Ein ordnungsgemäßer Übernahmebeschluss muss schriftlich abgefasst werden.

Die Entscheidung des höheren Gerichts über die Übernahme gemäß § 225a StPO ergeht in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung [1].
Die Form des Übernahmebeschlusses, der den Eröffnungsbeschluss insoweit abändert, als er die Zuständigkeit des Gerichts abweichend von diesem regelt (§ 207 Abs. 1 StPO im Verhältnis zu § 225a Abs. 3 Satz 1 StPO), richtet sich nach den für den Eröffnungsbeschluss geltenden Bestimmungen (§ 225a Abs. 3 Satz 2 StPO). Ein ordnungsgemäßer Übernahmebeschluss muss als Grundlage für das Hauptverfahren und aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich abgefasst werden [2]; hingegen ist die Unterzeichnung eines solchen Beschlusses durch den oder die erlassenden Richter keine Wirksamkeitsvoraussetzung [3].
Eine Übernahmeentscheidung kann in einem Verbindungsbeschluss nur dann gesehen werden, wenn das Gericht seinen Willen zur Übernahme zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat [4].
Diesen Anforderungen genügt das aus der Akte ersichtliche Verfahren in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall [5] nicht:
Der Vermerk des Vorsitzenden stellt ? unbeschadet der äußeren Form und der fehlenden Unterschriften der beteiligten Richter ? keine hinreichend deutliche schriftliche Dokumentation des Willens der Strafkammer dar, das Verfahren zu übernehmen. Es handelt sich um eine bloße Absichtserklärung des Vorsitzenden, der sich nicht entnehmen lässt, dass das Verfahren nach entsprechender Prüfung von der Strafkammer auch tatsächlich übernommen worden ist.
Auch aus oder in Verbindung mit dem von allen drei mitwirkenden Richtern unterzeichneten Beschluss über die Verbindung der Verfahren ist der Wille der Strafkammer, das amtsgerichtliche Verfahren zu übernehmen, nicht zweifelsfrei ersichtlich. Denn in dem Verbindungbeschluss werden beide Verfahren jeweils nur mit dem landgerichtlichen Aktenzeichen sowie dem Klammerzusatz „Landgericht Münster“ bezeichnet. Es fehlt damit an Anhaltspunkten dafür, dass sich die Strafkammer der noch ausstehenden Übernahmeentscheidung bewusst war, weshalb auch dem Verbindungsbeschluss der Wille der Strafkammer zur Übernahme des amtsgerichtlichen Verfahrens nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden kann.
Die mangelnde sachliche Zuständigkeit führt – im Gegensatz zu anderen Prozesshindernissen – nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, sondern gemäß § 355 StPO zu einer Verweisung der Sache an das zuständige Gericht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Oktober 2020 – 4 StR 290/20
- vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2015 ? 4 StR 603/14, NStZ-RR 2015, 250, 251 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.2016 – 2 StR 514/15; vgl. zum Eröffnungsbeschluss BGH, Beschlüsse vom 03.04.2012 ? 2 StR 46/12, NStZ 2012, 583; vom 17.10.2013 ? 3 StR 167/13, NStZ 2014, 400, 401; vom 14.07.2016 – 2 StR 514/15[↩]
- vgl. zum Eröffnungsbeschluss BGH, Beschluss vom 17.10.2013 ? 3 StR 167/13, NStZ 2014, 400 f. mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.2020 ? 4 StR 270/20; vgl. zur Frage eines konkludenten Übernahmebeschlusses BGH, Beschluss vom 28.06.2011 ? 3 StR 164/11 mwN[↩]
- LG Münster, Urteil vom 19.02.2020 ? 260 Js 1051/19 8 KLs 41/19[↩]
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