Gegenstand der Urteilsfindung ist nur die in der Anklage bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO.

Allerdings hat das Gericht die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne erschöpfend abzuurteilen; zur Tat in diesem Sinne gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt.
In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden [1].
Diese Umgestaltung der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass die Identität der von der Anklage umfassten Tat nicht mehr gewahrt ist, weil das ihr zugrunde liegende Geschehen durch ein anderes ersetzt wird [2].
So verhält es sich indes, wenn die Feststellungen des Gerichts hinsichtlich der Tatzeit, des Anlasses und der Umstände der Tatbegehung so erheblich vom Anklagevorwurf abweichen, dass mit ihnen eine andere als die angeklagte Tat beschrieben ist.Änderungen im Tatsächlichen, die nicht zu einer Auswechslung des durch Anklage und Eröffnungsbeschluss konkretisierten geschichtlichen Sachverhaltes durch einen neuen führen und die daher die Individualisierung des Sachverhalts als ein bestimmtes, von anderen unterscheidbares historisches Ereignis nicht betreffen, bewirken nicht, dass dieser in der Hauptverhandlung festgestellte Sachverhalt nicht mehr von der Anklage erfasst würde.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. März 2017 – 4 StR 516/16
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2014 – 4 StR 153/14, StraFo 2015, 68; Beschlüsse vom 27.11.2011 – 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169; vom 10.11.2008 – 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146, 147[↩]
- BGH, Urteil vom 30.10.2008 – 3 StR 375/08 8[↩]
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