Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht.

Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss das Beschwerdegericht in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den erhöhten Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind2, ausreichend Rechnung getragen werden kann.
Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Entscheidung einer umfassenden Darstellung und Würdigung unterziehen muss. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Tatgericht und ihre entsprechende Darlegung ist den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Juni 2019 – StB 13/19
- vgl. Beschlüsse vom 05.02.2015 StB 1/15, BGHR StPO § 304 Abs. 4 Haftbefehl 3 Rn. 5; vom 16.04.2013 StB 6/13; vom 22.10.2012 StB 12/12, NJW 2013, 247, 248; vom 19.12 2003 StB 21/03, StV 2004, 143; vom 02.09.2003 StB 11/03, NStZ-RR 2003, 368[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 17.01.2013 2 BvR 2098/12, StV 2013, 640, 642 f.[↩]
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