Stellt ein Beamter, dem insoweit zumindest die Möglichkeit der Einflussnahme zu Gebote steht, die Förderung der Karriere einer Bediensteten bei Stellenbesetzungen gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht, so erfüllt dies den Tatbestand der Bestechlichkeit auch dann, wenn die konkrete Art der Förderung im Unbestimmten bleibt.

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof in dem Fall eines Polizeibeamten, der von Dezember 2001 bis Juli 2016 Leiter einer Polizeiinspektion war. Als solcher war er Bindeglied zur personalführenden Polizeidirektion. Diese war für die Einstellung von Beamten und Tarifangestellten in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen ausschließlich zuständig. Der Polizeibeamte konnte allerdings bei Stellenbesetzungen innerhalb der Dienststelle personelle Anliegen und Vorschläge äußern. Hiervon machte er in mehreren Fällen auch Gebrauch. Betraf die ausgeschriebene Stelle einen „höherwertigen“ Dienstposten oder Arbeitsplatz, oblag ihm ebenfalls die anlassbezogene Zweitbeurteilung der Beschäftigten seiner Dienststelle. Umsetzungen innerhalb der Dienststelle nahm er in eigener Zuständigkeit vor, wie auch die Besetzung befristeter Stellen für Tarifangestellte.
Am 16.10.2012 hatte die LKA-Mitarbeiterin M. einen Gesprächstermin bei ihm, um mit ihm einen Fragenkatalog zum Leitbild der Polizeiinspektion durchzugehen. Sie war Tarifangestellte beim Landeskriminalamt nd nahm dort an einem internen „Mentoringprogramm“ teil, „dessen politisches Ziel es war, berufliche Karrieren für Frauen zu ermöglichen und insbesondere Frauen in Führungspositionen zu bringen.“ Im Rahmen dessen war ihr die Sonderaufgabe zur Erstellung eines Vergleichs zwischen bestehenden Leitbildern der Polizeidienststellen in Niedersachsen übertragen worden, weshalb sie auch den hier angeklagten Dienststellenleiter befragte.
Im Anschluss an das Interview machte der Dienststellenleiter der LKA-Mitarbeiterin Komplimente und äußerte, sie sei ihm schon positiv aufgefallen. Um die berufliche Qualifikationsmaßnahme der LKA-Mitarbeiterin wissend fragte er, ob sie Interesse daran hätte, an die Polizeiinspektion W. zu wechseln, er habe eine Stelle im Auge, auf der er sich die LKA-Mitarbeiterin gut vorstellen könne. Ihre Nachfrage zur Art der Stelle überging er. Stattdessen sagte er, man könne bei der Polizeiinspektion W. Karriere machen. Im unmittelbaren Anschluss hieran fragte er, ob die LKA-Mitarbeiterin sich „hochschlafen“ oder „nach oben schlafen“ würde, was er auf ihre überraschte Reaktion dahingehend konkretisierte, ob sie sich „dafür“ hoch- bzw. nach oben schlafen würde. Dem Angeklagten war bewusst, mit seiner Frage die berufliche Förderung der LKA-Mitarbeiterin mit ihrer von ihm intendierten Veranlassung zu sexuellen Gefälligkeiten zu verknüpfen. Die LKA-Mitarbeiterin wies das Ansinnen des Dienststellenleiters zurück.
Der Bundesgerichtshof wertete die durch den Dienststellenleiter zum Gegenstand der Unrechtsvereinbarung erhobene Einflussnahme auf das berufliche Fortkommen der LKA-Mitarbeiterin als pflichtwidrige Diensthandlung und nicht lediglich als Dienstausübung gewertet.
Eine Diensthandlung liegt nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls vor, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird1. Dabei begeht eine pflichtwidrige Diensthandlung nicht nur derjenige, der eine Handlung vornimmt, die in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch, wer seine amtliche Stellung dazu missbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht2. Im Falle eines Ermessensspielraums liegt eine pflichtwidrige Diensthandlung weiterhin vor, wenn der Amtsträger sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt, was auch dann gilt, wenn er aufgrund seiner Kompetenz, derentwegen er in die Entscheidungsfindung einbezogen wird, über eine jedenfalls praktische Einflussnahmemöglichkeit verfügt3.
Danach lag eine pflichtwidrige Diensthandlung vor.
Soweit das Landgericht allerdings eine Ermessensentscheidung bei der Erstellung von Beurteilungen der Beschäftigten erwogen hat, trägt dies nicht die Annahme einer pflichtwidrigen Diensthandlung. Der Dienststellenleiter war nach den Feststellungen lediglich für die Fertigung von Beurteilungsbeiträgen von Beschäftigten der von ihm geleiteten Dienststelle zuständig, nicht also für die beim Landeskriminalamt angestellte Mitarbeiterin.
Das Landgericht Braunschweig4 hat allerdings in der Vorinstanz die Vergabe eines Dienstpostens im Zusammenhang mit einer Förderung des beruflichen Fortkommens der LKA-Mitarbeiterin als Gegenstand der Unrechtsvereinbarung festgestellt. Damit ist eine Ermessensentscheidung gegeben. Der Annahme einer Diensthandlung steht dabei nicht entgegen, dass die zu besetzende Stelle und damit mittelbar die konkret durch den Dienststellenleiter vorzunehmende Diensthandlung im Unklaren blieben. Denn der Dienststellenleiter hat sich im Hinblick auf die Karriereförderung der LKA-Mitarbeiterin grundsätzlich als „käuflich“ erwiesen. Dies erfüllt die Voraussetzungen an die Bestimmtheit der zu entgeltenden Diensthandlung, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofs nicht überspannt werden dürfen5.
Die der Äußerung des Dienststellenleiters innewohnende günstige Mitwirkung bei künftigen Stellenbesetzungen innerhalb der von ihm geleiteten Dienststelle zeichnet die Richtung eindeutig vor, in die der Dienststellenleiter für die Gewährung von Geschlechtsverkehr tätig werden wollte6. In Betracht kommt vor dem Hintergrund des von ihm erkannten Wunsches der LKA-Mitarbeiterin nach beruflichem Fortkommen hierbei lediglich die Geltendmachung seines praktischen Einflusses gegenüber der personalführenden Polizeidirektion B. künftigen W. Besetzung von Stellen innerhalb der bei der Polizeiinspektion oder die seinem Zuständigkeitsbereich unterfallende Tarifbeschäftigung der LKA-Mitarbeiterin ebendort. Dass ihm in letzterem Falle nur eine befristete Anstellung der LKA-Mitarbeiterin möglich gewesen wäre, ist entgegen der Auffassung der Revision unerheblich. Zwar hätte mit einer solchen Stelle nicht unmittelbar ein beruflicher Aufstieg der LKA-Mitarbeiterin verbunden sein müssen. Es hätte sich aber auch hierbei um eine Stellenbesetzung gehandelt, bei der sich der Dienststellenleiter durch sexuelle Zuwendungen und damit sachwidrige Gesichtspunkte hätte beeinflussen lassen7.
Damit handelte es sich nicht lediglich um eine – für § 332 StGB nicht ausreichende – Zuwendung für die allgemeine Geneigtheit des Dienststellenleiters oder die unbestimmte Zusage, er werde seinen Einfluss geltend machen8. Mit der in Aussicht gestellten Einflussnahme bei Stellenbesetzungen in seiner Funktion als Dienststellenleiter war die Diensthandlung in ihrem sachlichen Gehalt erkennbar und festgelegt9, lediglich die zukünftig zu besetzende Stelle war noch ungewiss.
Anders als die Revision meint, wird die Pflichtwidrigkeit dieser Diensthandlung nicht dadurch in Frage gestellt, dass es im „freien Belieben“ des Dienststellenleiters gestanden haben könnte, ob er tätig werden wolle. Allerdings hat der Bundesgerichtshof das Merkmal für den Fall als nicht erfüllt angesehen, dass der Amtsträger die in seinem Belieben stehende Übernahme von außerhalb seines Zuständigkeitsbereich liegenden Aufgaben käuflich macht, die Vornahme der Amtshandlung selbst aber sachlich richtig und für sich genommen nicht pflichtwidrig ist10. Unter solchen Vorzeichen liegt das Unrecht des Verhaltens des Amtsträgers, sofern er sich bei der Aufnahme der Tätigkeit von außerdienstlichen Erwägungen leiten lässt, allein in seiner Käuflichkeit und begründet nur eine Strafbarkeit nach § 331 StGB11.
So lag es hier jedoch nicht. Die Aufnahme der Amtshandlung stand schon nicht im freien Belieben des Dienststellenleiters. Vielmehr waren Personalentscheidungen betroffen, die in seinen originären Aufgabenbereich fielen bzw. auf die er eine praktische Einflussmöglichkeit hatte. Hierbei war er an Gesetz und Recht gebunden12. Bereits die Initiierung einer Stellenbesetzung „nach Belieben“ des zuständigen oder seine praktischen Einflussnahmemöglichkeiten ausübenden Amtsträgers widerspricht dem in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Prinzip der Bestenauslese13 und beeinträchtigt bei Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung die durch § 332 StGB geschützte Lauterkeit seiner Amtsführung. Die Pflichtwidrigkeit der in Aussicht gestellten Diensthandlung liegt dabei aufgrund der Verknüpfung mit einer sexuellen Gunstgewährung auf der Hand.
Soweit sich der Dienststellenleiter bereit gezeigt hat, sich bei Ausübung seines Ermessens durch die Gewährung des Geschlechtsverkehrs beeinflussen zu lassen, stellt dies einen Vorteil für diese Diensthandlung dar.
Unter Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert14.
Durch den Bundesgerichtshof ist noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen immaterielle Zuwendungen dem Vorteilsbegriff der Bestechungsdelikte unterfallen15. Jedoch entspricht es ständiger Rechtsprechung schon des Reichsgerichts16 und dies fortführend des Bundesgerichtshofs17, dass die Gewährung von Geschlechtsverkehr einen Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte darstellt. Die vom Dienststellenleiter geforderte Gewährung von Geschlechtsverkehr unterfällt damit als dessen Lage verbessernde Leistung18 dem Vorteilsbegriff der §§ 331 ff. StGB.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. April 2020 – 6 StR 52/20
- vgl. BGH, Urteile vom 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598; vom 22.03.2018 – 5 StR 566/17, BGHSt 63, 107, 110[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 28.10.1986 – 5 StR 244/86, NStZ 1987, 326, 327; vom 22.06.2000 – 5 StR 268/99, aaO S. 598 f.; vom 14.02.2007 – 5 StR 323/06, NStZ-RR 2008, 13, 14; Beschluss vom 03.04.2019 – 5 StR 20/19[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138/01, BGHSt 47, 260, 263; Beschluss vom 03.04.2019 – 5 StR 20/19[↩]
- LG Braunschweig, Urteil vom 18.09.2019 – 407 Js 44022/18 2b KLs (41/18) 5 AR-KA 4/20[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 19.11.1992 – 4 StR 456/92, BGHSt 39, 45, 46 f.; vom 09.11.1995 – 4 StR 411/95, NStZ 1996, 278, 279; Beschluss vom 26.10.1999 – 4 StR 393/99, NStZ 2000, 319[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 01.11.1988 – 5 StR 259/88, BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 2; vom 18.09.1990 – 5 StR 250/90, BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 4[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 23.10.2002 – 1 StR 541/01, BGHSt 48, 44, 46[↩]
- vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26.10.1999 – 4 StR 393/99, aaO 320[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.11.1992 – 4 StR 456/92, aaO 46 f.; Urteil vom 28.10.2004 – 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214, 215[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.09.1952 – 4 StR 885/51, BGHSt 3, 143, 146 f.[↩]
- vgl. BGH, aaO[↩]
- vgl. MünchKomm-StGB/Korte, 3. Aufl., § 332 Rn. 27; Schönke/Schröder/Heine/Eisele, 30. Aufl., § 332 Rn. 12[↩]
- vgl. BVerfG, NVwZ 2011, 746, 747, sowie zum Leistungsgrundsatz BVerfGE 56, 146, 163[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 10.03.1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 279; vom 18.09.1990 – 5 StR 250/90, aaO; vom 23.05.2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 304[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 03.12.1987 – 4 StR 554/87, BGHSt 35, 128, 134; vom 23.05.2002 – 1 StR 372/01, aaO S. 304 f.; vom 23.10.2002 – 1 StR 541/01, NJW 2003, 763, 764 [insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 48, 44]; zur Abgrenzung immaterieller und materieller Vorteile s. auch König, Strafbarer Organhandel, 1999, S. 166 f. mwN[↩]
- vgl. RGSt 9, 166; 64, 291[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 21.07.1959 – 5 StR 188/59; vom 09.09.1988 – 2 StR 352/88, BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Vorteil 3; vom 29.03.1994 – 1 StR 12/94, BGHR StGB § 331 Vorteil 1; vgl. zur Eigennutz begründenden sexuellen Gunstgewährung bei § 29 BtMG auch BGH, Urteile vom 31.07.1979 – 1 StR 324/79; vom 12.09.1996 – 4 StR 173/96, NStZ 1997, 89, 90[↩]
- vgl. BT-Drs. 7/550, S. 271[↩]
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