Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist – wie hier nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – ein vertypter Milderungsgrund gegeben, muss zunächst geprüft werden, ob ein minder schwerer Fall vorliegt.

Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zuerst auf die allgemeinen Milderungsgründe abzustellen. Vermögen diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände für eine weitere Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung.
Ist dagegen nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, sind zusätzlich die den vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die Bewertung einzubeziehen.
Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den allein aufgrund des vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen1.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. April 2015 – 2 StR 39/15
- vgl. BGH, Urteil vom 28.02.2013 – 4 StR 430/12[↩]