Eine Entschädigung für erlittene Untersuchungshaft ist nach § 2 Abs. 1 StrEG nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ein in Bezug auf die Untersuchungshaft grob fahrlässiges Verhalten der Angeklagten vorliegt, sondern nur soweit wie die Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme auch verursacht hat.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang durch eine rechtsfehlerhafte Sachbehandlung seitens der Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte unterbrochen sein kann1.
Eine derartige Unterbrechung tritt jedenfalls dann ein, wenn der Rechtsfehler zum Zeitpunkt der Anordnung oder Aufrechterhaltung der Maßnahme bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar war2.
So lag es in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall: Schon bei Haftbefehlserlass fehlte es an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages; zudem war es ausgeschlossen, einen solchen noch einzuholen. Beides hätte eine sorgfältige Prüfung zweifelsfrei ergeben. Das Landgericht hat indes bei der Beurteilung der Haftvoraussetzungen augenscheinlich übersehen, dass die Regelung des § 77 Abs. 2 StGB auf das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB nicht anwendbar ist, und sich dementsprechend mit einem originären Antragsrecht der Strafantragsteller erst gar nicht befasst. Weitere Tatvorwürfe gegen die Angeklagte waren weder angeklagt noch Gegenstand des Haftbefehls.
Auch ist die Entschädigung auf Grund der vorbenannten Erwägungen nicht nach der – gegenüber § 5 Abs. 2 StrEG nachrangigen3 – Ermessensvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG zu versagen, die inhaltlich der Kostenregelung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO nachgebildet ist4.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. April 2017 – 3 StR 453/16
- s. auch BGH, Urteil vom 14.02.1995 – 1 StR 765/94, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Ursächlichkeit 2; Beschluss vom 01.09.1998 – 4 StR 434/98, aaO[↩]
- zu diesem Prüfungsmaßstab s. KG, Beschluss vom 20.06.2011 – 4 Ws 48/11, NStZ-RR 2012, 30, 31; BeckOK StPO/Cornelius, § 5 StrEG Rn. 10 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.12 1979 – 3 StR 396/79, aaO S. 170 ff.[↩]
- s. hierzu Beschluss vom 21.12 2016 unter III. 1.[↩]