Aus einem Formfehler bei der Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an einen von mehreren Verteidigern ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund.

Es gibt nur ein Rechtsmittel des Angeklagten, dessen Revisionsbegründungsfrist im vorliegenden Fall bereits mit der ersten Urteilszustellung beginnt. Durch eine erst nach Fristablauf angeordnete und bewirkte Urteilszustellung an den zweiten Verteidiger wird die dann bereits abgelaufene Revisionsbegründungsfrist nicht wieder neu eröffnet, denn für erst nach Fristablauf bewirkte Doppelzustellungen gilt § 37 Abs. 2 StPO nicht1. Auf die Zustellungen an den zweiten Verteidiger kommt es daher nicht an.
Ein anwaltliches Verschulden bei der Versäumung der Frist hat sich der Angeklagte nicht zurechnen zu lassen. Jedoch ergab sich in dem hier entschiedenen Fall aus dem Vorbringen kein Sachverhalt, bei dessen Vorliegen der Angeklagte ohne eigenes Verschulden an der Wahrnehmung der Frist gehindert war. Er kannte aufgrund der Rechtsmittelbelehrungen die Revisionsbegründungsfrist. Welche Abreden er mit seinem ersten Verteidiger, Rechtsanwalt B., zur Durchführung des Revisionsverfahrens getroffen hat, der ebenfalls für ihn Revision eingelegt hat, ist nicht dargetan. Auch die Gespräche mit seinem zweiten Verteidiger, Rechtsanwalt P. , aus denen sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Angeklagten auf dessen Auskünfte ergeben soll, sind nicht näher mitgeteilt worden. Ob der Angeklagte sich vor Fristablauf oder etwa erst nach dem Revisionsverwerfungsbeschluss „mehrfach“ bei Rechtsanwalt P. „nach den einzuhaltenden Fristen und deren Beginn bzw. Ablauf erkundigt“ hat, ist dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen. Es ist im Übrigen auch – ungeachtet des Antrags des Generalbundesanwalts, den Wiedereinsetzungsantrag zu verwerfen – im nachgereichten Schriftsatz vom 17.05.2017 nicht erläutert worden. Dass der Angeklagte tatsächlich auf die unzutreffende Behauptung von Rechtsanwalt P. vertraut hat, die Frist zur Revisionsbe- gründung werde erst nach ordnungsgemäßer Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an ihn in Lauf gesetzt, hat der Angeklagte nicht behauptet. Er hat nur die Meinung geäußert, er habe darauf vertrauen dürfen. Das genügt nicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Juni 2017 – 2 StR 129/17
- vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.1968 – 1 StR 77/68, BGHSt 22, 221, 223[↩]