Absehbare Verfahrensverzögerungen – und die Untersuchungshaft

Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt. Hierzu führt das BVerfG im

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(Zweiter) Verwertungswiderspruch

Es bedarf keines gesonderten (zweiten) Verwertungswiderspruchs im Anschluss an die Vernehmung der Beweispersonen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Widerspruch nämlich grundsätzlich auch umfassend vorab erklärt werden; in diesem Fall muss ihn der Verteidiger nach Abschluss der Zeugenvernehmung nicht noch einmal ausdrücklich wiederholen. Der Bundesgerichtshof kann dahingestellt lassen, ob

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Dringender Tatverdacht – während der laufenden Hauptverhandlung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen

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Der Krankenbehandlungsanspruch eines Untersuchungshaftgefangenen

Dauert eine Untersuchungshaft länger, steht dem Gefangenen ein vorrangiger Krankenbehandlungsanspruch gegenüber dem Land NRW nach § 25 UVollzG NRW zu, der auch zahnprothetische Leistungen und Sehhilfen beinhaltet. So hat das Sozialgericht Dortmund in dem hier vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden und dem Antrag eines Untersuchungshaftgefangenen auf Kostenübernahme als Sozialhilfeleistung nicht stattgegeben.

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Fortdauer der Untersuchungshaft: Infinus-Manager

Bei weiterhin dringendem Verdacht eines Kapitalanlagebetrugs mit einer Vielzahl Geschädigter und einem hohen Schadensumfang besteht aufgrund einer drohenden Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe und möglicher Regressforderungen der Haftgrund der Fluchtgefahr. Finden überaus umfangreiche Ermittlungen statt, ist das Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht verletzt. So das Oberlandesgericht Dresden in dem hier vorliegenden Fall

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Der Strafverteidiger als Postbote

Gibt ein Rechtsanwalt einen an seinen in Untersuchungshaft befindlichen Mandanten gerichteten Brief des Hauptbelastungszeugen, der für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen von Bedeutung ist, im Rahmen seiner Tätigkeit als Verteidiger an den Gefangenen weiter, handelt er nicht unbefugt im Sinn des § 115 Abs. 1 OWiG. Die Weitergabe des

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Fortdauer der Untersuchungshaft – weil die Richterin schwanger ist

Die Schwangerschaft einer Richterin des Spruchkörpers, die zur Aussetzung der Hauptverhandlung führt, kann als anderer wichtiger Grund im Sinne von § 121 Abs. 1 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der fehlende Abschluss einer Strafsache binnen angemessener Frist wegen Kollisionen zwischen familiär bedingten personellen

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Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr

Für den Haftgrund der Wiederholungsgefahr i.S.d. § 112 a Abs.1 Nr. 2 StPO ist es erforderlich, dass jede Einzeltat, die als Anlasstat herangezogen wird, die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigt. Die Straferwartung von mehr als einem Jahr bezieht sich jedoch bei Tatmehrheit auf die Gesamtstrafe und nicht auf die Einzelstrafen. Für den

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Anrechnung von Untersuchungshaft bei Vorwegvollstreckung einer Unterbringung

Wird nach Verbüßung von Untersuchungshaft neben einer Frei-heitsstrafe die (nach § 67 Abs. 1 StGB vor der Freiheitsstrafe zu vollstreckende) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ange-ordnet, so ist zunächst die vor Rechtskraft vollzogene Untersu-chungshaft anzurechnen. Sodann ist die Zeit des Vollzugs der Maß-regel bis zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt zu berücksichtigen und schließlich das

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Die Untersuchungshaft eines Schweizer Fußballfans

Besteht der Verdacht einer gefährlichen Körperverletzung, wird die Fluchtgefahr nicht durch einen festen Wohnsitz, die berufliche Stellung als Bankangestellter und familiäre Bindungen des Beschuldigten in der Schweiz beseitigt. Hat der Beschuldigte darüber hinaus durch einen Fluchtversuch und massiven gewaltsamen Widerstand bei der Festnahme gezeigt, dass er im Grunde nicht bereit

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6 Jahre U-Haft

Bei Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft ist das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit in besonderer Weise zu beachten. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs. 3

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Die Anordnung der Untersuchungshaft bei einem Jugendlichen

Allein der Umstand, dass die Vortaten eines jugendlichen Beschuldigten bisher nur mit jugendgerichtlichen Zuchtmitteln geahndet worden sind und er nicht zu einer Jugendstrafe verurteilt worden ist, steht der Annahme einer „die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat“, die für den hier nach § 112a StPO ergebenden Haftgrund erforderlich ist, nicht entgegen. So

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Der Widerruf eines Haftverschonungsbeschlusses

Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-)Garantien, deren Beachtung Art. 104

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Untersuchungshaft und der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs

Sitzt der Beschuldigte aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs in Untersuchungshaft, ist für die Anordnung von Beschränkungen, die dem Beschuldigten aufgrund des Zwecks der Untersuchungshaft aufzuerlegen sind, gemäß § 126 Abs. 1, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs bis zur Anklageerhebung auch dann zuständig,

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Haftbeschwerde der Beate Zschäpe

Die Beschwerde der Beschuldigten Beate Zschäpe gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. November 2011 wird verworfen. So die Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Zwickau vom 7. November 2011, der durch den Haftbefehl des Bundesgerichtshofs vom 13. November 2011 ersetzt worden ist, wurde die Beschuldigte

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Beschleunigungsgebot in Haftsachen und die überlastete Strafkammer

Der im Recht auf Freiheit der Person verankerte Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen, denn zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und

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Untersuchungshaft und absehbare zukünftige Verfahrensverzögerungen

Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist nicht gerechtfertigt, wenn hinreichend deutlich absehbar ist, dass das Verfahren nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung weiterbetrieben werden kann, auch wenn bisher keine Verfahrensverzögerungen eingetrerten sind. Der Haftbefehl ist dennoch aufzuheben, weil die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus nicht im Sinne von

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Untersuchungshaft und das ungesunde Volksempfinden

Derzeit kann man der öffentlichen Diskussion über die Haftentscheidung des Amtsgerichts Tiergarten im „U-Bahn-Fall“ kaum entgehen. Aber viele Beiträge mangelt es an Sachlichkeit oder strafprozessualen Grundkenntnissen – oder meist an beidem. Die kritische Befassung der Öffentlichkeit mit Entscheidungen, die auf gesetzlicher Grundlage durch unabhängige Richter getroffen werden, ist im Rechtsstaat

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Wiederholungsgefahr bei jugendlichen Straftätern

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO kann nicht auf frühere Straftaten des Beschuldigten gestützt werden, die nur mit jugendgerichtlichen Zuchtmitteln geahndet wurden, weil diese keine Straftaten sind, die die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigten. Da in einem solchen Fall schädliche Neigungen vom Jugendgericht nicht festgestellt wurden,

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Fluchtgefahr wegen Strafrabatt in den Niederlanden

Bei niederländischen Beschuldigten, die eines Betäubungsmitteldeliktes dringend verdächtig sind, ist nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg von einer erhöhten Fluchtgefahr auszugehen, weil die Niederlande die Auslieferung von Beschuldigten zur Strafverfolgung nach Deutschland davon abhängig machen, dass eine in Deutschland verhängte Freiheitsstrafe in den Niederlanden vollstreckt wird, wobei die Strafe

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Haftentschädigung

Der Bundesrat hat am Freitag einer bereits vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung zugestimmt, mit der die Entschädigung für immaterielle Schäden bei zu Unrecht erlittener Haft von derzeit 11 € auf künftig 25 € erhöht wird. Die derzeitig geltende Pauschale von 11 € besteht – abgesehen von der Umstellung von DM

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Untersuchungshaft und der Beschleunigungsgrundsatz

Zum Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen musste jetzt wieder einmal das Bundesverfassungsgericht den Ermittlungsbehörden die passende Sätze in die Akte schreiben. In dem jetzt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer am 14. November 2007 wegen Verdachts des unerlaubten Führens einer Schusswaffe und der gefährlichen Körperverletzung vorläufig festgenommen und befindet

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Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft und das Beschleunigungsgebot

Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Grundsätzlich darf im Rechtsstaat nur einem rechtskräftig Verurteilten vollständig die Freiheit entzogen werden. Der

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Neue Regelungen für die Untersuchungshaft

Der Bundestag hat heute das Gesetz zur Reform des Untersuchungshaftrechts verabschiedet. Die Änderungen gehen überwiegend auf eine veränderte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Föderalismusreform zurück. Den Bundesländern steht nach dieser Reform die Regelungskompetenz für das „Wie“, also für den Vollzug von U-Haft, zu. Dazu gehören etwa Vorschriften über die

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Kein Flachbildschirmfernseher für Untersuchungshäftling

Nach einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm konnte der Antrag eines Untersuchungsgefangenen auf Aushändigung eines von seiner Mutter mitgebrachten Flachbildschirmfernsehers durch die zuständige Justizvollzugsanstalt zu recht abgelehnt werden. Das Oberlandesgericht hat damit eine Entscheidung des Landgerichts Hagen in zweiter Instanz bestätigt. Nach Auffassung des OLG-Senats ist es allgemein bekannt, dass

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Untersuchung im Intimbereich bei Untersuchungshäftlingen

Untersuchung im Intimbereich bei Untersuchungshäftlingen sind nur bei konkreten Verdachtsmomenten verfassungsgemäß, wie das Bundesverfassungsgericht jetzt klar gestellt hat. Der Beschwerdeführer, ein Steuerberater, wurde morgens gegen sieben Uhr, als er seine Kinder zur Schule brachte, wegen Verdachts der Bestechlichkeit und der Untreue zum Nachteil des berufsständischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte festgenommen und

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Verwendung von Kautionsgeldern

Der Rechtsanwalt, der selbst oder über einen Dritten für seinen in Untersuchungshaft sitzenden Mandanten Gelder einwirbt zu dem Zweck, eine Kaution zu stellen, darf die ihm zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten Mittel nicht anderweitig verwenden. Weitergehende Pflichten, etwa zur Sicherung der Rückführung dieser Mittel nach bestimmungsgemäßer Verwendung oder zur

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