Beschlagnahmefreiheit von Rechtsanwaltsunterlagen

Die Beschlagnahmefreiheit von Unterlagen im Gewahrsam eines Zeugen ist nach § 97 Abs. 2 StPO zu beurteilen; lediglich ergänzend ist § 160a Abs. 1 StPO in der seit dem 01.02.2011 geltenden Fassung – insbesondere zur Frage der Verwertbarkeit – heranzuziehen.

Beschlagnahmefreiheit von Rechtsanwaltsunterlagen

Die Rechtslage seit dem 1.02.2011

Nach § 160a Abs. 1 StPO in der seit dem 01.02.2011 geltenden Fassung ist „eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 4 genannte Person, einen Rechtsanwalt, eine nach § 206 der Bundesrechtsanwaltsordnung in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommene Person oder einen Kammerrechtsbeistand richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese das Zeugnis verweigern dürfte, … unzulässig.“

Der Gesetzgeber hat sich insoweit, wie sich den Gesetzgebungsmaterialien entnehmen lässt, ganz bewusst für die Einbeziehung aller Rechtsanwälte in diese Norm entschieden1, nachdem dort zuvor neben den Geistlichen und den Abgeordneten nur Strafverteidiger benannt waren. Ziel war es dabei, dass sich Mandanten ihren Verteidigern und Rechtsanwälten anvertrauen können sollten ohne die Sorge, dass der Verteidiger oder der Rechtsanwalt später über den Inhalt der Kommunikation Zeugnis abgeben müsse. Den Gesetzgebungsmaterialien zufolge wurde davon ausgegangen, die Verstrickungsregelung des § 160a Absatz 4 StPO stelle in ausreichender Weise sicher, dass bei einem Tatverdacht, der sich auch gegen den Berufsgeheimnisträger richte, Ermittlungsmaßnahmen auch gegen diesen weiterhin möglich seien2.

Die Bundesministerin der Justiz führte dazu in der Bundestagsdebatte vom 11.11.2010 u.a. aus:

„Wenn ein Mandant nicht die Gewähr hat, dass er mit seinem Anwalt frei und unbelauscht sprechen kann, wenn er befürchten muss, dass etwa bei einem Telefonat der Staat in der Leitung mithört, dann ist das Entstehen von Vertrauen gefährdet und dann ist auch nicht gesichert, dass ein Anwalt seiner Funktion im Rechtsstaat in vollem Umfang nachkommen kann. Deshalb muss der Rechtsstaat um seiner selbst willen die freie und ungehinderte Kommunikation zwischen Mandant und Anwalt respektieren und garantieren. Genau das ist das Ziel des Gesetzentwurfes, der heute in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden soll.

Dieser Gesetzentwurf nimmt eine Korrektur früherer Gesetzgebung vor. Nach dem durch den Gesetzentwurf geänderten § 160 a der Strafprozessordnung sollen alle Rechtsanwälte und nicht allein Strafverteidiger vor Ermittlungsmaßnahmen des Staates geschützt sein, soweit es um Erkenntnisse geht, hinsichtlich derer sie das Zeugnis verweigern dürfen. Damit kein Missverständnis entsteht:

Wenn es um den konkreten Verdacht geht, dass der Anwalt selbst eine Straftat begangen hat – das ist nicht der Bereich, den wir mit dem geänderten Gesetz regeln –, dann kann natürlich ermittelt werden. Mit dieser Änderung schaffen wir wieder eine gute Balance zwischen den Rechten von Anwälten, die verteidigen und beraten, auf der einen Seite und der Effektivität der Strafrechtspflege auf der anderen Seite.

Wichtig ist, dass wir mit diesem Schritt die bisherige künstliche Aufspaltung zwischen Strafverteidigern und anderen Anwälten beenden. Diese Abgrenzung lässt sich in der Realität sowieso nicht punktgenau treffen. Gerade bei komplexen Beratungsmandaten bestehen häufig enge Verflechtungen zu strafrechtlichen Fragen. Der Übergang von beratender zu verteidigender Tätigkeit ist oft fließend. Künftig gilt daher, bezogen auf alle Anwälte, ein absolutes Verbot der Erhebung und Verwertung von Informationen. Gegen Anwälte dürfen sich deshalb keine strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen mehr richten, wenn damit Informationen erfasst würden, die vom Zeugnisverweigerungsrecht des Anwalts umfasst wären. Schutz vor Durchsuchungen oder Beschlagnahmen in Kanzleien gibt es bereits. Aber wir müssen sicherstellen, dass Telefone oder die EMailKommunikation nicht überwacht werden. Wir tragen damit natürlich auch dem Wandel Rechnung, der das anwaltliche Berufsbild betrifft; denn zum einen wird elektronische Kommunikation immer wichtiger, zum anderen gibt es immer mehr Sozietäten, in denen Strafverteidiger mit Anwälten anderer Fachrichtungen zusammenarbeiten.“
3)).

In der Literatur wurde in diesem Zusammenhang vor allem auch der Gesichtspunkt eingebracht, dass durch die Gesetzesänderung ein unter der alten Rechtslage bestehendes „Zwei-Klassen-Recht“ unter Anwälten angesichts ihrer Stellung als Organe der Rechtspflege beseitigt werden sollte4.

Über die Verstrickungsklausel des § 160a Abs. 4 StPO hinaus wurden die Folgen der gesetzlichen Neuregelung – soweit ersichtlich – bislang aber nicht in allen erwartbaren Fallgestaltungen im Gesetzgebungsverfahren bzw. in der Literatur diskutiert5.

Insbesondere lässt sich den Gesetzesmaterialien aber auch nicht entnehmen, dass eine Abänderung der durch § 97 StPO geregelten Beschlagnahmeverbote hinsichtlich physisch vorhandener Gegenstände durch die gesetzliche Neuregelung beabsichtigt gewesen wäre. Denn schon in der Begründung der zunächst im Bundesrat eingebrachten Gesetzesinitiative wurde mitgeteilt6:

„Mit dem neu in die Strafprozessordnung eingefügten § 160a StPO hat der Gesetzgeber unter uneingeschränkter Beibehaltung sowohl der Zeugnisverweigerungsrechte als auch dem mittelbaren Schutz des Berufsgeheimnisses dienenden Sonderregelungen in § 97 StPO (Beschlagnahmeverbot) und § 100c Absatz 6 StPO (Verbot der akustischen Wohnraumüberwachung) erstmals eine Regelung geschaffen, wonach auch alle anderen Ermittlungsmaßnahmen Einschränkungen unterworfen wurden, wenn sie zu Erkenntnissen führen, die in einer Vernehmungssituation dem Zeugnisverweigerungsrecht eines Berufsgeheimnisträgers unterfallen würden.

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Schutz von Berufsgeheimnisträgern insgesamt weiter zu verbessern. Sie greift deshalb mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die teilweise geäußerte Kritik auf und schlägt vor, in einem ersten Schritt die als problematisch erachtete Differenzierung zwischen dem Vertrauensverhältnis zu einem Verteidiger einerseits und demjenigen zu einem (sonstigen) Rechtsanwalt sowie ihm weitgehend gleichstehenden Berufsgeheimnisträgern mit anwaltlichen Aufgaben (in die Rechtsanwaltskammer aufgenommene ausländische Rechtsanwälte nach § 206 der BRAO sowie Kammerrechtsbeistände) andererseits zu beseitigen – und zwar zugunsten eines jeweils absoluten Schutzes im Rahmen des § 160a Absatz 1 StPO. Eine einheitliche Behandlung beider Vertrauensverhältnisse erscheint gerechtfertigt, weil sowohl die anwaltliche als auch die strafverteidigende Tätigkeit ganz überwiegend von derselben Berufsgruppe (Anwälte, Kammerrechtsbeistände) ausgeübt wird und der sich dabei im Einzelfall vollziehende Übergang von einem Anwalts- zum Verteidigermandat in der Praxis oftmals fließend ist.“

Danach ist aus Sicht des Landgerichts Mannheim davon auszugehen, dass sich die Intention des Gesetzgebers ausschließlich auf eine Gleichstellung aller Rechtsanwälte (und der diesen weitgehend gleichstehenden Berufsgeheimnisträgern mit anwaltlichen Aufgaben) mit den Strafverteidigern richtete, also nicht eine Ausweitung von bestehenden Beschränkungen bei der Beschlagnahme von Gegenständen, sondern lediglich ein verstärkter Schutz der Tele- und elektronischen Kommunikation von und mit Rechtsanwälten hergestellt werden sollte; denn die Regelung des § 160a StPO regelt aus Sicht des Gesetzgebers offensichtlich nur „alle anderen Ermittlungsmaßnahmen“, die nicht schon durch § 97 StPO bzw. § 100c Absatz 6 StPO geregelt waren.

Unmittelbare Folgen einer Fortschreibung bisheriger Rspr.:

Soweit es sich um schriftliche Unterlagen im Gewahrsam des Verteidigers handelt, ist die bislang wohl überwiegende Meinung davon ausgegangen, dass insoweit gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO sämtliche Unterlagen, auch Geschäftsunterlagen des Mandanten (Beschuldigten), einem Beschlagnahmeverbot unterfielen7, soweit sie vom Vertrauens- und Beratungsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant erfasst seien; nicht notwendigerweise müssten diese aber auch innerhalb des Vertrauensverhältnisses entstanden sein8.

Allerdings war der Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO – jedenfalls nach der zur alten Rechtslage wohl h.M. – beschränkt auf das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger9; diese Auffassung wird vor dem Hintergrund der Neugestaltung des § 160a StPO in der Lit. erneut diskutiert10.

In die Beurteilung der neuen Rechtslage mit einzubeziehen ist daher jedenfalls, dass letztlich alle – oder zumindest nahezu alle – schriftlichen Unterlagen, die im Rahmen eines bestehenden Mandatsverhältnisses gleich welcher Art in den Gewahrsamsbereich eines Rechtsanwaltes gelangen, als beschlagnahmefrei angesehen werden müssten, wollte man diese hinsichtlich § 97 Abs. 1 StPO zum Verhältnis zwischen Beschuldigtem und Verteidiger entwickelte Rechtsprechung uneingeschränkt auch auf das nach § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO bzw. § 160a Abs. 1 StPO n.F. bestehende Verhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt in allen Tätigkeitsbereichen übertragen.

Darüber hinaus sieht § 160a Abs. 1 StPO n.F. ein umfassendes Verwendungs- und Verwertungsverbot für solche Unterlagen vor; aufgrund einer möglicherweise – jedenfalls in bestimmten Fallkonstellationen – eintretenden Vorauswirkung eines solchen Verbots könnte sich – allerdings unbeschadet der sich aus § 97 Abs. 2 S. 1 StPO ergebenden Folgen – auch ein dann insoweit bestehendes Beschlagnahmeverbot ergeben11.

Grundlegend zu beachtende Gesichtspunkte:

Zu beachten ist insoweit allerdings, dass die bisherige Rechtsprechung zu beschlagnahmefreien Unterlagen einen sehr kleinen Personenkreis (Geistliche, Abgeordnete, Strafverteidiger) betraf, der durch die Neuregelung des § 160a Abs. 1 StPO zahlenmäßig nicht lediglich etwas erweitert, sondern vervielfacht wurde.

Dieser Umstand ist letztlich geeignet, eine völlige Verschiebung der zuvor – über lange Zeit hinweg – bestehenden Verteilung der Kräfteverhältnisse im strafprozessualen Verfahren herbeizuführen, weshalb bei der Anwendung dieser neuen strafprozessualen Regelung die nachfolgend aufgeführten, maßgeblichen Gesichtspunkte Beachtung werden finden müssen.

Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren dem Beschuldigten, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können12.

Aufgabe des Strafprozesses ist es, den Strafanspruch des Staates um des Schutzes der Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmigen Verfahren durchzusetzen und dem mit Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten.

Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf13, zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen.

Zentrales Anliegen des Strafprozesses ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt. Verfahrensrechtliche Gestaltungen, die der Ermittlung der Wahrheit und somit einem gerechten Urteil entgegenstehen, können, soweit sie verfassungsrechtlich nicht anderweit erfasst werden, jedenfalls den Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren berühren14.

Das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren wurzelt – wie die allgemeine Rechtsschutzgarantie – im Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten des Grundgesetzes, insbesondere in dem durch ein Strafverfahren bedrohten Recht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) und in Art. 1 Abs. 1 GG, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt eines staatlichen Verfahrens herabzuwürdigen15, und den Staat zu korrektem und fairem Verfahren verpflichtet16. An dem Recht auf ein faires Verfahren sind diejenigen Beschränkungen zu messen, die von den speziellen Gewährleistungen der grundgesetzlichen Verfahrensgrundrechte nicht erfasst werden17.

Die Bestimmung der verfahrensrechtlichen Befugnisse und Hilfestellungen, die dem Beschuldigten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen und die Festlegung, wie diese auszugestalten sind, ist in erster Linie dem Gesetzgeber und sodann – in den vom Gesetz gezogenen Grenzen – den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und anwendung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde18.

Im Rahmen dieser Gesamtschau sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen19. Das Rechtsstaatsprinzip, das die Idee der Gerechtigkeit als wesentlichen Bestandteil enthält20, fordert nicht nur eine faire Ausgestaltung und Anwendung des Strafverfahrensrechts. Es gestattet und verlangt auch die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann. Der Rechtsstaat kann sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden21.

Allerdings enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; es bedarf vielmehr der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Dabei ist im Blick auf die Weite und Unbestimmtheit des Rechtsstaatsprinzips mit Behutsamkeit vorzugehen. Erst wenn sich unzweideutig ergibt, daß rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind, können aus dem Prinzip selbst konkrete Folgerungen für die Verfahrensgestaltung gezogen werden; diese haben sich tunlichst im Rahmen der vom Gesetzgeber gewählten Grundstruktur des Verfahrens zu halten22.

Danach erscheint es aber – jedenfalls bei Übernahme des von der Rspr. bislang definierten Umfangs der beim Verteidiger beschlagnahmefreien Unterlagen auf alle Rechtsanwälte – unter Beachtung der vorgenannten Gesichtspunkte sehr zweifelhaft, ob angesichts der vom Gesetzgeber vorgenommenen, zahlenmäßig signifikanten Ausweitung des Personenkreises, bei dem strafprozessuale Zwangsmaßnahmen nur unter den Voraussetzungen des § 160a Abs. 1, 4 u. 5 StPO n.F. erfolgen dürfen, noch eine zuverlässige Sachverhaltsaufklärung, die den verfassungsmäßig gebotenen Mindestanforderungen genügt, gewährleistet werden kann.

Weitere Problemstellungen:

Denn gerade die von den Beschwerdeführern und der Staatsanwaltschaft angesprochene Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 15.10.201023, die die Geschehnisse innerhalb der HSH Nordbank zum Gegenstand hat, bei denen die Bank durch die Eingehung von unvertretbaren Risiken von Vorstandsmitgliedern Millionenverluste erlitten hat24, die wiederum großenteils dem Steuerzahler zur Last fielen, zeigt deutlich die Gefahren auf, die durch eine allzu weite Beschränkung einer Aufklärung durch die Strafverfolgungsbehörden entstehen können. Dort war im Übrigen auch noch ein anderer (ggf. auch strafrechtlich relevanter) Vorfall zum Vorschein gekommen, wonach einem Mitarbeiter der Bank in New York im Auftrag von Verantwortlichen der Bank kinderpornographische Dokumente untergeschoben worden sein sollen, um ihm gegenüber deswegen die Kündigung aussprechen zu können.

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2010 wird jedenfalls in der Literatur vielfach als überholt betrachtet, da sich diese noch auf die Rechtslage des § 160a StPO a.F. beziehe25.

Gerade solche – wie am Beispiel der HSHNordbank öffentlich zutage getretenen – Vorgänge, welche nach der neuen Rechtslage allenfalls unter beachtlichen Erschwernissen aufzuklären wären, lassen aber sehr gut erkennen, welches Gewicht eine zuverlässige Sachverhaltsaufklärung gerade für einen Beschuldigten haben kann, zumal derartige – mit konspirativen Methoden betriebene – Vorgehensweisen angesichts verschiedener weiterer derartiger Berichte sicherlich nicht als Einzelfälle zu betrachten sind.

Insbesondere als Beschäftigter eines größeren Unternehmens wird ein Beschuldigter regelmäßig der organisatorischen und finanziellen Überlegenheit seines Arbeitgebers ausgeliefert sein, der er wenig oder überhaupt nichts entgegen zu setzen hat.

Stünde es nun im völligen Belieben des Arbeitgebers, unliebsame oder gar brisante Dokumente dadurch dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen, dass er diese an einen oder mehrere Rechtsanwälte übergibt, so wäre eine zuverlässige Sachverhaltsaufklärung weitgehend oder völlig unmöglich.

Der jeweils beauftragte Rechtsanwalt müsste dabei auch nicht einmal einen vollständigen Überblick über die ihm gegebenen Dokumente bzw. Teile von Dokumenten erlangen, gerade dann nicht, wenn ihm für einen bestimmten Auftrag eine relativ große Menge von Dokumenten aus dem Unternehmen übergeben würden, er diese für den ihm erteilten Auftrag nur zu einem (kleinen) Teil benötigte, aber auch die übrigen – kaum zu überblickenden – Teile in seinen Gewahrsam gelangten. Denn gerade aus den – im Falle der Verteilung der Unterlagen auf mehrere Rechtsanwälte – dem einzelnen Rechtsanwalt vorliegenden Bruchstücken wird dieser in der Regel noch nicht einmal erkennen können, ob er als Werkzeug für eine dolose Strategie seines Auftraggebers eingesetzt wird.

Ein strafrechtlich relevantes Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Unternehmens wäre in einer solchen Konstellation regelmäßig von vornherein ausgeschlossen, weshalb auch die Verstrickungsklausel des § 160a Abs. 4 StPO in aller Regel nicht die vom Gesetzgeber offenbar erwartete Korrekturfunktion erfüllen würde.

Soweit sich ein Mandant, der zu späterer Zeit Beschuldigter eines Strafverfahrens wird, eines – mangels ausreichender Information – als nichtdoloses Werkzeug handelnden Rechtsanwaltes bedient, bewegt sich eine solche Vorgehensweise im Rahmen dessen, was jedem Beschuldigten erlaubt ist und erlaubt sein muss.

Soweit es sich aber um Personen handelt, insbesondere um solche, die niemals Beschuldigte eines Strafverfahrens werden können – wie etwa juristische Personen (diese können allenfalls Betroffene eines Einziehungs/Verfalls- bzw. OWi-Verfahrens werden; der von einer solchen mit „internal investigations“ beauftragte Rechtsanwalt kann regelmäßig auch nicht mehr Verteidiger werden, vgl. §§ 43a Abs. 4 BRAO, § 356 StGB26), eröffnet die Regelung des § 160a StPO n.F. für Zeugen jedoch ebenfalls umfangreiche Möglichkeiten, Beweismittel dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen, was – jedenfalls für andere Verfahrensbeteiligte – ausgesprochen problematische Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Darüber hinaus bestehen solche Möglichkeiten der BeweismittelVerlagerung in umso größerem Ausmaß, je weniger finanzielle Gesichtspunkte bei der Beauftragung eines oder mehrerer Rechtsanwälte zu diesem Zweck eine Rolle spielen.

Gerade große Unternehmen können aber ein durchaus nachvollziehbares, mitunter sehr vielfältiges Interesse daran haben, bestimmte Unterlagen – insbes. solche mit Bedeutung für drohende zivilrechtliche Auseinandersetzungen, mit Eignung zur Beeinträchtigung des Rufs bzw. des Images in der Öffentlichkeit, etc. – vor dem Zugriff Dritter und auch der Strafverfolgungsbehörden sicher verwahrt zu wissen.

Zeugen mit sehr begrenzten finanziellen Mitteln werden sich im Zweifel eine solche BeweismittelVerlagerung gar nicht leisten können; finanziell gutgestellte Personen hingegen – also z.B. gerade größere Unternehmen – werden diese Möglichkeiten oftmals nahezu unbeschränkt in Anspruch nehmen können.

Insofern mag zwar durch die gesetzliche Neuregelung eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ unter Rechtsanwälten beseitigt worden sein; demgegenüber wäre durch diese Neuregelung dann aber eine „Zwe-iKlassen-Gesellschaft“ unter Zeugen geschaffen worden.

Zusammenfassend ist danach jedenfalls davon auszugehen, dass die gesetzliche Neuregelung des § 160a Abs. 1 StPO die gebotene Sachverhaltsaufklärung im strafprozessualen Verfahren jedenfalls in äußerst weitgehendem Ausmaß zu beschränken geeignet ist.

Bewertung und denkbare Einschränkungen:

Im Übrigen wäre es auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens als in höchstem Maße bedenklich anzusehen, wenn es ein Zeuge generell selbst in der Hand hätte, welche Beweismittel er einem Strafverfahren zuführen wollte, gerade dann, wenn sich dieses maßgeblich auf Grundlage von Belastungen durch den Zeugen gegen einen Dritten richten sollte.

Diese problematische Konstellation stellt sich in ähnlicher bzw. vergleichbarer Weise letztlich auch bei der Sperrung von Beamten (z.B. Verdeckten Ermittlern, nicht offen ermittelnden Polizeibeamten) durch die vorgesetzten Behörden dar.

In diesem Fall besteht für die Exekutive im Grundsatz eine gleichartige Möglichkeit, Einfluss auf den Verlauf eines Strafverfahrens durch entsprechende Steuerung von Beweismitteln zu nehmen. Die Rechtsprechung hat daher in solchen Fallkonstellationen verschiedenste Anforderungen aufgestellt (z.B. audiovisuelle Vernehmung, Mindestanforderungen an den Inhalt der Sperrerklärung, Verwertungsverbote, etc.), um einen fairen, rechtsstaatlichen Verfahrensablauf sicherzustellen27.

Nachdem jedoch auch schon in der Vergangenheit (z.B. in Wirtschaftsstrafverfahren) die Beobachtung zu machen war, dass Unternehmen als Anzeigeerstatter – auch von mit „internal investigations“ betrauten Rechtsanwälten unterstützte – zuweilen nur sehr sukzessive bzw. mit offenbar wohldurchdachter Strategie die ihnen zur Verfügung stehenden Beweismittel im Verlauf eines Strafverfahrens vorlegen, lassen sich – gerade auch im Vergleich mit den durch Sperrerklärungen vor einer direkten Befragung „geschützten“ Beamten – die mit der gesetzlichen Neuregelung des § 160a StPO einhergehenden Problemkonstellationen, nämlich Steuerungsversuche von außen auf das Strafverfahren, durchaus absehen.

Das Strafverfahren ist nach dem grundgesetzlichen Gewaltenteilungsgrundsatz allerdings, anders als es der Gesetzgeber – z.B. in der Plenarsitzung vom 11.11.2010 – offenbar vorwiegend diskutiert hat, nicht als Verfahren ausgestaltet, in dem „der Staat“ dem Bürger gegenüber steht, sondern in dem die dritte Gewalt im Staat im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens die Aufklärung des wahren Sachverhalts zu betreiben und die daraus resultierende rechtliche Bewertung – durchaus auch gegen die Interessenlage der anderen staatlichen Gewalten – zu treffen hat.

Allen zuvor genannten Konstellationen gemein ist letztlich der Umstand, dass der Beschuldigte den nicht offen zutage tretenden Strategien anderer Verfahrensbeteiligter (Exekutive, Anzeigeerstatter, etc.) vor Gericht ausgesetzt sein kann, ohne sich gegen diese effektiv zur Wehr setzen oder gar ohne diese überhaupt erkennen zu können.

Ein vollkommen uneingeschränkter Schutz der von ihm an einen Rechtsanwalt übergebenen Dokumente kann daher einem Zeugen, wenn grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien des Strafverfahrens gewahrt bleiben sollen, nicht zugebilligt werden.

Das BVerfG führt demzufolge zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 160a StPO n.F. in seiner Entscheidung vom 12.10.2011 näher aus:

„Die Normierung eines absoluten Beweiserhebungs- und verwendungsverbotes in § 160a Abs. 1 StPO beschränkt die Strafverfolgung in erheblichem Maße, weil sie in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen Ermittlungsmaßnahmen von vornherein untersagt und jede Verwendung dennoch erlangter Erkenntnisse unterbindet. Derartige absolute Verbote können nur in engen Ausnahmefällen zum Tragen kommen, insbesondere wenn eine Ermittlungsmaßnahme mit einem Eingriff in den Schutzbereich der Menschenwürde verbunden wäre, die jeder Abwägung von vornherein unzugänglich ist. Nur in solchen Fällen ist es zulässig – und unter Umständen auch verfassungsrechtlich geboten , bereits eine Beweiserhebung generell zu untersagen und jede Verwendung gleichwohl erlangter Erkenntnisse auszuschließen28.

Auch die gesetzgeberische Entscheidung, den absoluten Schutz des § 160a Abs. 1 StPO auf Rechtsanwälte, auf nach § 206 BRAO in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommene Personen sowie auf Kammerrechtsbeistände auszudehnen, ist vor Art. 3 Abs. 1 GG noch zu rechtfertigen29.

Allein die Stellung der Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege und ihre Teilnahme an der Verwirklichung des Rechtsstaats heben sie noch nicht in einer Weise aus dem Kreis der lediglich von dem relativen Schutz des § 160a Abs. 2 StPO erfassten Berufsgeheimnisträger heraus, die einen Verzicht auf Ermittlungsmaßnahmen rechtfertigen könnte29.

Eine hinreichende Rechtfertigung kann jedoch in dem Umstand gesehen werden, dass eine Differenzierung zwischen Anwälten und Verteidigern aufgrund der Nähe der Tätigkeitsfelder faktisch kaum möglich ist29.“

In der Literatur kommentieren erste Stimmen diese Entscheidung teilweise dahingehend, dass für die Gesetzgebungspraxis mit dem Beschluss möglicherweise für eine gewisse Zeit ein Schlusspunkt gesetzt sei; Probleme bei der praktischen Anwendung der als verfassungsgemäß gebilligten Bestimmungen seien freilich nicht auszuschließen30.

Teilweise wird angemerkt, dass die Billigung der nunmehr durch den Gesetzgeber vorgenommenen Differenzierung nicht bedeute, dass die jetzige Grenzziehung die einzig mögliche wäre. Das BVerfG sehe zwar gute Gründe dafür, auch Rechtsanwälte in den absoluten Schutzbereich des § 160a Abs. 1 StPO einzubeziehen. Deren Einbeziehung sei daher „noch“ gerechtfertigt. Lese man an dieser Stelle jedoch weiter, werde man konstatieren müssen, dass der Bundesgerichtshof auch die zuvor geltende Regelung wohl kaum beanstandet hätte31.

Danach kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Neuregelung des § 160a StPO dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz von Berufsgeheimnisträgern in vollem Umfang genügt oder gar die gebotenen Mindestanforderungen deutlich bzw. erheblich übersteigt.

Eine über den Wortlaut und die gesetzgeberische Intention hinausgehende Auslegung, etwa dahingehend, dass durch die Neuregelung des § 160a StPO auch § 97 StPO eingeschränkt oder gar verdrängt werde, erscheint danach aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geboten.

Vielmehr erscheint es durchaus denkbar und jedenfalls bei Vorliegen evident mißbräuchlicher Gestaltungen angezeigt, die Regelung des § 160a Abs. 1 StPO n.F. anhand ihrer verfassungsrechtlich zu billigenden Zielsetzung,

  • nämlich: Schutz des potentiellen Verteidigungsmandates,
  • und nicht: Schutz eines Zeugen, der im Grundsatz keinerlei strafrechtliche Ermittlungen gegen sich selbst zu erwarten hat, vor lediglich unerwünschten Aufklärungsbemühungen der Strafverfolgungsbehörden,

dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass im Hinblick auf die rechtsstaatlich gebotene Sachverhaltsaufklärung eine Verlagerung von Beweismitteln in den Gewahrsamsbereich eines Rechtsanwaltes – insbesondere durch juristische Personen – nicht ohne jede Einschränkung möglich ist, wenn nicht der durch § 160a Abs. 1 StPO n.F. gewährte Schutz entfallen soll.

Insoweit kommt etwa in Betracht, dass im Falle der gezielten Verknüpfung bzw. Vermischung von Gesprächsinhalten, Dokumenten oder anderen Beweismitteln zum Zwecke der Einbringung in den grundsätzlich gemäß § 160a Abs. 1 StPO vor Ermittlungszugriffen geschützten Bereich dennoch Ermittlungsmaßnahmen in diesem Bereich als zulässig zu erachten wären, um mißbräuchlichen BeweismittelVerlagerungen Einhalt zu gebieten.

Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn zum Beispiel konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass – im Gewahrsamsbereich des Rechtsanwaltes – z.B. kernbereichsbezogene Kommunikationsinhalte, sog. Verteidigungsunterlagen etc. mit Inhalten verknüpft werden, die dem Ermittlungsziel unterfallen, um zielgerichtet die Überwachung bzw. Beschlagnahme der letztgenannten zu verhindern32.

Im vorliegenden Ermittlungsverfahren sind solche konkreten Anhaltspunkte für eine zielgerichtete Vermischung von Beweismitteln, die grundsätzlich einer Beschlagnahme unterfielen, mit geschützten mandatsbezogenen Inhalten zum Zwecke der Verhinderung einer Beschlagnahme33 jedoch nicht erkennbar.

Handhabung bzgl. einzelner Beweismittel:

Es kann danach in vorliegender Sache aber auch dahinstehen, ob § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO – vorrangig vor § 160a Abs. 1 StPO n.F. – auch auf das Verhältnis zwischen dem Nichtbeschuldigten und seinem Rechtsanwalt Anwendung findet; denn hinsichtlich der Unterlagen, auf welche die vorliegend angegriffene Beschlagnahmeanordnung abzielt, ergeben beide Regelungen, dass eine solche im Gewahrsamsbereich der Beschwerdeführer zu 1 nicht durchgeführt werden darf.

Bei dem Bericht der Rechtsanwälte X., der beschlagnahmt werden soll, handelt es sich zweifellos um ein mandatsbezogenes Dokument, das von den Rechtsanwälten zur Beratung ihrer Mandantschaft erstellt wurde.

Ein solcher Bericht unterfällt danach, soweit er sich im Gewahrsamsbereich dieser Rechtsanwälte befindet, der – grundsätzlich als spezieller zu wertenden – Regelung des § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO, aber auch – soweit man diese für einschlägig hielte – der Regelung des § 160a Abs. 1 StPO n.F.

Bei den für diesen Bericht erhobenen Unterlagen kann es sich durchaus um solche handeln, die – im üblichen Umfang – zur Information der Anwälte zusammengestellt und an diese (ggf. in Kopie) übergeben wurden; es würde sich in diesem Fall ebenfalls um Dokumente, die unzweifelhaft beiden zuvor genannten Regelungen unterfallen, handeln.

Anderweitige Informationen liegen insoweit nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis nicht vor, jedenfalls nicht solche, die eine mißbräuchliche Verlagerung von Dokumenten zu den Rechtsanwälten hin naheliegend erscheinen lassen können.

Zwar ist bei den offenbar von den Rechtsanwälten mit den Mitarbeitern des Unternehmens im Rahmen der „internal investigations“ geführten Befragungen („Interviews“) bzw. den darüber gefertigten Aufzeichnungen eine solche Vermischung durchaus denkbar bzw. zu erwarten.

Dabei stellen aber die jeweiligen Fragestellungen der Rechtsanwälte einen mandatsbezogenen Inhalt, der insbesondere Rückschlüsse auf deren Ermittlungsziele zulässt, dar und unterfallen daher dem Schutzbereich der beiden zuvor genannten Regelungen; die Antworten der nicht in einer Mandatsbeziehung zu den Fragenden stehenden Mitarbeiter unterfallen diesem Schutzbereich hingegen nicht. In diesem Fall erfolgt die Vermischung aber zwangsläufig im Rahmen eines FrageAntwortZusammenhanges.

Aufgrund dieser – notwendigerweise eintretenden – Vermischung zwischen geschützten Inhalten (Fragen) und nicht geschützten Inhalten (Antworten) begegnet auch die in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 15.10.2010 vorgenommene rechtliche Einordnung, wonach in solchen Konstellationen letztlich allein schon das fehlende Mandatsverhältnis der Mitarbeiter zu den Rechtsanwälten die Zulässigkeit einer Beschlagnahme der Interviewprotokolle zur Folge haben solle, nicht unerheblichen Bedenken. Da vorliegend keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die jeweiligen Fragestellungen von den Antworten zu trennen wären, muss sich der von § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO bzw. § 160a Abs. 1 StPO n.F. gewährte Schutz vor einer Beschlagnahme aus Sicht der Kammer auf die Gesamtheit dieser Dokumente – soweit im Gewahrsamsbereich der Rechtsanwälte – richten34.

Dabei ist allerdings ergänzend zu bemerken, dass die nunmehr fehlende Möglichkeit der Beschlagnahme solcher Interviewprotokolle im Gewahrsamsbereich des Rechtsanwaltes andere Ermittlungsmaßnahmen, z.B. auch die Befragung dieser Mitarbeiter als Zeugen, nicht hindert, so dass ein Verlust der beweisrelevanten Informationen insoweit nicht notwendigerweise zu erwarten ist.

Landgericht Mannheim, Beschluss vom 3. Juli 2012 – 24 Qs 1/12; 24 Qs 2/12

  1. Bundesrat Drucksache 229/10, 23.04.10; Bundestag Drucksache 17/2637, 22. 07.2010; Bundestag Drucksache 17/3693, 10. 11.2010; Bundestag Drucksache 17/3705, 10. 11.2010[]
  2. Bundesrat Drucksache 229/10, 23.04.10[]
  3. ((Protokoll Dt. Bundestag – 17. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11.11.2010, S. 7706, 7707[]
  4. Müller-Jacobsen, NJW 2011, 257[]
  5. vgl. aber – allerdings noch vor Inkrafttreten des § 160a Abs. 1 StPO n.F. : Siegrist, wistra 11/2010, S. 427 f.[]
  6. Bundesrat Drucksache 229/10, 23.04.10, S. 2[]
  7. Meyer-Goßner, 54. Aufl.2011, § 97, Rz. 30, m.w.N.[]
  8. OLG Frankfurt a.M., NStZ-RR 2005, 270, 271; OLG Karlsruhe, B. v. 02.04.2012 – 3 Ws 66/12 ; Meyer-Goßner, aaO, Rz. 30, 36[]
  9. BVerfG, 27.10.2003, 2 BvR 2211/00, Rz. 9; BGH, NJW 1998, 19631965; KK-Nack, 6. Aufl.2008, § 97, Rz. 1; Meyer-Goßner, aaO, § 97, Rz. 10; zum Streitstand: Jahn/Kirsch, StV 2011, 148, 153 m.w.N.[]
  10. vgl. Jahn/Kirsch, aaO; Bauer, StV 2012, 277, 278[]
  11. Meyer-Goßner, aaO, § 103, Rz. 7[]
  12. BVerfGE 38, 105, 111 = BVerfG, 08.10.1974, 2 BvR 747/73, NJW 1975, 103105; BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, Rz. 70, = BVerfGE 122, 248303, = NJW 2009, 14691481[]
  13. BVerfGE 20 ,323, 331; BVerfGE 80, 244, 255; 95, 96, 140[]
  14. BVerfGE 57, 250, 275, = NJW 1981, 17191726, = B. v. 26.05.1981, 2 BvR 215/81; BVerfGE 118, 212, 231; BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, Orientierungssatz, Ziff. 2 a. u. b., Rz. 66, = BVerfGE 122, 248303, = NJW 2009, 14691481[]
  15. BVerfGE 57, 250, 274 f.[]
  16. BVerfGE 38, 105, 111[]
  17. BVerfGE 57, 250, 274; 109, 13, 34; BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, aaO, Rz. 69[]
  18. BVerfGE 57, 250, 276; 64, 135, 145 f.; BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, aaO, Rz. 71[]
  19. BVerfGE 47, 239, 250; 80, 367, 375[]
  20. BVerfGE 7, 89, 92; 74, 129, 152[]
  21. BVerfGE 33, 367, 383; 46, 214, 222; BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, aaO, Rz. 72[]
  22. BVerfGE 57, 250, 276; BVerfG, 08.10.1985, 2 BvR 1150/80, 2 BvR 1504/82, BVerfGE 70, 297323, = NJW 1986, 7677-71[]
  23. LG Hamburg 15.10.201 – 608 Qs 18/10 , NJW 2011, 942945, = StV 2011, 148151[]
  24. vgl. Schuster, NZWiSt 2012, 2830; Jahn/Kirsch, StV 2011, 148[]
  25. Schuster, aaO; v. Galen, NJW 2011, 942, 945; a.A.: Jahn/Kirsch, StV 2011, 148, 154; Bauer, StV 2012, 277[]
  26. vgl. aber: Zimmer, BB 2011, 1075, der fordert, dass den mit unternehmensinternen Ermittlungen beauftragten Anwälten die gleiche Stellung wie Strafverteidigern zukommen müsste, da es sich bei den Auftraggebern um potentielle Nebenbeteiligte handele.[]
  27. vgl. BGH, NStZ 2005, 43; BGH, JuS 2010, 832 m.w.N.[]
  28. BVerfG, 2 BvR 23608, 2 BvR 23708, 2 BvR 42208[]
  29. BVerfG, aaO[][][]
  30. Sachs, JuS 2012, 374, 376[]
  31. Rütters, jurisPR StrafR, 04/2012, Anm. 2[]
  32. vgl. bzgl. elektronischer Kommunikation: BVerfG, NJW 2008, 822, 834, Rz. 281, = BVerfGE 120, 274; BeckOK – Patzak, Stand: 01.02.2012, § 160a StPO, Rz. 5a; Meyer-Goßner, aaO, § 160a, Rz. 3a[]
  33. insoweit denkbar z.B.: Abtrennung ganzer Teile des betrieblichen Areals mit dort gelagerten Dokumenten und Verlagerung – z.B. durch Untermietverhältnisse – in den Gewahrsamsbereich des Rechtsanwaltes; Übergabe sehr großer, den üblichen Umfang weit übersteigender Mengen an Originaldokumenten – ohne Zurückbehalt von Kopien – an den Rechtsanwalt; etc.[]
  34. a.A.: Bauer, StV 2012, 277, 278, der das Tätigkeitsfeld der „internal investigations“ schon deswegen nicht für schutzwürdig hält, weil es strukturell auf Interessenkonflikt, wenn nicht gar Parteiverrat, angelegt sei[]
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Erpressung - und der Vermögensnachteil