Bei einem auf spätere Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen ist für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge maßgeblich, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.

Für ein vollendetes Handeltreiben kann es ausreichen, dass Cannabissetzlinge mit dem Ziel einer späteren Ernte und des gewinnbringenden Weiterverkaufs angepflanzt werden, auch wenn es dazu letztlich nicht mehr kommt. Der Begriff des Handeltreibens ist umfassend dahin zu verstehen, dass er jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit umfasst, soweit es sich nicht lediglich um typische Vorbereitungen handelt, die weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen1. Demgemäß geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Aufzucht von Cannabispflanzen den Tatbestand des Handeltreibens erfüllen kann, wenn der Anbau – wie hier – auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt2.
Stellt bereits die Aufzucht ein Handeltreiben dar, kommt es konsequenterweise für die Beurteilung der Handelsmenge wie auch sonst nicht entscheidend darauf an, welchen Wirkstoffgehalt die angebauten Pflanzen konkret haben, sondern auf welchen geplanten Umsatz die Aufzucht gerichtet ist.
Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass bei einem auf spätere Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen bis in das Stadium, in dem sie eine nicht geringe Menge THC enthalten, ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommen kann3. Auch wenn die dort gewählten Formulierungen sich dahin verstehen lassen können, Voraussetzung einer solchen Strafbarkeit sei stets, dass die Pflanzen bereits eine nicht geringe Menge THC aufweisen, verhalten sich die Entscheidungen dazu nicht näher. Diese Frage war für die Entscheidungen unerheblich, da die Pflanzen dort jeweils einen den Grenzwert der nicht geringen Menge übersteigenden Wirkstoffgehalt enthielten.
Der Bundesgerichtshof folgt für die hier in Rede stehende Fallkonstellation seiner in einer früheren Entscheidung4 bereits angedeuteten Ansicht, dass für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge maßgeblich ist, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.
Für ein solches Ergebnis spricht die Definition des Handeltreibens, nach der es nicht auf ein tatsächlich erfolgreiches Umsatzgeschäft, sondern auf ein Verhalten ankommt, das auf ein solches gerichtet ist. Dementsprechend ist anerkannt, dass ein als bindend gewollter Abschluss eines Erwerbsgeschäfts ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unabhängig davon darstellt, ob das zu liefernde Rauschgift überhaupt bereitsteht oder vorhanden ist5. Ähnlich war nach den Feststellungen auch hier die bereits begonnene Pflanzenaufzucht darauf gerichtet, letztlich mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel zu treiben.
Durch die begonnene Aufzucht bestand zudem eine spezifische Gefährdungslage für das durch die §§ 29 ff. BtMG geschützte Rechtsgut6. Bei planmäßigem Verlauf wäre es – anders als in Fällen, in denen überhaupt noch keine Anpflanzung vorgenommen wurde7 – ohne besondere weitere Zwischenschritte zur Ernte und zum Verkauf von Cannabis in nicht geringer Menge gekommen. Hinge in der vorliegenden Fallkonstellation die Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge davon ab, dass der Wirkstoffgehalt in den Pflanzen tatsächlich den Grenzwert bereits übersteigt, würde die besondere Gefährdung, die sich schon durch den auf die Weiterveräußerung nicht geringer Mengen gerichteten Anbau ergibt, nicht in ihrem ganzen Umfang erfasst.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12
- BGH, Beschluss vom 26.10.2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 265 f.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 03.08.2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43 mwN; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 109; Körner/Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 98; MüKoStGB/Rahlf, 1. Aufl., § 29 BtMG Rn. 92[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 27.07.2005 – 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578, 579; Beschluss vom 12.01.2005 – 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4[↩]
- BGH, Beschluss vom 28.10.2008 – 3 StR 409/08, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 5[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.04.1999 – 3 StR 22/99, NJW 1999, 2683, 2684 mwN; Beschluss vom 21.04.2009 – 3 StR 107/09, StraFo 2009, 344[↩]
- vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 18.09.2006 – 2 BvR 2126/05, NJW 2007, 1193, 1194[↩]
- dazu etwa BGH, Urteil vom 15.03.2012 – 5 StR 559/11, NStZ 2012, 514 mit abl. Anm. Patzak[↩]