Die Teilnahme an einem nicht veranstalteten Autorennen

Wann liegt eine bußgeldbewehrte Veranstaltung eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens im Sinne des § 29 StVO vor? Mit dieser Frage hatte sich jetzt das Oberlandesgericht Karlsruhe zu beschäftigen:

Die Teilnahme an einem nicht veranstalteten Autorennen

Der Betroffene traf sich am 22. November 2009 gegen 0.00 Uhr mit zahlreichen weiteren Personen in insgesamt 43 Fahrzeugen auf einer Teilstrecke des ehemaligen Rings in Hockenheim, die mittlerweile zum öffentlichen Verkehrsraum gehört, um dort ein illegales Autorennen durchzuführen. Die Teilnehmer hatten sich zuvor auf einem Parkplatz getroffen und waren von dort in mehreren Pulks angereist. Vor Ort wies der Betroffene die Teilnehmer per Lichthupe und Handzeichen auf ihre Positionen entlang der Rennstrecke ein und beleuchtete mit den Scheinwerfern seines Pkw die Ziellinie. Gegen 1.30 Uhr fuhren die Teilnehmer G. und F. mit ihren Fahrzeugen gegeneinander ein Rennen, worauf das Geschehen observierende Polizeibeamte einschritten und das Unternehmen unterbanden.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah in diesem Sachverhalt den Tatbestand der Veranstaltung eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens als nicht gegeben an:

Zwar lag im vorliegenden Fall ein Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO vor. Hierbei handelte es sich jedoch nicht zugleich um eine Veranstaltung.

Eine Veranstaltung setzt denknotwendig das Vorhandensein eines oder mehrerer Veranstalter voraus, was im vorliegenden Fall jedoch nicht festzustellen war.

Veranstalter ist nur derjenige, der die Veranstaltung vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt, der geistige und praktische Urheber, der Planer und Veranlasser1. Tätigkeiten ausschließlich im Stadium der Durchführung können jedenfalls nicht genügen. Dass ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 29 Abs. 2 StVO, nicht nur die Kraftfahrzeugführer zu belangen, sondern schon die Veranlassung solcher Rennen im Ansatz zu verhindern, indem die hierfür Verantwortlichen schon im Vorfeld eines Rennens an der Durchführung desselben gehindert werden sollen, was der Anwendung auf so genannte „wilde“ oder spontan vereinbarte Rennen entgegensteht. In Übereinstimmung damit kann nur eine behördliche Erlaubnis die Ahndung als Ordnungswidrigkeit ausschließen, deren Beantragung durch den Veranstalter und Erteilung jedoch nur im Stadium der Vorbereitung einer Veranstaltung erfolgen kann.

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Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Veranstaltereigenschaft des Betr. ausscheidet, weil er ausschließlich Handlungen im Durchführungsstadium erbracht hat2. Art und Gewicht der Handlungen des Betroffenen erlauben nicht den Schluss, dass er auch Handlungen im Vorbereitungsstadium vorgenommen hat.

Der festgestellte Sachverhalt belegt auch nicht das Vorhandensein anderer (nicht notwendig namentlich bekannter) Veranstalter, deren Vorbereitungs- und Planungshandlungen aufgrund eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit dem Betroffenen diesem nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zugerechnet werden könnten oder an denen er sich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG beteiligt haben könnte. Es ist keineswegs fern liegend, dass Kraftfahrzeugrennen der festgestellten Art im örtlichen Umfeld des Rings in Hockenheim aufgrund eines bereits vorhandenen Interessentenkreises oder gar einer entsprechenden „Szene“ ohne die Notwendigkeit relevanter Vorbereitungen kurzfristig und nach spontaner Absprache oder gar in gewisser Regelmäßigkeit stattfinden, so dass eine Person, die als Koordinator das Unternehmen ins Werk setzt, nicht erforderlich ist.

Ganz ohne Bußgeld kam der Betroffene aber trotzdem nicht davon: Denn der Sachverhalt rechtfertigt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe einen Schuldspruch wegen vorsätzlicher Beteiligung an der Teilnahme an einem Kraftfahrzeugrennen als Führer eines Kraftfahrzeugs. G. und F. haben als Führer ihrer Kraftfahrzeuge vorsätzlich ein Kraftfahrzeugrennen durchgeführt und damit gegen § 29 Abs. 1 StVO verstoßen. Der Betroffene hat sich hieran im Sinne des § 14 OWiG vorsätzlich beteiligt, indem er die Ziellinie mit den Scheinwerfern seines Fahrzeugs markiert und damit dieses Rennen gefördert hat.

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Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 24. November 2010 – 3 (4) SsBs 559/10 AK 203/10

  1. OLG Stuttgart, NStZ 1981, 186 zum Bad.-Württ. Sammlungsgesetz; ähnlich zum Versammlungsrecht: OLG Düsseldorf, NJW 1978, 118; und zum Urheberrecht: OLG Hamburg, GRUR 2001, 832; KG Berlin, GRUR 1959, 150[]
  2. OLG Düsseldorf, VRS 56, 365 für den bei einer Zuverlässigkeitsfahrt die Zielkontrolle Durchführenden[]