Das Tatgericht hat in Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, grundsätzlich dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Ergebnisse nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind1.

Nur wenn dem Gutachten ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrundeliegt, wie dies etwa bei daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung des Wirkstoffgehalts von Betäubungsmitteln der Fall ist, genügt das Mitteilen des erzielten Ergebnisses2.
Diesen Darlegungsanforderungen wurde im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Beweiswürdigung des erstinstanzlich tätigen Landgerichts nicht gerecht. Es hat lediglich das Ergebnis des rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens mitgeteilt, wonach der Angeklagte bei Begehung der Taten „wahrscheinlich über 25, 03 Jahre gewesen sei“. Weder die Anknüpfungstatsachen hierfür noch die angewandte wissenschaftliche Methode (denkbar etwa eine körperliche Untersuchung, Röntgenaufnahme des Gebisses oder der linken Hand sowie Untersuchung der Schlüsselbeine) werden dargestellt. Vielmehr wird eine zusätzliche Unklarheit dadurch geschaffen, dass „statistisch“ zum Untersuchungszeitpunkt am 15.04.2019 „ein Alter von 21, 6 Jahren“ nicht auszuschließen sei. Ist aber der Heranwachsendenstatus eines Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat nicht sicher auszuschließen, so ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon auszugehen, dass er bei Begehung der Tat noch Heranwachsender war3.
Die Sache bedurfte daher im Rechtsfolgenausspruch der neuen Verhandlung und Entscheidung.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 2. April 2020 – 1 StR 28/20
- st. Rspr.; BGH, Urteil vom 23.01.2020 – 3 StR 433/19 Rn.20; Beschlüsse vom 19.12.2019 – 4 StR 496/19 Rn. 4; vom 22.05.2019 – 1 StR 79/19 Rn. 5; und vom 24.01.2019 – 1 StR 564/18 Rn. 7[↩]
- BGH aaO[↩]
- BGH, Urteile vom 23.05.2002 – 3 StR 58/02 Rn. 8, BGHSt 47, 311, 313; und vom 23.02.1954 – 1 StR 723/53, BGHSt 5, 366, 370[↩]
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