ein, einen Asylantrag zu stellen oder in Nepal zu bleiben, außer für die kurze Zeit des Transits in einen Drittstaat68. Neu ankommenden tibetischen Flüchtlingen sei es verboten, im Land zu bleiben69. Es sollen auch Fälle bekannt sein, in denen Flüchtlinge an die chinesischen Behörden ausgeliefert wurden70. Nepalesische Behörden verlangten, dass tibetische Flüchtlinge innerhalb von zwei Wochen das Land verließen71. Diese Erkenntnisse werden bestätigt durch die Stellungnahme der Tibet Initiative Deutschland e.V. vom 28.02.2006 zum Asylverfahren B 5 K 05.30078 (S. 3). Auch dort heißt es, dass es für Tibeter, die nicht schon sehr lange in Nepal lebten, unmöglich sei, dort zu bleiben (ob dies die Möglichkeit der Weiterreise nach Indien beinhaltet, wird nicht gesagt). Von anderer Seite wird bekräftigt, tibetische Flüchtlinge seien in Nepal von Rückschiebung bedroht72.

Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes. Im Lagebericht vom 08.11.200573 heißt es, im Mai 2003 seien 18 tibetische Personen, die von Tibet nach Nepal geflüchtet seien – trotz internationaler Proteste – durch nepalesische Behörden unter Anwendung von Gewalt nach China abgeschoben worden, anstatt ihnen wie bei früheren Fällen die Ausreise nach Indien zu gestatten. Dies sei offensichtlich auf Grund massiven chinesischen Drucks geschehen. Die Personen seien in China zunächst vorübergehend in Haft gewesen. Als Grund der Verhaftung sei offiziell illegaler Grenzübertritt (ohne notwendige Papiere) genannt worden. Die Personen seien dann wieder freigelassen worden. Nichtregierungsorganisationen hätten jedoch über gravierende Repressalien und Folter während der Haft in chinesischen Gefängnissen berichtet. Seit der Abschiebung der Flüchtlinge am 31.05.2003, die auf Grund ihrer Einmaligkeit internationales Aufsehen erregt habe, seien die nepalesischen Behörden zu dem vorher üblichen Verfahren zurückgekehrt und hätten zugesichert, es auch in Zukunft anzuwenden. Dies bedeute in der Praxis, dass alle von den Behörden in Nepal aufgegriffenen tibetischen Flüchtlinge zunächst dem UNHCR-Büro in Kathmandu überstellt und von dort nach Indien weitergeleitet würden. Diese Zusicherung sei nach Kenntnis der deutschen Botschaft Kathmandu auch weitestgehend eingehalten worden, abgesehen von einigen Fällen mit kriminellem Hintergrund (Schmuggel, Drogenhandel). Danach bestätigt sich, dass es im Mai 2003 zu einer Rückführung von Tibetern von Nepal nach China gekommen ist. Zwar ist im Weiteren (noch) von „Einmaligkeit“ des Vorfalls sowie von der Praxis die Rede, aufgegriffene Tibeter dem UNHCR-Büro in Kathmandu zu überstellen und von dort nach Indien weiterzuleiten. Eine rechtliche oder auch nur tatsächliche Verfestigung dieser Praxis, die eine Sicherheit vor politischer Verfolgung gewährte, lässt sich dem aber nicht entnehmen. Dies gilt umso mehr, als in späteren Lageberichten des Auswärtigen Amtes die zitierten Ausführungen fehlen, eine andere Quelle aus neuerer Zeit aber die Gefahr der Rückführung nach China betont.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 2011 – A 8 S 1116/11

  1. ABl. EU Nr. L 304 S. 12 – RL 2004/83/EG[]
  2. RL 2004/83/EG[]
  3. RL 2004/83/EG[][][][][][][]
  4. BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 – 1 BvR 147, 181, 182/80 – BVerfGE 54, 341, 360 f.; BVerwG, Urteil vom 31.03.1981 – 9 C 237.80, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27[]
  5. BVerwG, Urteil vom 18.02.1997 – 9 C 9.96, BVerwGE 104, 97,101 ff.[]
  6. BVerwG, Urteil vom 27.04.1982 – 9 C 308.81, BVerwGE 65, 250, 252[]
  7. BVerwG, Urteil vom 18.02.1997, a.a.O. S. 99[]
  8. BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377, und vom 01.06.2011 – 10 C 25.10, InfAuslR 2011, 408; vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 – Rs. C-175/08 u.a., Abdulla, NVwZ 2010, 505 Rn. 84 ff.[]
  9. „real risk“; vgl. nur EGMR, Urteil vom 28.02.2008 – Nr. 37201/06, Saadi, NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.[]
  10. BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 – 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4 und Beschluss vom 07.02.2008 – 10 C 33.07, ZAR 2008, 192[]
  11. (EuGH, Urteil vom 02.03.2010 – Rs. C-175/08 u.a., Abdulla, a.a.O., Rn. 92 ff.[]
  12. EGMR, Urteil vom 28.02.2008 – Nr. 37201/06, Saadi, a.a.O., Rn. 128[]
  13. BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 – 10 C 52.07, BVerwGE 133, 55 = NVwZ 2009, 982, 985[]
  14. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – 10 C 5.09, a.a.O.[]
  15. vgl. BVerwG, Urteile vom 18.07.2006 – 1 C 15.05, BVerwGE 126, 243, 249, Rn. 20 ff. und vom 01.02.2007 – 1 C 24.06, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 30, jeweils m.w.N.[]
  16. vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 – 9 C 158.94, BVerwGE 96, 200, 204[]
  17. vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006 a.a.O. Rn. 20[]
  18. vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994, a.a.O.[]
  19. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 – 10 C 11.08, NVwZ 2009, 1237 Rn. 15[]
  20. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, a.a.O. Rn. 16; vgl. zur Gruppenverfolgung zuletzt auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 27.09.2010 – A 10 S 689/08 und vom 09.11.2010 – A 4 S 703/10; Beschluss vom 04.08.2011 – A 2 S 1381/11[]
  21. Gz. 508-516.80/45113[]
  22. Gz. 508-516.80/45438[][]
  23. BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 – 9 C 109.84, BVerwGE 71,180[]
  24. vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.2001 – 1 B 297.01, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 251[]
  25. vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.06.2003 – 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524, und vom 22.11.2004 – 1 BvR 1935/03, NJW 2005, 1487; BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, NJW 2003, 1583, 1584; jeweils zu § 529 ZPO[]
  26. vgl. Art. 9 Abs. 3 und Art. 2 lit. c RL 83/2004/EG[]
  27. vgl. etwa amnesty international, ai Report 2011, S. 134[]
  28. TID e.V., Stellungnahme vom 28.02.2006, S. 2, und Auswärtiges Amt vom 10.03.2006, Nr. 5, an VG Bayreuth – B 5 K 05.30078; BAMF, Volksrepublik China – Tibeter im Konflikt mit dem Staat, März 2008, S. 8[]
  29. vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315, 334, 336; Beschluss vom 23.01.1991 – 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 – BVerfGE 83, 216, 235[]
  30. vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989, a.a.O. 352[]
  31. vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.05.1992 – 2 BvR 205/92, NVwZ 1992, 1081, 1083 und vom 08.06.2000 – 2 BvR 81/00, InfAuslR 2000, 457, 458[]
  32. vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.2003 – 2 BvR 134/01, DVBl 2003, 1260 m.w.N.[]
  33. vgl. zu den in Betracht kommenden Verfolgungsakteuren auch § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. a)-c) AufenthG[]
  34. vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 – 10 C 11.07, BVerwGE 131, 186 = NVwZ 2008, 1246[]
  35. Gz. 508-516.80/46446[]
  36. vgl. etwaBVerfG, Beschluss vom 23.01.1991, a.a.O.[]
  37. vgl.BVerwG, Urteil vom 20.06.1995 – 9 C 294.94, NVwZ-RR 1996, 57 m.w.N.[]
  38. vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.1996 – 9 B 14.96, DVBl 1996, 623 m.w.N.[]
  39. Lagebericht des AA vom 10.07.2010, Stand Juni 2010, S. 36[]
  40. Lagebericht des AA vom 10.07.2010, Stand Juni 2010, S. 26[]
  41. Stand Oktober 2005, S. 22[]
  42. RN 11 K 06.30224[]
  43. 1 K 1254/98.A[]
  44. AN 14 K 05.31454[]
  45. A 11 K 4958/10[]
  46. S. 12 GA[]
  47. ebenfalls S. 12 GA[]
  48. Situation ethnischer und religiöser Minderheiten, S. 3[]
  49. International Religious Freedom Report July-December 2010, Tibet, sec. II[]
  50. Klemens Ludwig, Gutachten vom 23.05.2011 S. 7[]
  51. A 6 S 150/01, aus der älteren Rechtsprechung auch anderer Obergerichte[]
  52. ähnlich VG Wiesbaden, Urteil vom 12.10.2006 – 2 E 717/05.A; VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.2007 – A 11 K 141/07; VG Bayreuth, Urteil vom 20.12.2007 – B 5 K 07.30034; VG Sigmaringen, Urteil vom 23.10.2009 – A 6 K 3223/08[]
  53. vgl. Gutachten von TibetInfoNet an VG Bayreuth vom 24.07.2006 Rn. 5, wonach Botschaftsangehörige alle wesentlichen Demonstrationen gegen das Regime beobachten[]
  54. verneinend: Sächs. OVG, Urteil vom 26.06.2008 – A 5 B 263/07; bejahend Bundesverwaltungsgericht Schweiz, Urteil vom 07.10.2009 – E-6706/2008, S. 9 ff.,14; ebenso Urteil vom 27.01.2010 – D-7334/2009, S. 12; abrufbar über http://www.bvger.ch/; Foltergefahr bejahend VG Bayreuth, Urteil vom 17.12.2007 – B 5 K 07.30073; entscheidend oder zumindest auch auf einen längeren Auslandsverbleib als solchen abstellend VG Mainz, Urteil vom 13.08.2008 – 7 K 779/07.MZ; VG Gießen, Urteil vom 04.11.2008 – 2 E 3926/07.A; VG Würzburg, Urteil vom 20.11.2009 – W 6 K 08.30173[]
  55. siehe Gutachten Klemens Ludwig vom 23.05.2011, S. 12: drohende Verfolgung bei „separatistischer Haltung“; ebenso: Bundesverwaltungsgericht Schweiz, Urteil vom 07.10.2009 a.a.O.,14[]
  56. an VG Ansbach, S. 2[]
  57. bejahend VG Würzburg, Urteil vom 22.06.2007 – W 6 K 07.30033; VG Karlsruhe, Urteil vom 06.05.2009 – A 1 K 2242/08; VG Minden, Urteil vom 20.01.2010 – 4 K 2087/07.A; VG Trier, Urteil vom 01.09.2011 – 5 K 366/10.TR; Asylgerichtshof Österreich, Entscheidung vom 04.06.2009 – C1 313330-1/2008/8E, abrufbar über http://www.ris.bka.gv.at/; für den Fall einer bereits vor Ausreise ausgeübten und im Ausland fortgesetzten politischen Betätigung auch VG Ansbach, Urteil vom 19.03.2008 – AN 14 K 05.31454[]
  58. neben den an anderen Stellen bereits genannten etwa TID e.V. vom 18.07.2002; Gottwald vom 16.11.2004 an VG Mainz; Auswärtiges Amt vom 10.03.2006 an VG Bayreuth; TibetInfoNet vom 24.07.2006 an VG Bayreuth[]
  59. RN 4 K 08.30072[]
  60. amnesty international vom 17.05.2010 an VG Regensburg[]
  61. BVerwG, Urteil vom 18.12.2008 – 10 C 27.07, BVerwGE 133, 31 = NVwZ 2009, 730, 731[]
  62. BVerwG, Urteil vom 05.03.2009 – 10 C 51.07, BVerwGE 133, 221 = NVwZ 2009, 1167, 1168 f.; Urteil vom 24.09.2009 – 10 C 25.08, BVerwGE 135, 49 = NVwZ 2010, 383, 385; Mallmann, ZAR 2011, 342[]
  63. vgl. Begründung der Kommission vom 12.09.2001, KOM 2001, 510 endgültig, S. 18; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, § 28 Rn. 3 u. § 29 Rn. 12; anders und unklar hingegen Hailbronner, AsylVfG, § 28 Rn. 29, ähnlich Rn. 32 u. 34, wonach „Nachweise“ dafür vorliegen müssen, dass der Ausländer seine Überzeugung bereits im Heimatland gehabt hat; siehe ferner zu „Sur place“-Flüchtlingen Handbuch des UNHCR Nr. 94-96[]
  64. vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.2005 – 1 C 29.03, BVerwGE 122, 376 = NVwZ 2005, 1087; Ott in GK AsylVfG, § 27 Rn. 16; zur Vorgängervorschrift: BVerwG, Urteil vom 06.04.1992 – 9 C 143.90, BVerwGE 90, 127 = NVwZ 1992, 893 m.w.N.[]
  65. vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.2005, a.a.O., m.w.N.[]
  66. vgl. hierzu auch Art. 12 Abs. 1 b RL 2004/83/EG, wonach ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist, wenn er von den zuständigen Behörden des Landes, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Landes verknüpft sind, bzw. gleichwertige Rechte und Pflichten hat, vgl. ferner Handbuch des UNHCR Nr. 144 bis 146[]
  67. vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.2005, a.a.O.; zustimmend Ott, a.a.O., § 27 Rn. 16[]
  68. vgl. SFH, Nepal: Situation von TibeterInnen in Nepal, 22.10.2004, S. 5, unter Berufung auf UNHCR[]
  69. vgl. SFH, a.a.O., S. 3[]
  70. vgl. SFH, a.a.O., S. 4[]
  71. vgl. SFH, a.a.O., S. 6[]
  72. Klemens Ludwig, 23.05.2011, S. 11 f.[]
  73. Stand Oktober 2005, S. 22 f.[]