Das Gericht hat bei der Strafrahmenwahl (§ 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 2 BtMG bzw. § 29 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) strafmildernd in die Abwägung einzustellen, dass dem Angeklagten der Widerruf der in einem früheren Urteil gewährten Strafaussetzung zur Bewährung droht.

Die Erörterung eines solchen Gesamtstrafübels mit seinen Auswirkungen auf das künftige Leben des Angeklagten (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.09.2020 – 2 StR 281/20 Rn. 8; vom 21.10.2014 – 5 StR 478/14 Rn. 3; und vom 09.11.1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 314; Urteil vom 22.08.2012 – 2 StR 235/12 Rn. 21) war in dem hier vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall jedenfalls deswegen geboten (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), weil das Landgericht Deggendorf in seinem Berufungsurteil1 das Veräußern einer Kleinstmenge von 1, 4 Gramm Marihuana mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr geahndet hat.
Diesen hier bestimmenden Strafzumessungsgrund hat das Landgericht Deggendorf auch nicht bei Bemessung der Strafe für den Besitz von Betäubungsmitteln aus dem Grundstrafrahmen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG zugunsten des Angeklagten berücksichtigt.
Da das landgerichtliche Berufungsurteil bereits deswegen im Strafausspruch aufzuheben war, konnte es der Bundesgerichtshof hier offenlassen, ob es durch den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum bei der Strafzumessung noch gedeckt war, dass das Landgericht Deggendorf einen minder schweren Fall nach § 30 Abs. 2 BtMG trotz gewichtiger Strafmilderungsgesichtspunkte (hier: abgegebene Menge von höchstens 1 Gramm Marihuana, eine bereits in die Drogenszene verstrickte Jugendliche und weitgehendes Geständnis) abgelehnt hat.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. November 2020 – 1 StR 372/20
- LG Deggendorf, Urteil vom 15.06.2020 – 9 Js 5620/19 1 KLs[↩]