Einheitliches Handeltreiben – und die Klammerwirkung

Wenn es sich bei mehreren BTM-Abgaben einerseits um eine gewerbsmäßige unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG und andererseits um ein (im Fall der Abgabe an Minderjährige im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurücktretendes) unerlaubtes Handeltreiben gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG handelt, hat ein etwa die oder jedenfalls einige Abgabehandlungen durchlaufendes, nach den Grundsätzen des Großen Bundesgerichtshofs des Bundesgerichtshofs1 einheitliches Handeltreiben nicht die Kraft, im Wege der sog. Klammerwirkung Tateinheit zwischen den einzelnen strafbaren Abgabehandlungen zu begründen,

Einheitliches Handeltreiben – und die Klammerwirkung

Denn dies setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zwischen dem verbindenden und zumindest einem der beiden jeweils verbundenen Delikte annähernde Wertgleichheit besteht2. Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstraktgeneralisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist3.

Gegen eine annähernde Wertgleichheit spricht hier indes zum einen, dass es sich bei dem Straftatbestand der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG um ein Verbrechen, bei § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG hingegen um ein Vergehen handelt.

Zwar hat das Landgericht im hier entschiedenen Fall bei der Strafzumessung jeweils minder schwere Fälle gemäß § 30 Abs. 2 BtMG mit einem Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe angenommen. Es hat jedoch in der Strafzumessung zugleich mitgeteilt, dass es auch die Regelwirkung des infolge der Gewerbsmäßigkeit erfüllten Regelbeispiels in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG für widerlegt erachtet. Jedenfalls damit verbleibt es bei der durch die Hochstufung zum Verbrechen zum Ausdruck gebrachten schwereren Bewertung der (gewerbsmäßigen) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gegenüber dem „einfachen“ Handeltreiben nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.

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Wiederaufnahme auf Grund neuer Tatsachen - und ein mögliches Beweisverwertungsverbot

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 4 StR 613/19

  1. BGH, Beschluss vom 10.07.2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1[]
  2. BGH, Beschluss vom 26.03.1982 – 2 StR 700/81, BGHSt 31, 29; Fischer, StGB, 67. Aufl., Vor § 52 Rn. 30 mwN[]
  3. vgl. BGH, Urteile vom 18.07.1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.; vom 13.12 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147; Beschlüsse vom 22.05.2014 – 4 StR 223/13; vom 19.04.2011 ? 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 02.12 2008 – 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693[]