Der Verteidiger, der nicht nur eine Terminsnachricht zugestellt bekommen hat, sondern auch als einziger Verteidiger des nicht auf freiem Fuß befindlichen (vgl. dazu § 350 Abs. 3 StPO) Angeklagten in der Revisionshauptverhandlung aufgetreten ist, ist als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Seine Beiordnung war auch rechtlich geboten1; denn der Bundesgerichtshof hätte die Revisionshauptverhandlung ohne Anwesenheit eines Verteidigers nicht durchgeführt.
Anlass für die mündliche Verhandlung war die Schwierigkeit der Rechtslage im Bereich der Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen, dabei insbesondere die Auslegung des Merkmals „pflichtwidrig“ in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und die Frage der Zurechnung fremder Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Mittäterschaft. Für die Erörterung dieser Rechtsfragen bedurfte der Angeklagte eines Verteidigers in der Hauptverhandlung.
Nachdem ein weiterer vom Termin benachrichtigter Verteidiger des Angeklagten zum Termin nicht erschienen war, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bestellung von Dr. N. zum Verteidiger für die Revisionshauptverhand- lung vor (vgl. § 140 Abs. 2 StPO).
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. November 2014 – 1 StR 586/12
- vgl. dazu BGH, Verfügungen des Vorsitzenden vom 20.07.2009 – 1 StR 344/08, StV 2011, 645; und vom 19.12 1996 – 1 StR 76/96, NStZ 1997, 299[↩]