Sind sowohl der nicht ausreichend sprachkundige Betroffene als auch der Verteidiger bei Verkündung des Urteils anwesend, so ist nach § 187 Abs. 2 Sätze 4 und 5 GVG die schriftliche Übersetzung des nicht rechtskräftigen Urteils entbehrlich, und die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist beginnt mit Zustellung des schriftlichen Urteils an den Verteidiger zu laufen.

Soweit vertreten wird, ie Rechtsbeschwerdebegründungsfrist habe noch nicht zu laufen begonnen, weil der Betroffenen entgegen § 187 Abs. 2 Satz 1 GVG noch nicht das schriftliche Urteil in polnischer Übersetzung zugestellt worden sei [1], ist ihr nicht zu folgen. Denn anders als in dem vom Oberlandesgericht München zu beurteilenden Fall, waren hier sowohl der Geschäftsführer der Betroffenen als auch ihr Verteidiger bei Verkündung des Urteils anwesend, und das schriftliche Urteil ist dem Verteidiger zugestellt worden.
In einem solchen Fall greift die Regelung des § 187 Abs. 2 Sätze 4 und 5 GVG, die eine schriftliche Übersetzung des nicht rechtskräftigen Urteils entbehrlich macht [2]. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll damit – der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend – „die Verpflichtung zur schriftlichen Urteilsübersetzung in der Regel dann nicht greifen, wenn eine effektive Verteidigung des nicht ausreichend sprachkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet wird, ‚dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt‘ [3].
Es soll in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommen, ob ein Fall der notwendigen Verteidigung im Sinne des § 140 StPO vorliegt oder ob der Angeklagte auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 140 StPO einen Wahlverteidiger beauftragt hat. Entscheidend soll allein das bestehende Mandatsverhältnis zu einem Verteidiger in dem betreffenden Strafverfahren sein“ [4]. „Die Beratung mit dem Verteidiger ermöglicht damit auch dem der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtigen Beschuldigten die Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte und gewährleistet ein faires Verfahren.
Der Anspruch des Beschuldigten auf umfassende Verdolmetschung umfasst auch die Gespräche mit seinem Verteidiger etwa zur Vorbereitung der Begründung eines Rechtsmittels – also in einem Zeitpunkt, in dem die schriftliche Urteilsbegründung im Sinne des § 275 StPO bereits vorliegt. Der Dolmetscher steht mithin zur Verfügung, um dem Beschuldigten im Rahmen dieses Gespräches das Urteil mündlich ganz oder teilweise zu übersetzen“ [5].
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 22. Juli 2015 – 1 Ss (OWi) 118/15