Beauftragt das Landejustizministerium gem. §§ 145 Abs. 1, 147 Nr. 2 GVG eine in einem anderen Oberlandesgerichtsbezirk als der Tatortstaatsanwaltschaft liegende Staatsanwaltschaft mit der Wahrnehmung der staatsanwaltschaftlichen Aufgaben, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts im Klageerzwingungsverfahren allein nach dem Sitz der beauftragten Staatsanwaltschaft, auch wenn im Bezirk dieses Oberlandesgerichts kein Gerichtsstand begründet ist.

Örtlich zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, die den Einstellungsbescheid erlassen hat. Eine Entscheidung in der Sache kann das Oberlandesgericht aber nur dann treffen, wenn im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine Staatsanwaltschaft, die zu seinem Bezirk gehört, zur Anklageerhebung zuständig wäre1. Auch dies ist hier der Fall. Durch Verfügung des Justizministeriums Baden-Württemberg wurde die Zuständigkeit für die „Wahrnehmung der Amtsverrichtungen zur Prüfung eines Anfangsverdachts … und gegebenenfalls zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens“, das erst mit Einstellung des Verfahrens oder mit Anklageerhebung endet (§ 170 StPO), von der Staatsanwaltschaft Stuttgart auf die zum Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe gehörende Staatsanwaltschaft Heidelberg übertragen.
Die hier angegriffene Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Heidelberg ist nicht so zu behandeln, als sei sie von der Staatsanwaltschaft Stuttgart erlassen. Zwar ist für den Fall, dass durch Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft oder des Landesjustizministeriums nach §§ 145 Abs. 1, 147 Nr. 2 GVG mit der Wahrnehmung der Amtsverrichtungen ein einzelner Staatsanwalt einer anderen als der eigentlich örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft beauftragt wird, dieser als der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft zugehörig anzusehen2. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem die eigentlich zuständige Behörde wegen der gegen einen eigenen Mitarbeiter eingeleiteten Ermittlungen zu eng mit dem Verfahren verwoben ist, würde aber die Beauftragung eines einzelnen behördenfremden Staatsanwalts nicht viel nützen, weil er aufgrund seiner im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgabe bestehenden Zugehörigkeit zu der eigentlich zuständigen Behörde nach § 146 GVG dem Weisungsrecht des Behördenleiters der „befangenen“ Staatsanwaltschaft unterliegen würde3. Ersichtlich aus diesem Grund wurde deshalb hier nicht ein einzelner behördenfremder Staatsanwalt beauftragt, sondern die Staatsanwaltschaft Heidelberg insgesamt mit der Wahrnehmung der staatsanwaltschaftlichen Aufgaben betraut. Damit ist die Staatsanwaltschaft Heidelberg bis zum Abschluss des von der Übertragung umfassten Verfahrensabschnitts uneingeschränkt als zuständige Staatsanwaltschaft anzusehen4.
Dies genügt zur Begründung der Zuständigkeit und der Sachentscheidungsbefugnis des Oberlandesgerichts Karlsruhe5. Jedenfalls im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, ob im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe ein Gerichtsstand begründet ist. Das Oberlandesgericht hat selbst im Fall des Erfolgs des Klageerzwingungsantrags nach § 175 StPO lediglich die Anklageerhebung anzuordnen, der Staatsanwaltschaft aber nicht vorzugeben, vor welchem Gericht Anklage zu erheben ist6. Es kann daher offen bleiben, ob das Oberlandesgericht Karlsruhe befugt wäre, eine Anklageerhebung im Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts anzuordnen. Denn die Notwendigkeit einer solchen Anweisung besteht auch bei einem begründeten Klageerzwingungsantrag nicht.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 2 Ws 69/15
- LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rn. 176; KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rn. 56[↩]
- BGH NStZ 1995, 204; KK-Mayer, StPO, 7. Aufl., § 143 GVG Rn. 3[↩]
- BGH NStZ 1998, 309[↩]
- vgl. BGH NStZ 1998, 309[↩]
- vgl. LR-Graalmann-Scheerer a.a.O.; KK-Moldenhauer a.a.O.[↩]
- vgl. LR-Graalmann-Scheerer a.a.O. § 175 Rn. 11; KK-Moldenhauer a.a.O. § 175 Rn. 6[↩]