Die vorzeitige Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis

Nach § 69a Abs. 7 StGB kann das Amtsgericht die Sperrfrist vorzeitig aufheben, wenn sich Grund zu der Annahme ergibt, dass der Verurteilte nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, und die Sperre mindestens drei Monate bzw. im Fall des §§ 69 Abs. 3 StGB ein Jahr gedauert hat.

Die vorzeitige Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis

Dazu bedarf es keiner zweifelsfreien Feststellung, dass die Ungeeignetheit entfallen ist. Vielmehr genügt eine auf neue Tatsachen gestützte hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich der Verurteilte im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen wird1.

Die Beurteilung, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, darf nicht schematisch erfolgen. Vielmehr sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Da es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden mit einer Sperrfrist für die Wiedererteilung nicht um eine Strafe, sondern um eine Maßnahme der Sicherung und Besserung handelt, können allein täterbezogene Umstände in die Gefährlichkeitsprognose eingestellt werden2. Deshalb verbieten sich – wie auch schon bei der Bemessung der Sperrfrist – jegliche allgemeine strafpolitische Erwägungen oder gar Verweise auf eine Gleichbehandlung zwischen Straftätern, insbesondere auch die Gründung der Entscheidung auf verwaltungsinterne Richtlinien, wie sie die Staatsanwaltschaft für Ersttäter mit einer Alkoholisierung von unter 2 Promille hat3. Dem Erfordernis der Einzelfallbeurteilung widerspricht es allerdings nicht, wenn aus der erfolgreichen Teilnahme an standardisierten Kursen für Täter alkoholbedingter Verkehrsstraftaten, im Allgemeinen geschlossen wird, dass durch die Kursteilnahme eine nachhaltige Verbesserung des Täters im Umgang mit Alkohol im Straßenverkehr eingetreten ist. Eine erfolgreiche Kursteilnahme ist aber nur ein Indiz für den Fortfall des Eignungsmangels, weshalb insbesondere bei einer hohen Blutalkoholkonzentration bei der Tat noch weitere Umstände hinzutreten müssen4.

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Die Dauer der angeordneten Sperrfrist ist für die Beurteilung, ob der Verurteilte nunmehr wieder geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ist, kein taugliches Kriterium. Die Bemessung der Sperrfrist beruht auf einer Prognoseentscheidung. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht sicher gesagt werden kann, ob mit Ablauf der Sperrfrist die Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder gegeben sein wird, oder ob sie nicht vielleicht auch schon früher wieder vorliegt. Das Gesetz trägt dem mit der eingeräumten Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung der Sperre nach § 69a Abs. 7 StGB Rechnung. § 69a Abs. 7 StGB ermöglicht sogar die Aufhebung einer lebenslang angeordneten Sperre5. Deshalb ist es mit § 69a Abs. 7 StGB nicht zu vereinbaren, die Sperrfrist – ausgehend vom Zeitpunkt ihres Ablaufs – um eine bestimmte Zeit zu verkürzen, wie es die Richtlinien der Staatsanwaltschaft offenbar vorsehen.

Stellt das Amtsgericht schließlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Täter nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, hat es kein Ermessen, ob es die Sperre vorzeitig aufhebt. Das Wort „kann“ bringt lediglich die Möglichkeit zum Ausdruck, eine bereits rechtskräftig gewordene Entscheidung nachträglich zu ändern6.

Im vorliegenden Fall genügte dem Amtsgericht Kehl, dass der Angeklagte (Ersttäter, Alkoholisierung bei der Tat von 1, 21 Promille) erfolgreich an einem besonderen Aufbauseminar nach dem Modell „DEKRA-Mobil“ teilgenommen hat und der Veranstalter ihm bescheinigt hat, dass er einen deutlichen Informations- und Erkenntniszuwachs erfahren und seine Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung und Selbstkritik verbessert sowie selbstverantwortlich die eigenen Verhaltensweisen im Straßenverkehr reflektiert und persönliche Strategien zu Rückfallvermeidung gearbeitet hat. Da es sich bei dem Modell „DEKRA-Mobil“ um einen anerkannten standardisierten Kurs für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer handelt, hat das Amtsgericht keine Zweifel daran, dass die bescheinigten positiven Entwicklungen beim Verurteilten tatsächlich gegeben sind, und hob nach fünf Monaten die Wiedererteilungssperre auf.

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Amtsgericht Kehl, Beschluss vom 21. März 2014 – 2 Cs 206 Js 15342/13

  1. Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2007, § 69a, Rn. 82[]
  2. vgl. allgemein dazu Schönke-Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage 2010, Vorbemerkungen zu den §§ 61 ff.[]
  3. vgl. zu den allgemeinen Grundsätzen der Bemessung der Sperrfrist Fischer, Strafgesetzbuch, 60. Auflage, § 69a Rn. 15[]
  4. vgl. Schönke-Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage 2010, § 69a, Rn.20 mit weiteren Nachweisen[]
  5. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2002, 54[]
  6. Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2007, § 69a, Rn. 81; a.A. offenbar ohne weitere Begründung LG Hildesheim DAR 2004, 110[]