Für den Versuchsbeginn beim Diebstahl reicht regelmäßig ein Angriff auf einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus aus, wenn sich für den Fall von dessen Überwindung der Täter nach seinem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt [1].

Nach diesem Maßstab hatten die Angeklagten dadurch, dass sie jeweils das Bedienteil der Automaten aufhebelten bzw. hiermit begannen, um das Knallgasgemisch einleiten zu können, bereits zur Wegnahme des in den Automaten erwarteten Geldes angesetzt.
Bei ihrem tatplanmäßig mehraktigen Vorgehen wollten die Angeklagten unmittelbar anschließend an die gewaltsame Öffnung der gewahrsamsschützenden Gerätehülle das Gasgemisch in den Automaten einleiten, um durch die danach herbeizuführende Sprengstoffexplosion das Gerät vollständig zu zerstören und an das darin erwartete Geld zu gelangen. Sie wollten nach ihrem insoweit dichten Tatplan mit bereits zum Tatort geschafften Tatmitteln ihren Angriff auf das Behältnis im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem ersten Teilakt der Beschädigung der Gerätehülle fortsetzen und die Schutzvorrichtung endgültig beseitigen.
Der Umstand, dass es für einen Gewahrsamsbruch noch der Einleitung des Gasgemisches und dessen Zündung als weiterer wesentlicher Zwischenschritte bedurft hätte, steht der Annahme des unmittelbaren Ansetzens zur Verwirklichung des Diebstahlstatbestandes nicht entgegen. Denn diese dem Gewahrsamsbruch vorgelagerten und seine Verwirklichung erst ermöglichenden Teilakte des Gesamtgeschehens erscheinen nach dem Tatplan wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit und wegen des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs mit der eigentlichen Tathandlung als deren Bestandteil und bilden mit ihr eine natürliche Einheit. Einen nach dem ersten Angriff auf die Gehäuse der Automaten erst noch zu treffenden eigenständigen Entschluss oder eine sonstige zeitliche Zäsur sah der Tatplan der Angeklagten nicht vor.
Daneben sind die Angeklagten in den genannten Fällen sowohl der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB) als auch – tateinheitlich hierzu – der Verabredung der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2 StGB) schuldig. Der Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen im Sinne von § 30 Abs. 2 StGB steht hier mit einer unter Strafe gestellten Vorbereitung dieses Verbrechens in Tateinheit, da die sich aus § 30 Abs. 1 StGB ergebende Strafandrohung diejenige für die Vorbereitungshandlung übersteigt und die Delikte einen unterschiedlich gelagerten Unrechtsgehalt aufweisen [2].
Es besteht für den Bundesgerichtshof auch kein durchgreifendes Bedenken gegen die Wertung, dass hinsichtlich des Verbrechens gemäß § 308 Abs. 1 StGB die Tatausführung das Versuchsstadium noch nicht erreicht hat, obgleich die Angeklagten in Bezug auf den Gewahrsamsbruch beim Diebstahl mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB) schon unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt haben [3]. Denn der Versuchsbeginn bestimmt sich stets tatbestandsbezogen [4]. Ob der Täter schon zu der Rechtsverletzung angesetzt hat, die für den in Betracht kommenden Straftatbestand maßgeblich ist, hängt dabei von seiner Vorstellung über das unmittelbare Einmünden seiner Handlungen in die Erfolgsverwirklichung ab. Deshalb können bei tateinheitlich begangenen Delikten die Zeitpunkte eines Versuchsbeginns auseinanderfallen. Insofern hat das Landgericht nach den hierzu getroffenen Feststellungen vertretbar angenommen, dass die Angeklagten mit den von ihnen zur Vorbereitung einer Sprengung der Automaten unternommenen Schritten die Schwelle zum Versuch des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion noch nicht überschritten haben [5].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 5 StR 635/19
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2020 – 5 StR 15/20 mwN unter Aufgabe früherer abweichender Rechtsauffassung; siehe auch BGH, Beschluss vom 14.01.2020 – 4 StR 397/19[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 08.12.2015 – 3 StR 438/15, BGHSt 61, 84, 91 f. mwN[↩]
- vgl. auch BGH, Beschluss vom 08.12.2015 – 3 StR 438/15, aaO, S. 85[↩]
- st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 16.01.1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296; vom 13.01.2010 – 2 StR 439/09, NJW 2010, 623 mwN; Beschlüsse vom 12.01.2011 – 1 StR 540/10, NStZ 2011, 400, 401; vom 07.08.2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207 f. mit Anm. Kudlich JA 2015, 152 mwN; vom 28.04.2020 – 5 StR 15/20[↩]
- vgl. zum Versuchsbeginn bei § 308 StGB, BGH, Urteil vom 06.12.2007 – 3 StR 325/07, BGHR StGB § 22 Ansetzen 35[↩]
Bildnachweis:
- Geldautomat,: Pixabay