Betrug – und der Irrtum des Verfügenden

Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter im Urteil mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist1.

Betrug – und der Irrtum des Verfügenden

Das Vorliegen eines Irrtums ist Tatfrage. Ob ein betrugsrelevanter Irrtum gegeben ist, ist daher vom Tatrichter unter Ausschöpfung aller Beweismittel festzustellen2.

Regelmäßig ist es deshalb erforderlich, die irrende Person zu ermitteln und in der Hauptverhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen.

Ausnahmsweise kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen. Belegen deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums in den sie betreffenden Fällen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden3.

Ist die Beweisaufnahme auf eine Vielzahl Geschädigter zu erstrecken, besteht zudem die Möglichkeit, bereits im Ermittlungsverfahren durch Fragebögen zu ermitteln, aus welchen Gründen die Leistenden die ihr Vermögen schädigende Verfügung vorgenommen haben und das Ergebnis dieser Erhebung in die Hauptverhandlung einzuführen4.

Auch aus Indizien kann auf das Vorliegen eines Irrtums geschlossen werden5.

Allerdings ist nicht ausreichend, dass die Strafkammer ihre Überzeugung lediglich auf Plausibilitätserwägungen stützt. Die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums und einer dadurch kausal hervorgerufenen Vermögensverfügung versteht sich – mag sie auch naheliegen – in der vorliegenden Konstellation aber dennoch nicht von selbst. Zwar spricht für einen Irrtum, dass die Forderung eine Höhe hatte, bei der ein durchschnittlicher Rechnungsempfänger Überlegungen zum Hintergrund der Forderung anstellen wird. Andererseits ist aber ebenso denkbar, dass zahlreiche Rechnungsempfänger nur deshalb gezahlt haben, „um ihre Ruhe zu haben“, oder weil sie eingehende Rechnungen stets ohne weitere Überlegung begleichen6.

Weiterlesen:
Mitteilungspflicht über Verständigungsgespräche außerhalb der Hauptverhandlung - und die Revisionsbegründung

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Februar 2017 – 2 StR 573/15

  1. vgl. BGH, Urteile vom 05.12 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.; vom 22.11.2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 22.05.2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 26.10.1993 – 4 StR 347/93, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 17.06.2014 – 2 StR 658/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 21[]
  4. BGH, Beschluss vom 06.02.2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423 f.[]
  5. BGH, Urteil vom 22.11.2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, 13[]