Wird dem Opfer die Bankkarte nebst Geheimnummer mithilfe einer Täuschung abgenommen haben, um anschließend durch Mittäter Geld an Geldautomaten abheben zu lassen, erfüllt dies den Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB), nicht aber den des Compterbetruges (§ 263a StGB).

Bei den hier vom Bundesgerichtshof abgeurteilten Taten trat ein Anrufer in Telefonkontakt zum jeweiligen Geschädigten; dabei handelte es sich um Personen im Alter zwischen 63 und 99 Jahren. Die Geschädigten wurden vor allem aus einer vorhandenen Datensammlung ausgewählt. Der Anrufer gab sich als Mitarbeiter einer Bank aus und behauptete, dass ein Hackerangriff auf das Computersystem der Bank stattgefunden habe, wodurch vom Konto der Geschädigten ungewöhnliche Auslandsüberweisungen getätigt würden, oder es wurden sonstige Unregelmäßigkeiten vorgespiegelt, durch die das Vermögen des jeweiligen Geschädigten in Gefahr sei. Sodann kündigte der Anrufer an, ein anderer Bankmitarbeiter werde alsbald erscheinen und die Bankkarte in Empfang nehmen; diese müsse überprüft werden. Außerdem wurde den Geschädigten die Geheimzahl zu ihrem Bankkonto unter einem Vorwand entlockt. Das Gespräch wurde von einem anderen Tatbeteiligten, dem sogenannten Logistiker, mitgehört. Dieser gab die Informationen über Name und Adresse des jeweiligen Geschädigten und die diesem vorgespiegelte Legende an einen weiteren Tatbeteiligten weiter, der sich noch während des Gesprächs des Anrufers auf den Weg zum Geschädigten machte. In einigen Fällen forderte der Anrufer vom Geschädigten auch im Haus befindliche Bargeldbeträge zwecks Überprüfung zur Verfügung zu stellen. Er spiegelte dazu vor, es könne sich um Falschgeld oder Fehldrucke handeln. Bedenken der Angerufenen wurden mit Ausreden ausgeräumt. Der Anrufer verhinderte zudem eine telefonische Rückfrage des Geschädigten bei seiner Bank unter einem Vorwand. Hatte der Abholer die Bankkarte des Geschädigten entgegengenommen, nutzte er diese alsbald zu Geldabhebungen am nächstgelegenen Geldautomaten. Teilweise kam es zu mehreren Abhebungen. Das abgehobene Geld und die durch Täuschung entgegengenommenen Bargeldbeträge wurden unter den Tatbeteiligten aufgeteilt.
Der Bundesgerichtshof sah hierin keinen (gewerbs- und bandenmäßigen) Computerbetrug gemäß § 263a Abs. 1 Var. 3 und Abs. 2 StGB verwirklicht, sondern sondern (gewerbs- und bandenmäßigen) Betrug im Sinne von § 263 Abs. 1 und 5 StGB, soweit sie den Geschädigten die Bankkarten nebst Geheimnummer mithilfe einer Täuschung abgenommen haben, um anschließend durch Mittäter Geld an Geldautomaten abheben zu lassen.
Der Tatbestand des Computerbetrugs ist nicht erfüllt, da die Mittäter die Bankkarten und Geheimnummern nicht „unbefugt“ im Sinne von § 263a Abs. 1 StGB benutzt haben. Wer vom berechtigten Karteninhaber die Bankkarte und die Geheimnummer durch Täuschung erlangt und damit Abhebungen an Geldautomaten vornimmt, begeht keinen Computerbetrug.
Dies folgt aus der verfassungsrechtlich gebotenen einschränkenden Auslegung des Tatbestands des Computerbetrugs [1]. Danach handelt nicht schon derjenige „unbefugt“, der Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder die verwendeten Daten rechtswidrig erlangt hat [2]. Aus der im Verhältnis zum berechtigten Karteninhaber missbräuchlichen Verwendung der Bankkarte mit der Geheimzahl folgt auch keine fehlerhafte Beeinflussung der automatisierten Abläufe (so die „computerspezifische Auslegung“). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anwendungsbereich des § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift durch eine Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand bestimmt. Mit § 263a StGB sollte lediglich die Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die dadurch entstanden war, dass der Tatbestand des Betruges menschliche Entscheidungsprozesse voraussetzt, die beim Einsatz von EDV-Anlagen fehlen [3]. Das Tatbestandsmerkmal „unbefugt“ erfordert danach eine betrugsspezifische Auslegung [4]. Der dabei anzulegende Maßstab ist allerdings auch umstritten.
Die missbräuchliche Benutzung der vom Berechtigten mitsamt der Geheimnummer erlangten Bankkarte durch den Täter bei Abhebungen am Geldautomaten entspricht nicht einem Betrug am Bankschalter. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es bei dem fiktiven Prüfvorgang eines Bankmitarbeiters nur um dieselben Aspekte ginge, die auch der Geldautomat abarbeitet [5]. Für den Automaten sind Identität und Berechtigung des Abhebenden mit der Eingabe der echten Bankkarte und der zugehörigen Geheimnummer hinreichend festgestellt.
Unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB handelt danach derjenige, der manipulierte oder kopierte Daten verwendet. Nach der Rechtsprechung soll allerdings auch derjenige einen Computerbetrug begehen, der sich durch Diebstahl oder Nötigung die für den Abhebungsvorgang erforderliche Datenkenntnis und Kartenverwendungsmöglichkeit verschafft hat. Insoweit führt die Vergleichsbetrachtung von Betrug und Computerbetrug nicht stets zu einem klaren Auslegungsergebnis. Sie muss um eine Gesamtbetrachtung des Geschehens, das zur Erlangung von Bankkarte und Geheimnummer geführt hat, und der Geldabhebung ergänzt werden. Danach gilt das Merkmal der unbefugten Verwendung der Daten nicht für denjenigen, der die Bankkarte und Geheimnummer vom Berechtigten mit dessen Willen erlangt hat [6], mag die Überlassung auch auf einer Täuschung beruhen [7].
Wenn der Täter mit einer echten Bankkarte und der richtigen Geheimnummer, die er jeweils vom Berechtigten durch dessen täuschungsbedingte Verfügung erhalten hat, Geldabhebungen vornimmt, werden nicht zwei Straftatbestände des Betrugs und des Computerbetrugs erfüllt. Dieses Verhalten erfüllt vielmehr nur den Tatbestand des Betrugs gegenüber dem Berechtigten [8]. Der Täter betrügt den berechtigten Inhaber von Bankkarte und Geheimnummer im Sinne von § 263 StGB, aber er „betrügt“ nicht außerdem den Geldautomaten im Sinne von § 263a StGB, wenn er die echte Bankkarte und die richtige Geheimnummer benutzt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 2 StR 15/15
- vgl. Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 263a Rn. 12[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2005 – 4 StR 550/04, BGHSt 50, 174, 179; a.A. SSW/Hilgendorf, StGB, 2014, § 263a Rn. 14; NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 263a Rn. 27 zur „subjektiven Auslegung“[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 21.11.2001 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 162[↩]
- BGH, Urteil vom 22.11.1991 – 2 StR 376/91, BGHSt 38, 120, 124; Beschluss vom 21.11.2011 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263a Rn. 16a[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 21.11.2001 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.1998 – 2 Ss 437/97 – 123/97 II, NStZ-RR 1998, 137; OLG Koblenz Urteil vom 02.02.2015 – 2 OLG 3 Ss 170/14[↩]
- vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263a Rn. 10; Wohlers/Mühlbauer in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 263a Rn. 49 f.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2013 – 2 StR 553/12; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263a Rn. 13[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2013 – 2 StR 553/12; Bär in Wabnitz/Janovski [Hrsg.], Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 4. Aufl., 14. Kap. Teil B Rn. 23[↩]