Computerbetrug

Der Tatbestand des Computerbetruges (§ 263a StGB) orientiert sich konzeptionell am Tatbestand des Betruges, wobei an die Stelle der Täuschung die Tathandlungen des § 263a Abs. 1 StGB treten und mit der Irrtumserregung und dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung die Beeinflussung des Ergebnisses eines – vermögenserheblichen – Datenverarbeitungsvorgangs korrespondiert.

Computerbetrug

Aufgrund dieser Struktur- und Wertgleichheit der Tatbestände des Betruges und des Computerbetruges erfasst § 263a Abs. 1 StGB in Einschränkung seines Wortlauts nur solche Handlungen, die, würden nicht lediglich maschinell gesteuerte Geschehensabläufe ausgelöst, als Betrug durch täuschungsbedingte Veranlassung der Vermögensverfügung eines – vom Täter zu unterscheidenden – anderen zu bewerten wären1.

Das Ergebnis des Datenverarbeitungsvorgangs ist beeinflusst, wenn es von dem Ergebnis abweicht, das bei einem ordnungsgemäßen Programmablauf bzw. ohne die Tathandlung erzielt worden wäre2.

Zu einer Beeinflussung erfolgte „durch unrichtige Gestaltung des Programms“ (§ 263a Abs. 1 Alt. 1 StGB) rechnen die sog. Programmmanipulationen3, durch die auf die Arbeitsanweisungen für die Datenverarbeitung – also auf das Programm – eingewirkt wird4. Eine solche Manipulation durch „Gestaltung des Programms“ umfasst sowohl das Neuschreiben ganzer Programme oder Programmteile als auch das Hinzufügen, das Verändern und das Löschen einzelner Programmablaufschritte, die Herstellung von Verzweigungen, welche Systemkontrollen umgehen, die Änderung von Bedingungen der Plausibilitätsprüfung und den Einbau sonstiger falscher Funktionen5. Zur „Gestaltung des Programms“ kann sich der Täter mithin auch selbsttätig wirkender Programme bedienen oder Programmmanipulationen vornehmen, die nicht die dem Programm immanenten Programmablaufschritte ändern, sondern die vorhandenen durch nicht vorgesehene überlagern6.

Weiterlesen:
Menschenunwürdige Haftbedingungen - und die Prozesskostenhilfe für die Amtshaftungsklage

Damit die Gestaltung des Programms durch die Manipulationen jeweils auch „unrichtig“ ist, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob dies objektiv7 oder subjektiv, also nach dem Willen des Verfügungsberechtigten bzw. des Systembetreibers, zu bestimmen ist8.

Der Vermögensschaden muss grundsätzlich zwar unmittelbar durch das Ergebnis des Datenverarbeitungsvorgangs herbeigeführt worden sein9, also ohne weitere Handlung des Täters, Opfers oder eines Dritten durch den Datenverarbeitungsvorgang selbst eintreten10. Dabei kann allerdings in Fällen, in denen noch weitere Verfügungen vorgenommen werden, das Merkmal der Unmittelbarkeit der Vermögensminderung gleichwohl zu bejahen sein, wenn das Ergebnis des von dem Täter manipulierten Datenverarbeitungsvorgangs ohne eigene Entscheidungsbefugnis und ohne inhaltliche Kontrolle von einer Person lediglich umgesetzt wird11.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. August 2016 – 4 StR 153/16

  1. zum Ganzen, BGH, Beschluss vom 23.07.2013 – 3 StR 96/13, BGHR StGB § 263a Anwendungsbereich 4 12 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19.11.2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 73 17; kritisch hierzu etwa Achenbach in Festschrift Gössel, 2002, S. 481[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 12.11.2015 – 2 StR 197/15, NStZ 2016, 338, 339 18; Tiedemann in: Laufhütte u.a., StGB, Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 263a Rn. 26, 68; SSW-StGB/Hilgendorf, 2. Aufl., § 263a Rn. 28; Lenckner/Winkelbauer, CR 1986, 654, 659; Popp, JuS 2011, 385, 391; Kraatz, Jura 2010, 36, 38 mwN[]
  3. BT-Drs. 10/318 S. 18[]
  4. BT-Drs. 10/318 S.20[]
  5. vgl. Tiedemann aaO § 263a Rn. 28; SSW-StGB/Hilgendorf aaO § 263a Rn. 5; ähnlich Kraatz, Jura 2010, 36, 39 mwN; zur Abgrenzung zur letzten Tatbegehungsmodalität des § 263a Abs. 1 StGB: BT-Drs. 10/5058 S. 30 (Rechtsausschuss); zur Gesetzesgeschichte auch Achenbach in Festschrift Gössel, 2002, S. 481, 485[]
  6. Tiedemann aaO § 263a Rn. 28 mwN[]
  7. so für „unrichtige“ Daten etwa BGH, Beschluss vom 22.01.2013 – 1 StR 416/12 aaO 26; vgl. auch SSW-StGB/Hilgendorf aaO § 263a Rn. 5[]
  8. für Letzteres: BT-Drs. 10/318 S.20; Lenckner/Winkelbauer, CR 1986, 654, 656; vgl. zum Streitstand etwa Tiedemann aaO § 263a Rn. 29 ff. mwN; zur betrugsspezifischen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „unbefugt“: BGH, Beschlüsse vom 22.01.2013 – 1 StR 416/12 aaO 27; vom 20.12 2012 – 4 StR 580/11, BGHR StGB § 263a Anwendungsbereich 3 59; vom 16.07.2015 – 2 StR 15/15, JR 2016, 342, 343 9, 11 und 16/15, NStZ 2016, 149, 150 f. 10, 12[]
  9. BT-Drs. 10/318 S.19; SSW-StGB/Hilgendorf aaO § 263a Rn. 31; Tiedemann aaO § 263a Rn. 65 mwN[]
  10. BGH, Beschlüsse vom 12.11.2015 – 2 StR 197/15 aaO 18; vom 28.05.2013 – 3 StR 80/13, BGHR StGB § 263a Vermögensschaden 1 8, jeweils mwN[]
  11. BGH, Beschlüsse vom 28.05.2013 – 3 StR 80/13 aaO 9; vom 19.11.2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 74 f.20; vgl. auch SSW-StGB/Hilgendorf aaO § 263a Rn. 31[]
Weiterlesen:
Pseudoephedrin - als Grundstoff für Methamphetamin