Die Mittagspause in der Vergütung des Pflichtverteidigers

Bei der Ermittlung der für die Gewährung einer Zusatzgebühr nach Nr. 4122 VV RVG (Längenzuschlag) maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer ist die Zeit der Mittagspause vollständig in Abzug zu bringen1.

Die Mittagspause in der Vergütung des Pflichtverteidigers

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat dies – in anderem Zusammenhang (Pauschvergütung gem. § 51 RVG) – bereits früher so entschieden2 und hat sich dabei im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung insbesondere an den Entscheidungen der anderen niedersächsischen Oberlandesgerichten orientiert3.

Es besteht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung, die auch außerhalb Niedersachsens von dem wohl noch immer überwiegenden Teil der Oberlandesgerichte vertreten wird4, aufzugeben. Die hiergegen vorgebrachten Argumente insbesondere des Oberlandesgerichts Karlsruhe5, überzeugen das Oberlandesgericht Braunschweig letztlich nicht.

Der Ansicht des OLG Karlsruhe ist allerdings zuzugestehen, dass bei der Anwendung der Vergütungsregeln eine einfach zu handhabende, pauschalisierende Regelung nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich anzustreben und deswegen eine am Einzelfall orientierte Prüfung weitgehend zu vermeiden ist, weil die zusätzlichen Vergütungstatbestände „Pauschgebührencharakter“ haben, und richtig ist auch, dass andere, während einer Hauptverhandlung ebenfalls regelmäßig vorkommende kurze Unterbrechungspausen oder ein verspäteter Beginn der Hauptverhandlung bei der Berechnung des Längenzuschlags nicht abzusetzen sind6. Das aber führt keineswegs zwingend dazu, die Zeit der Mittagspause ebenso zu behandeln. Denn es entspricht regelmäßig der Fürsorgepflicht des Gerichts, den Verfahrensbeteiligten zwecks Aufrechterhaltung ihrer Konzentrations- und Verhandlungsfähigkeit die Einnahme einer Mahlzeit zu ermöglichen und ihnen dazu eine Mittagspause einzuräumen. Auf diese allgemeine und nicht nur bei Hauptverhandlungen in Strafsachen, sondern bei jedweder Veranstaltung und gleichermaßen im beruflichen wie im privaten Alltag angewandten Übung haben sich regelmäßig alle Verfahrensbeteiligte eingestellt und erwarten sie auch, wenn absehbar ist, dass die Hauptverhandlung über die Mittagszeit andauert7. Deshalb sind Mittagspausen, anders als sonstige, verhandlungsbedingte Unterbrechungen, gerade auch für die beteiligten Rechtsanwälte regelmäßig vorhersehbar und planbar, so dass es jedem Rechtsanwalt deshalb freisteht, entweder ebenfalls ein Mittagessen einzunehmen oder aber darauf zu verzichten und sich ggf. – gerade im Hinblick auf die modernen Kommunikationsmittel – mit anderen Sachen zu befassen. Daraus wird aber klar, dass die Zeit der Mittagspause regelmäßig zur freien Verfügung steht und daher eine Hauptverhandlung in dieser Zeit nicht stattfindet. Das aber wäre gerade die Voraussetzung für die Einrechnung in die für den Längenzuschlag maßgebliche Verhandlungszeit.

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Das Oberlandesgericht Braunschweig hält daher – wie übrigens auch das Oberlandesgericht Celle8 – weiter daran fest, dass die Zeit der Mittagspause bei der Berechnung des Längenzuschlags nicht zu berücksichtigen ist.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 28. April 2014 – 1 Ws 132/14

  1. Anschluss an OLG Celle, Beschluss vom 12.03.2014, 1 Ws 84/14, Nds. RPfl.2014, 217[]
  2. OLG Braunschweig, Beschluss vom 15.11.2011 – 1 ARs 54/11[]
  3. OLG Celle, Beschluss vom 10.07.2007 – 2 Ws 124/07, Nds. Rpfl.2007, 385; OLG Oldenburg, Beschluss vom 12.06.2007 – 1 Ws 310/07, AGS 2008, 177[]
  4. OLG Bamberg AGS 2006, S. 124; OLG Koblenz NJW 2006, S. 1149; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2006, S.191; OLG München StRR 2009, S.199; OLG Nürnberg, StRR 2008, S.200; OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2006, S. 392[]
  5. OLG Karlsruhe Beschluss vom 10.10.2013 – 1 Ws 166/12[]
  6. vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze 41. Aufl., Rdnr. 2 zu Nr. 4110, 4111 VV-RVG[]
  7. vgl. OLG Oldenburg a.a.O[]
  8. OLG Celle, Beschluss vom 12.03.2014 – 1 Ws 84/14[]