Der mit dem Messer um sich stechende Täter

Höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen, insbesondere das Leben von Menschen, sind einer additiven Betrachtungsweise nur ausnahmsweise zugänglich.

Der mit dem Messer um sich stechende Täter

Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu vernichten, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen1.

Anderes kann aber dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene2. Dies ist etwa bei Messerstichen oder Schüssen innerhalb weniger Sekunden angenommen worden3.

So liegt es auch hier. Im vorliegenden Fall verletzte der Angeklagte seine Ehefrau und seine Tochter gemeinsam durch fortgesetzte, von ihm begonnenen und ohne Unterbrechung verlaufende Verletzungsakte. Die Verletzungshandlung zum Nachteil seiner Tochter resultierte aus deren Versuch, den Angeklagten davon abzuhalten, weiter auf ihre Mutter mit einem Messer einzustechen. Dass sie sich schützend vor ihre Mutter stellte, führte dazu, dass der Angeklagte seinen Angriff nunmehr zeitgleich und wechselweise gegen beide Nebenklägerinnen fortsetzte. Eine Aufspaltung dieses eng zusammengehörenden Geschehens wäre mit den genannten Grundsätzen nicht vereinbar. Die einzelnen Tatbeiträge gegen die Nebenklägerinnen ergänzen sich gegenseitig; sie sind untrennbar miteinander verbunden und kennzeichnen das der Tat eigentümliche Unrecht.

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Die bei Tatausführung getragene Kleidung - und deren Einziehung

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. November 2020 – 4 StR 341/20

  1. st. Rspr., etwa BGHSt 2, 246; 16, 397; BGH, NStZ 1996, 129, NStZ-RR 1998, 233 jew. m.w.N.[]
  2. vgl. BGH, NJW 1985, 1565; NStZ-RR 1998, 233[]
  3. vgl. BGH, NJW 2020, 1751 [LS]; NStZ 2019, 211; 2005, 262, 263; BeckRS 2011, 21576 Rn. 5; NStZ-RR 1998, 233[]

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