Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten1.

Bei Behauptung einer relevanten belastenden Tatsache durch die Staatsanwaltschaft müsste daher eine bislang für den Angeklagten positive Beweislage durch die begehrte Beweiserhebung umschlagen können2. Daran fehlt es indes, wenn der Tatrichter aus der behaupteten und als erwiesen unterstellten Indiztatsache einen möglichen, wenn auch nicht zwingenden Schluss nicht ziehen will3.
Eine den Angeklagten belastende Beweisbehauptung darf somit nicht allein deshalb als für das Verfahren bedeutungslos bezeichnet werden, weil die unter Beweis gestellte Tatsache keine zwingenden Schlüsse auf die Verstrickung des Angeklagten in die ihm angelastete Tat erlaubt.
Legt der Tatrichter jedoch rechtsfehlerfrei dar, dass die in dem Beweisantrag behauptete Tatsache auch dann, wenn sie durch die beantragte Beweisaufnahme bewiesen würde, ihn nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen könnte, so ist er nicht verpflichtet, den beantragten Beweis zu erheben4.
Dabei muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die erforderliche Begründung entspricht dabei grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen5. Geht es um den Angeklagten belastende Beweisbehauptungen, muss die Ablehnung das ganze Beweisthema ohne Einengung, Verkürzung oder Unterstellung erfassen und darlegen, warum dem Tatrichter die im Beweisantrag behauptete Tatsache in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen6.
Wird ein Beweisantrag wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt, ohne dass hinreichend dargelegt wird, woraus sich nach Ansicht des Gerichts die Bedeutungslosigkeit ergibt, so kann ein Beruhen hierauf ausgeschlossen werden, wenn die Gründe für die Bedeutungslosigkeit auf der Hand lagen7. Das ist hier der Fall. Zwar gilt – wie bei jeder anderen entlastenden Indiztatsache – der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht für einen weder widerlegten noch nachgewiesenen Alibibeweis8. Der lediglich gescheiterte Alibibeweis – bei dem die Lüge nicht erwiesen ist und auch sonst keine besonderen Umstände vorliegen – ist aber kein Beweisanzeichen für die Täterschaft9. Dies gilt auch, wenn – wie hier – der (unterstellt) erhobene Beweis ein Alibi des Angeklagten nicht ergeben hätte. Denn auch bei Erwiesenheit der unter Beweis gestellten Tatsachen stünde letztlich nur fest, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt des Versands der Kurzmitteilung nicht bei seiner Lebensgefährtin aufgehalten hat; einen tragfähigen Schluss auf seine Täterschaft lässt dies indes nicht zu, sondern schließt ihn lediglich als Täter nicht aus.
Auch die daneben erhobenen Rügen der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO greifen nicht durch, da die Aufklärungspflicht die Erhebung von Beweisen zu tatsächlich bedeutungslosen Umständen nicht gebietet.
Ein die Sachrüge begründender Widerspruch kann nicht allein darin gesehen werden, dass das Gericht den Ausführungen eines Sachverständigen folgt (hier etwa zur Herkunft von DNA-Spuren), aber hieraus nicht die von der Staatsanwaltschaft gezogene Schlussfolgerung ziehen will (dass trotz der aufgefundenen DNA-Spuren des Zeugen Se. auch der Angeklagte bei ihm sichergestellte Handschuhe benutzt hat oder haben könnte). Vielmehr ist bei ambivalenten Beweisanzeichen, die dem Tatrichter im Einzelfall rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen, eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber, welche indizielle Bedeutung ein solcher Umstand im konkreten Fall entfaltet; vom Revisionsgericht hinzunehmen10.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Februar 2015 – 4 StR 293/14
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 11.04.2000 – 1 StR 55/00, NStZ 2000, 436; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 54 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1997 – 5 StR 58/97, NStZ 1997, 503, 504 m. Anm. Herdegen; ferner BGH, Urteil vom 21.03.1990 – 2 StR 469/89 23][↩]
- BGH, Urteile vom 24.06.2004 – 5 StR 306/03, NJW 2004, 3051, 3056; vom 14.07.1992 – 5 StR 231/92, NStZ 1992, 551[↩]
- BGH, Urteil vom 30.09.1987 – 2 StR 412/87, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 4[↩]
- vgl. etwa BGH, Urteil vom 02.12 2009 – 2 StR 363/09, StV 2010, 557, 558; Beschlüsse vom 16.01.2007 – 4 StR 574/06, NStZ 2007, 352; vom 17.12 2013 – 4 StR 374/13, NStZ 2014, 168, 169; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 144 jeweils mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 01.08.1989 – 1 StR 346/89, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 12 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 15.05.1990 – 5 StR 594/89, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Bedeutungslosigkeit 12; KK-Krehl, aaO, § 244 Rn. 147 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2014 – 2 StR 333/13[↩]
- BGH, Urteile vom 21.01.2004 – 1 StR 364/03, NStZ 2004, 392, 394; vom 31.03.1999 – 5 StR 689/98, NStZ 1999, 423[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 16.05.2013 – 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339; vom 04.04.2013 – 3 StR 37/13; vom 20.09.2012 – 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89[↩]