Das „schlanke“ Geständnis – und seine Bewertung

Die Bewertung eines Geständnisses unterfällt dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO.

Das „schlanke“ Geständnis – und seine Bewertung

Das Tatgericht muss allerdings, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein.

Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das Geständnis den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat erfüllt, ob es in sich stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt1.

Dabei sind, wenn sich der Angeklagte – wie hier – auf der Grundlage einer Absprache geständig eingelassen hat, an die Überprüfung dieser Einlassung und deren Darlegung im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen Geständnis2.

In jedem Fall müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht3.

Auch wenn sich ein „schlankes Geständnis“ in der Bestätigung des konkreten Anklagesatzes erschöpft, hat es jedoch schon einen als glaubhaft bewertbaren inhaltlichen Gehalt, da es mit der Bezugnahme auf die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat, wie sie im Anklagesatz im Einzelnen beschrieben sind, sämtliche den späteren Schuldspruch tragenden Sachverhaltselemente erfasst.

Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen denkbar einfach gelagerten Fall handelt, so dass kein Zweifel bestehen konnte, dass der Angeklagte an das erst kurze Zeit zurückliegende Tatgeschehen eine auch in den wesentlichen tatbestandsausfüllenden Einzelheiten genügende Erinnerung hatte4.

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Zudem hat das Landgericht im hier entschiedenen Fall in der Hauptverhandlung durch die Vernehmung des polizeilichen Ermittlungsführers die Richtigkeit der geständigen Einlassung überprüft und diese hinsichtlich der für den Tatnachweis hier maßgeblichen Sicherstellungsbefunde zu den vom Angeklagten mitgeführten bzw. von ihm gemeinsam mit einem Mittäter auf Vorrat gelagerten Betäubungsmitteln und seiner Bewaffnung auch durch die verlesenen Durchsuchungsprotokolle und kriminaltechnischen Gutachten bestätigt gefunden. Dass der Angeklagte mit den sichergestellten Betäubungsmitteln gewinnbringend Handel zu treiben beabsichtigte, hat sich ungeachtet des Indizwertes der von dem polizeilichen Ermittlungsführer berichteten früheren Observations- und TKÜ-Erkenntnisse schon wegen der aufgefundenen großen Mengen ohnehin von selbst verstanden.

Soweit der Beschwerdeführer meint, eine ergänzende Beweisaufnahme zur Überprüfung eines Geständnisses durch Vernehmung eines Ermittlungsführers sei „belanglos“, geht dies fehl. Das Gesetz schreibt nicht vor, unter welchen Voraussetzungen das Tatgericht eine Überzeugung gewinnen darf. Es kann sich für seine Überzeugungsbildung zur Richtigkeit auch eines verständigungsbasierten Geständnisses aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) daher sämtlicher Beweismittel bedienen5.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. September 2016 – 5 StR 338/16

  1. st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 11.12 2008 – 3 StR 21/08, NStZ 2009, 467 mwN; vom 06.08.2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703 f.; vom 05.11.2013 – 2 StR 265/13, aaO; und vom 15.01.2014 – 1 StR 302/13, StraFo 2014, 335, 336[]
  2. BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 209 Rn. 71; BGH, Urteil vom 22.05.2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133; Beschluss vom 25.06.2013 – 1 StR 163/13, NStZ 2013, 727; siehe auch Landau, NStZ 2014, 425, 430; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 257c Rn. 17 f. mwN; aA Schneider, NStZ 2014, 192, 193 f.[]
  3. st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 24.11.1992 – 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11; und vom 22.05.2014 – 4 StR 430/13, aaO; BGH, Beschlüsse vom 22.09.2011 – 2 StR 383/11, NStZ-RR 2012, 52 mwN; vom 31.01.2012 – 3 StR 285/11, StV 2012, 653; vom 25.09.2012 – 5 StR 372/12, NStZ-RR 2012, 381; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 261 Rn. 2a; zu den Darstellungsanforderungen an die Urteilsgründe nach einer Verständigung siehe auch BGH, Beschluss vom 15.09.2015 – 3 StR 229/15[]
  4. vgl. demgegenüber für Sachverhalte von hoher Komplexität und mit zahlreichen Details BGH, Urteil vom 22.05.2014 – 4 StR 430/13, aaO; Beschlüsse vom 05.12 1995 – 4 StR 698/95, StV 1996, 214, 215; vom 07.02.2012 – 3 StR 335/11, NStZ-RR 2012, 256 f.; vom 15.04.2013 – 3 StR 35/13, aaO; und vom 03.03.2016 – 2 StR 360/15, wistra 2016, 277[]
  5. vgl. etwa zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines zur Geständnisprüfung möglichen Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO oder einer „Beweiserhebung“ durch Vorhalte BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., aaO[]
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